Einen Cörper aber davon insbesondere wahrzu- nehmen, ist nichts anders, als sich davon einen fernerweiten klaren Begriff machen, ausser dem, den man von der gantzen Aussicht hat; welches aber noch mehr Zeit erfordert. Folglich gehet es nicht an, bey immerwährender Veränderung sei- nes Standes, von den Sachen klare und deutli- che Begriffe zu erlangen.
§. 13. So erlangen wir keinen deutlichen Begriff.
Diesen Satz bestätiget die Erfahrung: indem wir bey sehr geschwinder Bewegung unseres Kopfs und mithin der Augen, nichts von den umstehen- den Sachen unterscheiden. Doch vertragen Sachen, die uns vorher schon längst bekannt sind, eine grössere Geschwindigkeit, als Sachen, die wir zum ersten mahle sehen. Man kan übrigens aus dieser Regel eines theils erklären, warum die Menschen in ihrer Kindheit so viel Zeit brauchen, ehe sie zu einer klaren Erkentniß der Cörper, die um sie herum sind, gelangen. Ein Kind be- kommt nehmlich theils durch die öfftere Verände- rung des Orts, theils auch durch die Wendung der Augen beständig eine neue Aussicht. Ehe diese recht klar wird, entstehet eine neue; und das Ansehen der eintzeln Cörper verändert sich da- bey zugleich; so daß ein Kind, nicht anders als späte, einen Cörper von dem andern unterscheiden lernet: als welches noch besondere Umstände er- sordert.
§. 14.
C 2
von den Begebenheiten der Coͤrper
Einen Coͤrper aber davon insbeſondere wahrzu- nehmen, iſt nichts anders, als ſich davon einen fernerweiten klaren Begriff machen, auſſer dem, den man von der gantzen Ausſicht hat; welches aber noch mehr Zeit erfordert. Folglich gehet es nicht an, bey immerwaͤhrender Veraͤnderung ſei- nes Standes, von den Sachen klare und deutli- che Begriffe zu erlangen.
§. 13. So erlangen wir keinen deutlichen Begriff.
Dieſen Satz beſtaͤtiget die Erfahrung: indem wir bey ſehr geſchwinder Bewegung unſeres Kopfs und mithin der Augen, nichts von den umſtehen- den Sachen unterſcheiden. Doch vertragen Sachen, die uns vorher ſchon laͤngſt bekannt ſind, eine groͤſſere Geſchwindigkeit, als Sachen, die wir zum erſten mahle ſehen. Man kan uͤbrigens aus dieſer Regel eines theils erklaͤren, warum die Menſchen in ihrer Kindheit ſo viel Zeit brauchen, ehe ſie zu einer klaren Erkentniß der Coͤrper, die um ſie herum ſind, gelangen. Ein Kind be- kommt nehmlich theils durch die oͤfftere Veraͤnde- rung des Orts, theils auch durch die Wendung der Augen beſtaͤndig eine neue Ausſicht. Ehe dieſe recht klar wird, entſtehet eine neue; und das Anſehen der eintzeln Coͤrper veraͤndert ſich da- bey zugleich; ſo daß ein Kind, nicht anders als ſpaͤte, einen Coͤrper von dem andern unterſcheiden lernet: als welches noch beſondere Umſtaͤnde er- ſordert.
§. 14.
C 2
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[35/0071]
von den Begebenheiten der Coͤrper
Einen Coͤrper aber davon insbeſondere wahrzu-
nehmen, iſt nichts anders, als ſich davon einen
fernerweiten klaren Begriff machen, auſſer dem,
den man von der gantzen Ausſicht hat; welches
aber noch mehr Zeit erfordert. Folglich gehet es
nicht an, bey immerwaͤhrender Veraͤnderung ſei-
nes Standes, von den Sachen klare und deutli-
che Begriffe zu erlangen.
§. 13.
So erlangen wir keinen deutlichen Begriff.
Dieſen Satz beſtaͤtiget die Erfahrung: indem
wir bey ſehr geſchwinder Bewegung unſeres Kopfs
und mithin der Augen, nichts von den umſtehen-
den Sachen unterſcheiden. Doch vertragen
Sachen, die uns vorher ſchon laͤngſt bekannt ſind,
eine groͤſſere Geſchwindigkeit, als Sachen, die
wir zum erſten mahle ſehen. Man kan uͤbrigens
aus dieſer Regel eines theils erklaͤren, warum die
Menſchen in ihrer Kindheit ſo viel Zeit brauchen,
ehe ſie zu einer klaren Erkentniß der Coͤrper, die
um ſie herum ſind, gelangen. Ein Kind be-
kommt nehmlich theils durch die oͤfftere Veraͤnde-
rung des Orts, theils auch durch die Wendung
der Augen beſtaͤndig eine neue Ausſicht. Ehe
dieſe recht klar wird, entſtehet eine neue; und
das Anſehen der eintzeln Coͤrper veraͤndert ſich da-
bey zugleich; ſo daß ein Kind, nicht anders als
ſpaͤte, einen Coͤrper von dem andern unterſcheiden
lernet: als welches noch beſondere Umſtaͤnde er-
ſordert.
§. 14.
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/71>, abgerufen am 13.11.2024.
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