Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

von der histor. Erkentniß überhaupt.
welches ist, mit der Erkentniß einer Sache ver-
bunden, die geschiehet. Weil aber die Erkent-
niß des Subjects voraus gesetzet wird, und die
Erkentniß der Begebenheit, oder Prädicats dar-
auf folget (§. 21.): so 2. richtet sich die Einsicht
in die Veränderungen eines Dinges, nach der
Erkentniß, die wir von der Sache an und vor
sich betrachtet haben. Z. E. der Gelehrte hat
gleich eine andere Jdee vom Monde, wie solcher be-
ständig aussiehet, als der gemeine Mann: und nach
dieser verschiedenen Erkentniß entstehen auch ver-
schiedene Vorstellungen, wenn sich eine Finster-
niß, ein Monden-Hoff, oder sonst etwas nicht
alltägliches damit begiebet.

§. 23.
Die Erkentnisse der Dinge welche sind und ge-
schehen, gehören zusammen.

Weil sich die Erkentniß der Veränderungen
eines Dinges, nach der Erkentniß richtet, die man
von dem Dinge selbst hat (§. 22.): dieses Ding
aber unter diejenigen gehöret, welche sind (§. 20.):
so kan 1. man von der Erkentniß der Weltbegeben-
heiten nicht Rechenschafft geben, wenn man nicht
weiß, was es vor Beschaffenheit habe, mit den
Dingen, welche sind. Wie nun die Erkentniß
der Dinge, welche sind und geschehen, die histo-
rische Erkentniß ausmachen (§. 2.): also siehet
man 2. daß man den einen und bekantesten Theil
der Geschichte, der nehmlich die geschehene
Dinge betrifft, nicht wohl ohne dem andern, durch
eine brauchbare Theorie erläutern könne.

§. 24.

von der hiſtor. Erkentniß uͤberhaupt.
welches iſt, mit der Erkentniß einer Sache ver-
bunden, die geſchiehet. Weil aber die Erkent-
niß des Subjects voraus geſetzet wird, und die
Erkentniß der Begebenheit, oder Praͤdicats dar-
auf folget (§. 21.): ſo 2. richtet ſich die Einſicht
in die Veraͤnderungen eines Dinges, nach der
Erkentniß, die wir von der Sache an und vor
ſich betrachtet haben. Z. E. der Gelehrte hat
gleich eine andere Jdee vom Monde, wie ſolcher be-
ſtaͤndig ausſiehet, als der gemeine Mann: und nach
dieſer verſchiedenen Erkentniß entſtehen auch ver-
ſchiedene Vorſtellungen, wenn ſich eine Finſter-
niß, ein Monden-Hoff, oder ſonſt etwas nicht
alltaͤgliches damit begiebet.

§. 23.
Die Erkentniſſe der Dinge welche ſind und ge-
ſchehen, gehoͤren zuſammen.

Weil ſich die Erkentniß der Veraͤnderungen
eines Dinges, nach der Erkentniß richtet, die man
von dem Dinge ſelbſt hat (§. 22.): dieſes Ding
aber unter diejenigen gehoͤret, welche ſind (§. 20.):
ſo kan 1. man von der Erkentniß der Weltbegeben-
heiten nicht Rechenſchafft geben, wenn man nicht
weiß, was es vor Beſchaffenheit habe, mit den
Dingen, welche ſind. Wie nun die Erkentniß
der Dinge, welche ſind und geſchehen, die hiſto-
riſche Erkentniß ausmachen (§. 2.): alſo ſiehet
man 2. daß man den einen und bekanteſten Theil
der Geſchichte, der nehmlich die geſchehene
Dinge betrifft, nicht wohl ohne dem andern, durch
eine brauchbare Theorie erlaͤutern koͤnne.

