Ein ansehnlich großer, schöner Apfel, von einem kegelförmigen Ansehen, ob er schon nur gewöhnlich 2 Zoll 3 Linien hoch und 3 Zoll breit ist, öfters aber auch nach Verhältniß größer. Die größte Dicke hat er in der Mitte, von da er sich nach der Blume zu etwas länglicher und conischer zuwölbet, als gegen den Stiel. Die Blume ist tief in Beulen und Rippen eingezwängt, und steigen öfters hohe Rippen vom Umfang der Frucht, wie ein Schwanenhals, in die Blumenhöhle, und rei- chen bis zur Stielhöhle. Diese ist sehr tief und geräu- mig, und der Stiel stehet meist gleich, oder ist oft kürzer, dick und fleischig, und hat nicht selten einen Fleischanwuchs. -- Die Schale ist Anfangs stroh- gelb, und wird im Liegen schön hochgelb, darin sich, -- zumal bey besonnten Früchten, -- ein sanfter rother Anflug auf der Sonnenseite, und hier und da rothe kurze Streifchen und Spritzer ungemein schön ausneh- men. Statt der Puncte siehet man an manchen Früch- ten schwärzliche Rostflecken. -- Der Apfel verbreitet einen sehr starken Geruch um sich. Sein Fleisch ist gelblichweiß, locker, aber nicht allzu zart, sondern etwas stark körnicht, den einzigen Fehler, den die sonst edle Sorte hat; übrigens aber ist die Frucht saftvoll, von einem erhabenen, süßweinigten Geschmack mit einem angenehmen Melonenparfüm. Das Kernhaus ist
*) Er hat seinen Namen vom Schloß Grafenstein, im Schleswigischen, dahin er aus Italien gekommen seyn soll.
B. Herbſt-Calvillen. Taf. 2.
11. Der Gräfenſteiner. *)
Ein anſehnlich großer, ſchöner Apfel, von einem kegelförmigen Anſehen, ob er ſchon nur gewöhnlich 2 Zoll 3 Linien hoch und 3 Zoll breit iſt, öfters aber auch nach Verhältniß größer. Die größte Dicke hat er in der Mitte, von da er ſich nach der Blume zu etwas länglicher und coniſcher zuwölbet, als gegen den Stiel. Die Blume iſt tief in Beulen und Rippen eingezwängt, und ſteigen öfters hohe Rippen vom Umfang der Frucht, wie ein Schwanenhals, in die Blumenhöhle, und rei- chen bis zur Stielhöhle. Dieſe iſt ſehr tief und geräu- mig, und der Stiel ſtehet meiſt gleich, oder iſt oft kürzer, dick und fleiſchig, und hat nicht ſelten einen Fleiſchanwuchs. — Die Schale iſt Anfangs ſtroh- gelb, und wird im Liegen ſchön hochgelb, darin ſich, — zumal bey beſonnten Früchten, — ein ſanfter rother Anflug auf der Sonnenſeite, und hier und da rothe kurze Streifchen und Spritzer ungemein ſchön ausneh- men. Statt der Puncte ſiehet man an manchen Früch- ten ſchwärzliche Roſtflecken. — Der Apfel verbreitet einen ſehr ſtarken Geruch um ſich. Sein Fleiſch iſt gelblichweiß, locker, aber nicht allzu zart, ſondern etwas ſtark körnicht, den einzigen Fehler, den die ſonſt edle Sorte hat; übrigens aber iſt die Frucht ſaftvoll, von einem erhabenen, ſüßweinigten Geſchmack mit einem angenehmen Melonenparfüm. Das Kernhaus iſt
*) Er hat ſeinen Namen vom Schloß Grafenſtein, im Schleswigiſchen, dahin er aus Italien gekommen ſeyn ſoll.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0069"n="21"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">B</hi>. <hirendition="#g">Herbſt</hi>-<hirendition="#g">Calvillen</hi>. Taf. 2.</fw><lb/><divn="5"><head>11. <hirendition="#g">Der Gräfenſteiner</hi>.</head><noteplace="foot"n="*)">Er hat ſeinen Namen vom Schloß <hirendition="#g">Grafenſtein</hi>, im<lb/><hirendition="#g">Schleswigiſchen</hi>, dahin er aus <hirendition="#g">Italien</hi> gekommen<lb/>ſeyn ſoll.</note><lb/><p>Ein anſehnlich großer, ſchöner Apfel, von einem<lb/>
