endlich zu viel werden, so werden sie auch endlich alle vergessen; und wir lernen den Cörper vor sich, und als einen besondern Cörper gedencken.
§. 16. Einen Cörper übersehen, und was eine Seite sey?
Die Cörper haben ausser ihrer Oberfläche auch ihre Dicke. Die Oberfläche ist, wovon Lichtstralen auf unser Auge zurückprallen. Nach der Natur des Lichts, welches in gerader Linie fortgehet, und nach einer gewissen Regul zurück- prallet, können von der gantzen Oberfläche nicht auf einmahl Strahlen auf unser Auge fallen, son- dern nur von einem Stücke. So weit als auf einmahl Lichtstrahlen von dem Cörper in unsere Augen fallen: so weit übersehen wir ihn: und die Oberfläche, die wir auf einmahl übersehen kön- nen, nennen wir eine Seite: dergleichen also ein Cörper sehr viele hat.
§. 17. Vom Sehepunckte.
Der Ort, den unser Auge bey Beschauung eines Cörpers einnimmt, heisset der Gesichts- punckt: oder der Sehepunckt. Dieser hat auf dreyerley Weise einen Einfluß, daß uns ein Cörper so, und nicht anders vorgestellet wird: 1. Durch die Entfernung von der Sache, daß sie nahe oder ferne ist: 2. Durch den Stand des Auges, daß nehmlich dem Auge just diese Seite des Cörpers, und keine andere entgegen stehet. 3. Durch die Materie, welche zwi-
schen
C 3
von den Begebenheiten der Coͤrper.
endlich zu viel werden, ſo werden ſie auch endlich alle vergeſſen; und wir lernen den Coͤrper vor ſich, und als einen beſondern Coͤrper gedencken.
§. 16. Einen Coͤrper uͤberſehen, und was eine Seite ſey?
Die Coͤrper haben auſſer ihrer Oberflaͤche auch ihre Dicke. Die Oberflaͤche iſt, wovon Lichtſtralen auf unſer Auge zuruͤckprallen. Nach der Natur des Lichts, welches in gerader Linie fortgehet, und nach einer gewiſſen Regul zuruͤck- prallet, koͤnnen von der gantzen Oberflaͤche nicht auf einmahl Strahlen auf unſer Auge fallen, ſon- dern nur von einem Stuͤcke. So weit als auf einmahl Lichtſtrahlen von dem Coͤrper in unſere Augen fallen: ſo weit uͤberſehen wir ihn: und die Oberflaͤche, die wir auf einmahl uͤberſehen koͤn- nen, nennen wir eine Seite: dergleichen alſo ein Coͤrper ſehr viele hat.
§. 17. Vom Sehepunckte.
Der Ort, den unſer Auge bey Beſchauung eines Coͤrpers einnimmt, heiſſet der Geſichts- punckt: oder der Sehepunckt. Dieſer hat auf dreyerley Weiſe einen Einfluß, daß uns ein Coͤrper ſo, und nicht anders vorgeſtellet wird: 1. Durch die Entfernung von der Sache, daß ſie nahe oder ferne iſt: 2. Durch den Stand des Auges, daß nehmlich dem Auge juſt dieſe Seite des Coͤrpers, und keine andere entgegen ſtehet. 3. Durch die Materie, welche zwi-
ſchen
C 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0073"n="37"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von den Begebenheiten der Coͤrper.</hi></fw><lb/>
endlich zu viel werden, ſo werden ſie auch endlich<lb/>
alle vergeſſen; und wir lernen den Coͤrper vor<lb/>ſich, und als einen beſondern Coͤrper gedencken.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 16.<lb/>
Einen Coͤrper uͤberſehen, und was eine<lb/>
Seite ſey?</head><lb/><p>Die Coͤrper haben auſſer ihrer Oberflaͤche<lb/>
