Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

von den Begebenheiten der Cörper.
kan; welche Sätze man sonsten ohne dem gering-
sten Bedencken unter die philosophischen allgemei-
nen Wahrheiten würde gerechnet haben, und die
dennoch falsch sind. Ob es möglich sey, aus der
blossen Erfahrung würcklich allgemeine Wahrhei-
ten herauszubringen, betrifft bloß die Erweite-
rung der Physick, nicht aber der Geschichtskun
de, und kan also von uns übergangen werden.
Hingegen ist uns an dem eigentlichen Begriffe der
Erfahrung allerdings gelegen.

§. 43.
Eintheilung eines Hauffens.

Weil ein Hauffen aus solchen indiuiduis be-
stehet, die dennoch ihre verschiedene Qualitäten
haben können, so ist eine besondere Art der histo-
rischen Erkentniß, daß man an einem Hauffen be-
merckt, wie viel er indiuidua von dieser oder je-
ner Gattung in sich halte: als bey dem grossen
Hauffen der Sterne, wie viel von der ersten,
zweyten, dritten
Grösse sind, u. s. w. Bey
einem Busche, der nicht groß ist, kan man durch
zehlen erfahren, wie viel Eichen, Buchen, Bir-
cken, Fichten u. s. w. vorhanden sind.

§. 44.
Unterschied der Erfahrungen und Em-
pfindungen.

Eine Erfahrung ist, wenn man aus Em-
pfindungen einen allgemeinen Satz macht: es
mag derselbe nun entweder allgemein seyn, oder
nur von einem Hauffen gelten. Die Erfahrung

ist
D 4

von den Begebenheiten der Coͤrper.
kan; welche Saͤtze man ſonſten ohne dem gering-
ſten Bedencken unter die philoſophiſchen allgemei-
nen Wahrheiten wuͤrde gerechnet haben, und die
dennoch falſch ſind. Ob es moͤglich ſey, aus der
bloſſen Erfahrung wuͤrcklich allgemeine Wahrhei-
ten herauszubringen, betrifft bloß die Erweite-
rung der Phyſick, nicht aber der Geſchichtskun
de, und kan alſo von uns uͤbergangen werden.
Hingegen iſt uns an dem eigentlichen Begriffe der
Erfahrung allerdings gelegen.

§. 43.
Eintheilung eines Hauffens.

Weil ein Hauffen aus ſolchen indiuiduis be-
ſtehet, die dennoch ihre verſchiedene Qualitaͤten
haben koͤnnen, ſo iſt eine beſondere Art der hiſto-
riſchen Erkentniß, daß man an einem Hauffen be-
merckt, wie viel er indiuidua von dieſer oder je-
ner Gattung in ſich halte: als bey dem groſſen
Hauffen der Sterne, wie viel von der erſten,
zweyten, dritten
Groͤſſe ſind, u. ſ. w. Bey
einem Buſche, der nicht groß iſt, kan man durch
zehlen erfahren, wie viel Eichen, Buchen, Bir-
cken, Fichten u. ſ. w. vorhanden ſind.

§. 44.
Unterſchied der Erfahrungen und Em-
pfindungen.

Eine Erfahrung iſt, wenn man aus Em-
pfindungen einen allgemeinen Satz macht: es
mag derſelbe nun entweder allgemein ſeyn, oder
nur von einem Hauffen gelten. Die Erfahrung