kegelförmigen Anſehen, ob er ſchon nur gewöhnlich<lb/>
2 Zoll 3 Linien hoch und 3 Zoll breit iſt, öfters aber<lb/>
auch nach Verhältniß größer. Die größte Dicke hat er<lb/>
in der Mitte, von da er ſich nach der Blume zu etwas<lb/>
länglicher und coniſcher zuwölbet, als gegen den Stiel.<lb/>
Die <hirendition="#g">Blume</hi> iſt tief in Beulen und Rippen eingezwängt,<lb/>
und ſteigen öfters hohe Rippen vom Umfang der Frucht,<lb/>
wie ein Schwanenhals, in die Blumenhöhle, und rei-<lb/>
chen bis zur Stielhöhle. Dieſe iſt ſehr tief und geräu-<lb/>
mig, und der <hirendition="#g">Stiel</hi>ſtehet meiſt gleich, oder iſt oft<lb/>
kürzer, dick und fleiſchig, und hat nicht ſelten einen<lb/>
Fleiſchanwuchs. — Die <hirendition="#g">Schale</hi> iſt Anfangs ſtroh-<lb/>
gelb, und wird im Liegen ſchön hochgelb, darin ſich, —<lb/>
zumal bey beſonnten Früchten, — ein ſanfter rother<lb/>
Anflug auf der Sonnenſeite, und hier und da rothe<lb/>
kurze Streifchen und Spritzer ungemein ſchön ausneh-<lb/>
men. Statt der Puncte ſiehet man an manchen Früch-<lb/>
ten ſchwärzliche Roſtflecken. — Der Apfel verbreitet<lb/>
einen ſehr ſtarken <hirendition="#g">Geruch</hi> um ſich. Sein <hirendition="#g">Fleiſch</hi><lb/>
iſt gelblichweiß, locker, aber nicht allzu zart, ſondern<lb/>
etwas ſtark körnicht, den einzigen Fehler, den die ſonſt<lb/>
edle Sorte hat; übrigens aber iſt die Frucht ſaftvoll,<lb/>
von einem erhabenen, ſüßweinigten Geſchmack mit einem<lb/>
angenehmen Melonenparfüm. Das <hirendition="#g">Kernhaus</hi> iſt<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[21/0069]
B. Herbſt-Calvillen. Taf. 2.
11. Der Gräfenſteiner. *)
Ein anſehnlich großer, ſchöner Apfel, von einem
kegelförmigen Anſehen, ob er ſchon nur gewöhnlich
2 Zoll 3 Linien hoch und 3 Zoll breit iſt, öfters aber
auch nach Verhältniß größer. Die größte Dicke hat er
in der Mitte, von da er ſich nach der Blume zu etwas
länglicher und coniſcher zuwölbet, als gegen den Stiel.
Die Blume iſt tief in Beulen und Rippen eingezwängt,
und ſteigen öfters hohe Rippen vom Umfang der Frucht,
wie ein Schwanenhals, in die Blumenhöhle, und rei-
chen bis zur Stielhöhle. Dieſe iſt ſehr tief und geräu-
mig, und der Stiel ſtehet meiſt gleich, oder iſt oft
kürzer, dick und fleiſchig, und hat nicht ſelten einen
Fleiſchanwuchs. — Die Schale iſt Anfangs ſtroh-
gelb, und wird im Liegen ſchön hochgelb, darin ſich, —
zumal bey beſonnten Früchten, — ein ſanfter rother
Anflug auf der Sonnenſeite, und hier und da rothe
kurze Streifchen und Spritzer ungemein ſchön ausneh-
men. Statt der Puncte ſiehet man an manchen Früch-
ten ſchwärzliche Roſtflecken. — Der Apfel verbreitet
einen ſehr ſtarken Geruch um ſich. Sein Fleiſch
iſt gelblichweiß, locker, aber nicht allzu zart, ſondern
etwas ſtark körnicht, den einzigen Fehler, den die ſonſt
edle Sorte hat; übrigens aber iſt die Frucht ſaftvoll,
von einem erhabenen, ſüßweinigten Geſchmack mit einem
angenehmen Melonenparfüm. Das Kernhaus iſt
*) Er hat ſeinen Namen vom Schloß Grafenſtein, im
Schleswigiſchen, dahin er aus Italien gekommen
ſeyn ſoll.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Christ, Johann Ludwig: Vollständige Pomologie. Bd. 1. Das Kernobst. Berlin, 1809, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/christ_pomologie01_1809/69>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.