auch ihre <hirendition="#fr">Dicke.</hi> Die Oberflaͤche iſt, wovon<lb/>
Lichtſtralen auf unſer Auge zuruͤckprallen. Nach<lb/>
der Natur des Lichts, welches in gerader Linie<lb/>
fortgehet, und nach einer gewiſſen Regul zuruͤck-<lb/>
prallet, koͤnnen von der gantzen Oberflaͤche nicht<lb/>
auf einmahl Strahlen auf unſer Auge fallen, ſon-<lb/>
dern nur von einem Stuͤcke. So weit als auf<lb/>
einmahl Lichtſtrahlen von dem Coͤrper in unſere<lb/>
Augen fallen: ſo weit <hirendition="#fr">uͤberſehen</hi> wir ihn: und die<lb/>
Oberflaͤche, die wir auf einmahl uͤberſehen koͤn-<lb/>
nen, nennen wir eine <hirendition="#fr">Seite:</hi> dergleichen alſo<lb/>
ein Coͤrper <hirendition="#fr">ſehr viele</hi> hat.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 17.<lb/>
Vom Sehepunckte.</head><lb/><p>Der Ort, den unſer Auge bey Beſchauung<lb/>
eines Coͤrpers einnimmt, heiſſet der <hirendition="#fr">Geſichts-<lb/>
punckt:</hi> oder der <hirendition="#fr">Sehepunckt.</hi> Dieſer hat<lb/>
auf dreyerley Weiſe einen Einfluß, daß uns ein<lb/>
Coͤrper ſo, und nicht anders vorgeſtellet wird:<lb/>
1. Durch die <hirendition="#fr">Entfernung</hi> von der Sache, daß<lb/>ſie nahe oder ferne iſt: 2. Durch den <hirendition="#fr">Stand</hi><lb/>
des Auges, daß nehmlich dem Auge juſt dieſe<lb/>
Seite des Coͤrpers, und keine andere entgegen<lb/>ſtehet. 3. Durch die <hirendition="#fr">Materie,</hi> welche <hirendition="#fr">zwi-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig">C 3</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">ſchen</hi></fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[37/0073]
von den Begebenheiten der Coͤrper.
endlich zu viel werden, ſo werden ſie auch endlich
alle vergeſſen; und wir lernen den Coͤrper vor
ſich, und als einen beſondern Coͤrper gedencken.
§. 16.
Einen Coͤrper uͤberſehen, und was eine
Seite ſey?
Die Coͤrper haben auſſer ihrer Oberflaͤche
auch ihre Dicke. Die Oberflaͤche iſt, wovon
Lichtſtralen auf unſer Auge zuruͤckprallen. Nach
der Natur des Lichts, welches in gerader Linie
fortgehet, und nach einer gewiſſen Regul zuruͤck-
prallet, koͤnnen von der gantzen Oberflaͤche nicht
auf einmahl Strahlen auf unſer Auge fallen, ſon-
dern nur von einem Stuͤcke. So weit als auf
einmahl Lichtſtrahlen von dem Coͤrper in unſere
Augen fallen: ſo weit uͤberſehen wir ihn: und die
Oberflaͤche, die wir auf einmahl uͤberſehen koͤn-
nen, nennen wir eine Seite: dergleichen alſo
ein Coͤrper ſehr viele hat.
§. 17.
Vom Sehepunckte.
Der Ort, den unſer Auge bey Beſchauung
eines Coͤrpers einnimmt, heiſſet der Geſichts-
punckt: oder der Sehepunckt. Dieſer hat
auf dreyerley Weiſe einen Einfluß, daß uns ein
Coͤrper ſo, und nicht anders vorgeſtellet wird:
1. Durch die Entfernung von der Sache, daß
ſie nahe oder ferne iſt: 2. Durch den Stand
des Auges, daß nehmlich dem Auge juſt dieſe
Seite des Coͤrpers, und keine andere entgegen
ſtehet. 3. Durch die Materie, welche zwi-
ſchen
C 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/73>, abgerufen am 13.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.