§. 24.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0049" n="13"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von der hi&#x017F;tor. Erkentniß u&#x0364;berhaupt.</hi></fw><lb/>
welches <hi rendition="#fr">i&#x017F;t,</hi> mit der Erkentniß einer Sache ver-<lb/>
bunden, die <hi rendition="#fr">ge&#x017F;chiehet.</hi> Weil aber die Erkent-<lb/>
niß des Subjects voraus ge&#x017F;etzet wird, und die<lb/>
Erkentniß der Begebenheit, oder Pra&#x0364;dicats dar-<lb/>
auf folget (§. 21.): &#x017F;o 2. richtet &#x017F;ich die Ein&#x017F;icht<lb/>
in die Vera&#x0364;nderungen eines Dinges, nach der<lb/>
Erkentniß, die wir von der Sache an und vor<lb/>
&#x017F;ich betrachtet haben. Z. E. der Gelehrte hat<lb/>
gleich eine andere Jdee vom Monde, wie &#x017F;olcher be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndig aus&#x017F;iehet, als der gemeine Mann: und nach<lb/>
die&#x017F;er ver&#x017F;chiedenen Erkentniß ent&#x017F;tehen auch ver-<lb/>
&#x017F;chiedene Vor&#x017F;tellungen, wenn &#x017F;ich eine Fin&#x017F;ter-<lb/>
niß, ein Monden-Hoff, oder &#x017F;on&#x017F;t etwas nicht<lb/>
allta&#x0364;gliches damit begiebet.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 23.<lb/>
Die Erkentni&#x017F;&#x017F;e der Dinge welche &#x017F;ind und ge-<lb/>
&#x017F;chehen, geho&#x0364;ren zu&#x017F;ammen.</head><lb/>
          <p>Weil &#x017F;ich die Erkentniß der Vera&#x0364;nderungen<lb/>
eines Dinges, nach der Erkentniß richtet, die man<lb/>
von dem <hi rendition="#fr">Dinge &#x017F;elb&#x017F;t</hi> hat (§. 22.): die&#x017F;es Ding<lb/>
aber unter diejenigen geho&#x0364;ret, welche <hi rendition="#fr">&#x017F;ind</hi> (§. 20.):<lb/>
&#x017F;o kan 1. man von der Erkentniß der Weltbegeben-<lb/>
heiten nicht Rechen&#x017F;chafft geben, wenn man nicht<lb/>
weiß, was es vor Be&#x017F;chaffenheit habe, mit den<lb/>
Dingen, welche <hi rendition="#fr">&#x017F;ind.</hi> Wie nun die Erkentniß<lb/>
der Dinge, welche &#x017F;ind und ge&#x017F;chehen, die hi&#x017F;to-<lb/>
ri&#x017F;che Erkentniß ausmachen (§. 2.): al&#x017F;o &#x017F;iehet<lb/>
man 2. daß man den einen und bekante&#x017F;ten Theil<lb/>
der Ge&#x017F;chichte, der nehmlich die <hi rendition="#fr">ge&#x017F;chehene</hi><lb/>
Dinge betrifft, nicht wohl ohne dem andern, durch<lb/>
eine brauchbare Theorie erla&#x0364;utern ko&#x0364;nne.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">§. 24.</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0049] von der hiſtor. Erkentniß uͤberhaupt. welches iſt, mit der Erkentniß einer Sache ver- bunden, die geſchiehet. Weil aber die Erkent- niß des Subjects voraus geſetzet wird, und die Erkentniß der Begebenheit, oder Praͤdicats dar- auf folget (§. 21.): ſo 2. richtet ſich die Einſicht in die Veraͤnderungen eines Dinges, nach der Erkentniß, die wir von der Sache an und vor ſich betrachtet haben. Z. E. der Gelehrte hat gleich eine andere Jdee vom Monde, wie ſolcher be- ſtaͤndig ausſiehet, als der gemeine Mann: und nach dieſer verſchiedenen Erkentniß entſtehen auch ver- ſchiedene Vorſtellungen, wenn ſich eine Finſter- niß, ein Monden-Hoff, oder ſonſt etwas nicht alltaͤgliches damit begiebet. §. 23. Die Erkentniſſe der Dinge welche ſind und ge- ſchehen, gehoͤren zuſammen. Weil ſich die Erkentniß der Veraͤnderungen eines Dinges, nach der Erkentniß richtet, die man von dem Dinge ſelbſt hat (§. 22.): dieſes Ding aber unter diejenigen gehoͤret, welche ſind (§. 20.): ſo kan 1. man von der Erkentniß der Weltbegeben- heiten nicht Rechenſchafft geben, wenn man nicht weiß, was es vor Beſchaffenheit habe, mit den Dingen, welche ſind. Wie nun die Erkentniß der Dinge, welche ſind und geſchehen, die hiſto- riſche Erkentniß ausmachen (§. 2.): alſo ſiehet man 2. daß man den einen und bekanteſten Theil der Geſchichte, der nehmlich die geſchehene Dinge betrifft, nicht wohl ohne dem andern, durch eine brauchbare Theorie erlaͤutern koͤnne. §. 24.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/49
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/49>, abgerufen am 21.11.2024.