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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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von alten u. ausländisch. Geschichten.
cke von dem Verdachte der Erdichtung frey, wo kein
Nutzen von der Verfälschung der Geschichte vor
ihm abzusehen ist. Jn solchen Stücken aber, wo
sein Nutzen oder auch seine Ehre vorwaltet, braucht
er allerdings eine Ergäntzung seines Ansehens.
(§. 25. C. 9.) Nehmlich wir müssen entweder
sehr von seiner Aufrichtigkeit versichert seyn, oder
die Ergäntzung muß durch Zeugen geschehen,
(§. 28. C. 9.) wobey auch in gewissen Fällen das
Stillschweigen seiner Gegner vor ein Zeugniß zu
rechnen ist. (§. 32. C. 9.)

§. 13.
Scriptores coaeui:

Selten aber kan ein Geschichtschreiber, wenn
er gleich von Sachen handelt, bey denen er einen
Zuschauer abgegeben, bloß aus seiner eigenen Wis-
senschafft erzehlen, sondern muß vielmehr die Aus-
sagen anderer und die erhaltene Nachrichten zu Hülf-
fe nehmen (§. 15. C. 6.) Meistens aber schreibt ein
Geschichtschreiber von Sachen, wo er gar nicht
dabey gewesen ist: Jndem er mehr durch seine
Gabe, Begebenheiten geschickt zu erzehlen, als
durch seine Erkentniß der Begebenheiten selbst,
bewogen wird, einen Geschichtschreiber abzugeben.
Dieses ist die Ursach, warum man von jedem Ge-
schichtschreiber nicht so wohl verlangt, daß er ein
Zuschauer gewesen seyn soll: Auf welchen es doch
allemahl hauptsächlich in der historischen Erkent-
niß ankommt; als nur dieses, daß er zu eben der-
selben Zeit gelebt haben soll, daß er sich also der
Sachen, wie sie noch nicht alt waren, sondern noch

Zuschauer

von alten u. auslaͤndiſch. Geſchichten.
cke von dem Verdachte der Erdichtung frey, wo kein
Nutzen von der Verfaͤlſchung der Geſchichte vor
ihm abzuſehen iſt. Jn ſolchen Stuͤcken aber, wo
ſein Nutzen oder auch ſeine Ehre vorwaltet, braucht
er allerdings eine Ergaͤntzung ſeines Anſehens.
(§. 25. C. 9.) Nehmlich wir muͤſſen entweder
ſehr von ſeiner Aufrichtigkeit verſichert ſeyn, oder
die Ergaͤntzung muß durch Zeugen geſchehen,
(§. 28. C. 9.) wobey auch in gewiſſen Faͤllen das
Stillſchweigen ſeiner Gegner vor ein Zeugniß zu
rechnen iſt. (§. 32. C. 9.)

§. 13.
Scriptores coæui:

Selten aber kan ein Geſchichtſchreiber, wenn
er gleich von Sachen handelt, bey denen er einen
Zuſchauer abgegeben, bloß aus ſeiner eigenen Wiſ-
ſenſchafft erzehlen, ſondern muß vielmehr die Aus-
ſagen anderer und die erhaltene Nachrichten zu Huͤlf-
fe nehmen (§. 15. C. 6.) Meiſtens aber ſchreibt ein
Geſchichtſchreiber von Sachen, wo er gar nicht
dabey geweſen iſt: Jndem er mehr durch ſeine
Gabe, Begebenheiten geſchickt zu erzehlen, als
durch ſeine Erkentniß der Begebenheiten ſelbſt,
bewogen wird, einen Geſchichtſchreiber abzugeben.
Dieſes iſt die Urſach, warum man von jedem Ge-
ſchichtſchreiber nicht ſo wohl verlangt, daß er ein
Zuſchauer geweſen ſeyn ſoll: Auf welchen es doch
allemahl hauptſaͤchlich in der hiſtoriſchen Erkent-
niß ankommt; als nur dieſes, daß er zu eben der-
ſelben Zeit gelebt haben ſoll, daß er ſich alſo der
Sachen, wie ſie noch nicht alt waren, ſondern noch

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[363/0399] von alten u. auslaͤndiſch. Geſchichten. cke von dem Verdachte der Erdichtung frey, wo kein Nutzen von der Verfaͤlſchung der Geſchichte vor ihm abzuſehen iſt. Jn ſolchen Stuͤcken aber, wo ſein Nutzen oder auch ſeine Ehre vorwaltet, braucht er allerdings eine Ergaͤntzung ſeines Anſehens. (§. 25. C. 9.) Nehmlich wir muͤſſen entweder ſehr von ſeiner Aufrichtigkeit verſichert ſeyn, oder die Ergaͤntzung muß durch Zeugen geſchehen, (§. 28. C. 9.) wobey auch in gewiſſen Faͤllen das Stillſchweigen ſeiner Gegner vor ein Zeugniß zu rechnen iſt. (§. 32. C. 9.) §. 13. Scriptores coæui: Selten aber kan ein Geſchichtſchreiber, wenn er gleich von Sachen handelt, bey denen er einen Zuſchauer abgegeben, bloß aus ſeiner eigenen Wiſ- ſenſchafft erzehlen, ſondern muß vielmehr die Aus- ſagen anderer und die erhaltene Nachrichten zu Huͤlf- fe nehmen (§. 15. C. 6.) Meiſtens aber ſchreibt ein Geſchichtſchreiber von Sachen, wo er gar nicht dabey geweſen iſt: Jndem er mehr durch ſeine Gabe, Begebenheiten geſchickt zu erzehlen, als durch ſeine Erkentniß der Begebenheiten ſelbſt, bewogen wird, einen Geſchichtſchreiber abzugeben. Dieſes iſt die Urſach, warum man von jedem Ge- ſchichtſchreiber nicht ſo wohl verlangt, daß er ein Zuſchauer geweſen ſeyn ſoll: Auf welchen es doch allemahl hauptſaͤchlich in der hiſtoriſchen Erkent- niß ankommt; als nur dieſes, daß er zu eben der- ſelben Zeit gelebt haben ſoll, daß er ſich alſo der Sachen, wie ſie noch nicht alt waren, ſondern noch Zuſchauer

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/399>, abgerufen am 13.11.2024.