iſt
D 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0091" n="55"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den Begebenheiten der Co&#x0364;rper.</hi></fw><lb/>
kan; welche Sa&#x0364;tze man &#x017F;on&#x017F;ten ohne dem gering-<lb/>
&#x017F;ten Bedencken unter die philo&#x017F;ophi&#x017F;chen allgemei-<lb/>
nen Wahrheiten wu&#x0364;rde gerechnet haben, und die<lb/>
dennoch fal&#x017F;ch &#x017F;ind. Ob es mo&#x0364;glich &#x017F;ey, aus der<lb/>
blo&#x017F;&#x017F;en Erfahrung wu&#x0364;rcklich allgemeine Wahrhei-<lb/>
ten herauszubringen, betrifft bloß die Erweite-<lb/>
rung der Phy&#x017F;ick, nicht aber der Ge&#x017F;chichtskun<lb/>
de, und kan al&#x017F;o von uns u&#x0364;bergangen werden.<lb/>
Hingegen i&#x017F;t uns an dem eigentlichen Begriffe der<lb/><hi rendition="#fr">Erfahrung</hi> allerdings gelegen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 43.<lb/>
Eintheilung eines Hauffens.</head><lb/>
          <p>Weil ein Hauffen aus &#x017F;olchen <hi rendition="#aq">indiuiduis</hi> be-<lb/>
&#x017F;tehet, die dennoch ihre ver&#x017F;chiedene Qualita&#x0364;ten<lb/>
haben ko&#x0364;nnen, &#x017F;o i&#x017F;t eine be&#x017F;ondere Art der hi&#x017F;to-<lb/>
ri&#x017F;chen Erkentniß, daß man an einem Hauffen be-<lb/>
merckt, wie viel er <hi rendition="#aq">indiuidua</hi> von die&#x017F;er oder je-<lb/>
ner Gattung in &#x017F;ich halte: als bey dem gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Hauffen der <hi rendition="#fr">Sterne,</hi> wie viel von der <hi rendition="#fr">er&#x017F;ten,<lb/>
zweyten, dritten</hi> Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ind, u. &#x017F;. w. Bey<lb/>
einem <hi rendition="#fr">Bu&#x017F;che,</hi> der nicht groß i&#x017F;t, kan man durch<lb/>
zehlen erfahren, wie viel Eichen, Buchen, Bir-<lb/>
cken, Fichten u. &#x017F;. w. vorhanden &#x017F;ind.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 44.<lb/>
Unter&#x017F;chied der Erfahrungen und Em-<lb/>
pfindungen.</head><lb/>
          <p>Eine <hi rendition="#fr">Erfahrung</hi> i&#x017F;t, wenn man aus Em-<lb/>
pfindungen einen allgemeinen Satz macht: es<lb/>
mag der&#x017F;elbe nun entweder allgemein &#x017F;eyn, oder<lb/>
nur von einem Hauffen gelten. Die Erfahrung<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 4</fw><fw place="bottom" type="catch">i&#x017F;t</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0091] von den Begebenheiten der Coͤrper. kan; welche Saͤtze man ſonſten ohne dem gering- ſten Bedencken unter die philoſophiſchen allgemei- nen Wahrheiten wuͤrde gerechnet haben, und die dennoch falſch ſind. Ob es moͤglich ſey, aus der bloſſen Erfahrung wuͤrcklich allgemeine Wahrhei- ten herauszubringen, betrifft bloß die Erweite- rung der Phyſick, nicht aber der Geſchichtskun de, und kan alſo von uns uͤbergangen werden. Hingegen iſt uns an dem eigentlichen Begriffe der Erfahrung allerdings gelegen. §. 43. Eintheilung eines Hauffens. Weil ein Hauffen aus ſolchen indiuiduis be- ſtehet, die dennoch ihre verſchiedene Qualitaͤten haben koͤnnen, ſo iſt eine beſondere Art der hiſto- riſchen Erkentniß, daß man an einem Hauffen be- merckt, wie viel er indiuidua von dieſer oder je- ner Gattung in ſich halte: als bey dem groſſen Hauffen der Sterne, wie viel von der erſten, zweyten, dritten Groͤſſe ſind, u. ſ. w. Bey einem Buſche, der nicht groß iſt, kan man durch zehlen erfahren, wie viel Eichen, Buchen, Bir- cken, Fichten u. ſ. w. vorhanden ſind. §. 44. Unterſchied der Erfahrungen und Em- pfindungen. Eine Erfahrung iſt, wenn man aus Em- pfindungen einen allgemeinen Satz macht: es mag derſelbe nun entweder allgemein ſeyn, oder nur von einem Hauffen gelten. Die Erfahrung iſt D 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/91
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/91>, abgerufen am 30.12.2024.