Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Zehendes Capitel,
spruch beyder Aussagen nicht so groß ist, daß sie nicht
sollten aus der verschiedenen Erzehlungsart und aus
dem verschiedenen Sehepuncte, mithin nach den
(§. 5. 6.) beschriebenen Mitteln könten vereiniget
werden. Jn den meisten Fällen ist die eine Aus-
sage
so gar wegen des Vortheils, den der Aussa-
ger von derselben hat, verdächtig. Es mag aber
damit beschaffen seyn, wie es will, so muß bey vor-
handenen widersprechenden Aussagen 5) die Be-
mühung dahin gehen, eine von beyden aus dem
Wege zu räumen.

§. 8.
Wie Aussagen weggeschafft werden.

Wir haben gewiesen, daß im Fall das Ansehen
eines Aussagers nicht völlig wäre, solches ergäntzet
werden müsse. (§. 25. C. 9.) Nun ist bey wi-
dersprechenden Aussagen des einen seine Aussage,
oder auch beyder nicht völlig: (§. 7.) Daher wä-
re denn solches zu ergäntzen. Jndem aber dieses
geschiehet, so wird sich finden, daß in den meisten
Fällen zugleich die intendirte Wegschaffung der ei-
nen Aussage erhalten werde. Denn so geschiehet
es 1. daß, wenn man zu Bestärckung des Ansehens
wider den Verdacht der Leichtsinnigkeit den Eyd
fordert, (§. 26. C. 9.) mancher seine Aussage zu-
rück nimmt. 2. Wenn man den Vortheil, den
iemand aus einer falschen Aussage haben möchte,
durch gegenwärtige Uebel, ja wohl nur durch Dro-
hungen begegnet, daß viele die Wahrheit zu sa-
gen sich bequemen. 3. Durch Herbeybringung
der Zeugen kan zwar unmittelbar dem Zweiffel dar-

um

Zehendes Capitel,
ſpruch beyder Ausſagen nicht ſo groß iſt, daß ſie nicht
ſollten aus der verſchiedenen Erzehlungsart und aus
dem verſchiedenen Sehepuncte, mithin nach den
(§. 5. 6.) beſchriebenen Mitteln koͤnten vereiniget
werden. Jn den meiſten Faͤllen iſt die eine Aus-
ſage
ſo gar wegen des Vortheils, den der Ausſa-
ger von derſelben hat, verdaͤchtig. Es mag aber
damit beſchaffen ſeyn, wie es will, ſo muß bey vor-
handenen widerſprechenden Ausſagen 5) die Be-
muͤhung dahin gehen, eine von beyden aus dem
Wege zu raͤumen.

§. 8.
Wie Ausſagen weggeſchafft werden.

Wir haben gewieſen, daß im Fall das Anſehen
eines Ausſagers nicht voͤllig waͤre, ſolches ergaͤntzet
werden muͤſſe. (§. 25. C. 9.) Nun iſt bey wi-
derſprechenden Ausſagen des einen ſeine Ausſage,
oder auch beyder nicht voͤllig: (§. 7.) Daher waͤ-
re denn ſolches zu ergaͤntzen. Jndem aber dieſes
geſchiehet, ſo wird ſich finden, daß in den meiſten
Faͤllen zugleich die intendirte Wegſchaffung der ei-
nen Ausſage erhalten werde. Denn ſo geſchiehet
es 1. daß, wenn man zu Beſtaͤrckung des Anſehens
wider den Verdacht der Leichtſinnigkeit den Eyd
fordert, (§. 26. C. 9.) mancher ſeine Ausſage zu-
ruͤck nimmt. 2. Wenn man den Vortheil, den
iemand aus einer falſchen Ausſage haben moͤchte,
durch gegenwaͤrtige Uebel, ja wohl nur durch Dro-
hungen begegnet, daß viele die Wahrheit zu ſa-
gen ſich bequemen. 3. Durch Herbeybringung
der Zeugen kan zwar unmittelbar dem Zweiffel dar-

