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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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Zehendes Capitel,
der Erkentniß aus Folgen hat zwar der Grund
unserer Erkentniß, nehmlich die Folgen von ei-
ner Geschichte, mehr Verbindung, mit dem Grun-
de
der Sache selbst. Doch kan ich auch die Fol-
gen einer Begebenheit, nicht eigentlich als den
Grund der Begebenheit ansehen: Und die Be-
gebenheit bliebe wahr, wenn auch die natürlichen
Folgen derselben durch ein Wunderwerck aufge-
hoben würden. Ferner, wo man das vergan-
gene
am zuverläßigsten aus dem gegenwärtigen
erkennen kan, so beruhet unsere Erkentniß auf ei-
ner Empfindung der Uebereinstimmung (§. 37.
C. 9.), wobey sich die Requisita auch nicht zeh-
len lassen. Bey regelmäßigen Bewegungen
aber, da man die vorhergehende aus den nachfol-
genden, und die nachfolgenden aus dem vorgehen-
den nach dem Lauffe der Natur schlüssen kan, ge-
het alles nach den Regeln der Demonstration,
bey welcher überhaupt keine Requisita ad verita-
tem
nöthig sind.

§. 24.
Wahrscheinlichkeit einer Begebenheit ist nur
vor gewisse Leute.

Es ist auch zu mercken, daß sich niemand in die
wahrscheinliche Erkentniß dieser oder jener Bege-
benheit einlässet, der nicht an der Geschichte selbst
Theil nähme; welches auf gantz verschiedene und
unzehlige Weise geschehen kan: Nimmt man
aber Theil daran; so siehet man die Sache auch
aus einem gewissen Sehepuncte an; (§. 15.
C. 5.) welches macht, daß man auf gewisse Stü-
cke genau merckt, da man hingegen andere übersie-

het;

Zehendes Capitel,
der Erkentniß aus Folgen hat zwar der Grund
unſerer Erkentniß, nehmlich die Folgen von ei-
ner Geſchichte, mehr Verbindung, mit dem Grun-
de
der Sache ſelbſt. Doch kan ich auch die Fol-
gen einer Begebenheit, nicht eigentlich als den
Grund der Begebenheit anſehen: Und die Be-
gebenheit bliebe wahr, wenn auch die natuͤrlichen
Folgen derſelben durch ein Wunderwerck aufge-
hoben wuͤrden. Ferner, wo man das vergan-
gene
am zuverlaͤßigſten aus dem gegenwaͤrtigen
erkennen kan, ſo beruhet unſere Erkentniß auf ei-
ner Empfindung der Uebereinſtimmung (§. 37.
C. 9.), wobey ſich die Requiſita auch nicht zeh-
len laſſen. Bey regelmaͤßigen Bewegungen
aber, da man die vorhergehende aus den nachfol-
genden, und die nachfolgenden aus dem vorgehen-
den nach dem Lauffe der Natur ſchluͤſſen kan, ge-
het alles nach den Regeln der Demonſtration,
bey welcher uͤberhaupt keine Requiſita ad verita-
tem
noͤthig ſind.

§. 24.
Wahrſcheinlichkeit einer Begebenheit iſt nur
vor gewiſſe Leute.

Es iſt auch zu mercken, daß ſich niemand in die
wahrſcheinliche Erkentniß dieſer oder jener Bege-
benheit einlaͤſſet, der nicht an der Geſchichte ſelbſt
Theil naͤhme; welches auf gantz verſchiedene und
unzehlige Weiſe geſchehen kan: Nimmt man
aber Theil daran; ſo ſiehet man die Sache auch
aus einem gewiſſen Sehepuncte an; (§. 15.
C. 5.) welches macht, daß man auf gewiſſe Stuͤ-
cke genau merckt, da man hingegen andere uͤberſie-

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[348/0384] Zehendes Capitel, der Erkentniß aus Folgen hat zwar der Grund unſerer Erkentniß, nehmlich die Folgen von ei- ner Geſchichte, mehr Verbindung, mit dem Grun- de der Sache ſelbſt. Doch kan ich auch die Fol- gen einer Begebenheit, nicht eigentlich als den Grund der Begebenheit anſehen: Und die Be- gebenheit bliebe wahr, wenn auch die natuͤrlichen Folgen derſelben durch ein Wunderwerck aufge- hoben wuͤrden. Ferner, wo man das vergan- gene am zuverlaͤßigſten aus dem gegenwaͤrtigen erkennen kan, ſo beruhet unſere Erkentniß auf ei- ner Empfindung der Uebereinſtimmung (§. 37. C. 9.), wobey ſich die Requiſita auch nicht zeh- len laſſen. Bey regelmaͤßigen Bewegungen aber, da man die vorhergehende aus den nachfol- genden, und die nachfolgenden aus dem vorgehen- den nach dem Lauffe der Natur ſchluͤſſen kan, ge- het alles nach den Regeln der Demonſtration, bey welcher uͤberhaupt keine Requiſita ad verita- tem noͤthig ſind. §. 24. Wahrſcheinlichkeit einer Begebenheit iſt nur vor gewiſſe Leute. Es iſt auch zu mercken, daß ſich niemand in die wahrſcheinliche Erkentniß dieſer oder jener Bege- benheit einlaͤſſet, der nicht an der Geſchichte ſelbſt Theil naͤhme; welches auf gantz verſchiedene und unzehlige Weiſe geſchehen kan: Nimmt man aber Theil daran; ſo ſiehet man die Sache auch aus einem gewiſſen Sehepuncte an; (§. 15. C. 5.) welches macht, daß man auf gewiſſe Stuͤ- cke genau merckt, da man hingegen andere uͤberſie- het;

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/384>, abgerufen am 13.11.2024.