um
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0364" n="328"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zehendes Capitel,</hi></fw><lb/>
&#x017F;pruch beyder Aus&#x017F;agen nicht &#x017F;o groß i&#x017F;t, daß &#x017F;ie nicht<lb/>
&#x017F;ollten aus der ver&#x017F;chiedenen Erzehlungsart und aus<lb/>
dem ver&#x017F;chiedenen Sehepuncte, mithin nach den<lb/>
(§. 5. 6.) be&#x017F;chriebenen Mitteln ko&#x0364;nten vereiniget<lb/>
werden. Jn den mei&#x017F;ten Fa&#x0364;llen i&#x017F;t die eine <hi rendition="#fr">Aus-<lb/>
&#x017F;age</hi> &#x017F;o gar wegen des Vortheils, den der Aus&#x017F;a-<lb/>
ger von der&#x017F;elben hat, verda&#x0364;chtig. Es mag aber<lb/>
damit be&#x017F;chaffen &#x017F;eyn, wie es will, &#x017F;o muß bey vor-<lb/>
handenen wider&#x017F;prechenden Aus&#x017F;agen 5) die Be-<lb/>
mu&#x0364;hung dahin gehen, <hi rendition="#fr">eine von beyden aus dem<lb/>
Wege zu ra&#x0364;umen.</hi></p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 8.<lb/>
Wie Aus&#x017F;agen wegge&#x017F;chafft werden.</head><lb/>
          <p>Wir haben gewie&#x017F;en, daß im Fall das An&#x017F;ehen<lb/>
eines Aus&#x017F;agers nicht vo&#x0364;llig wa&#x0364;re, &#x017F;olches erga&#x0364;ntzet<lb/>
werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. (§. 25. C. 9.) Nun i&#x017F;t bey wi-<lb/>
der&#x017F;prechenden Aus&#x017F;agen des einen &#x017F;eine Aus&#x017F;age,<lb/>
oder auch beyder nicht vo&#x0364;llig: (§. 7.) Daher wa&#x0364;-<lb/>
re denn &#x017F;olches zu erga&#x0364;ntzen. Jndem aber die&#x017F;es<lb/>
ge&#x017F;chiehet, &#x017F;o wird &#x017F;ich finden, daß in den mei&#x017F;ten<lb/>
Fa&#x0364;llen zugleich die intendirte Weg&#x017F;chaffung der ei-<lb/>
nen Aus&#x017F;age erhalten werde. Denn &#x017F;o ge&#x017F;chiehet<lb/>
es 1. daß, wenn man zu Be&#x017F;ta&#x0364;rckung des An&#x017F;ehens<lb/>
wider den Verdacht der Leicht&#x017F;innigkeit den <hi rendition="#fr">Eyd</hi><lb/>
fordert, (§. 26. C. 9.) mancher &#x017F;eine Aus&#x017F;age zu-<lb/>
ru&#x0364;ck nimmt. 2. Wenn man den Vortheil, den<lb/>
iemand aus einer fal&#x017F;chen Aus&#x017F;age haben mo&#x0364;chte,<lb/>
durch gegenwa&#x0364;rtige Uebel, ja wohl nur durch Dro-<lb/>
hungen begegnet, daß viele die Wahrheit zu &#x017F;a-<lb/>
gen &#x017F;ich bequemen. 3. Durch Herbeybringung<lb/>
der Zeugen kan zwar unmittelbar dem Zweiffel dar-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">um</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[328/0364] Zehendes Capitel, ſpruch beyder Ausſagen nicht ſo groß iſt, daß ſie nicht ſollten aus der verſchiedenen Erzehlungsart und aus dem verſchiedenen Sehepuncte, mithin nach den (§. 5. 6.) beſchriebenen Mitteln koͤnten vereiniget werden. Jn den meiſten Faͤllen iſt die eine Aus- ſage ſo gar wegen des Vortheils, den der Ausſa- ger von derſelben hat, verdaͤchtig. Es mag aber damit beſchaffen ſeyn, wie es will, ſo muß bey vor- handenen widerſprechenden Ausſagen 5) die Be- muͤhung dahin gehen, eine von beyden aus dem Wege zu raͤumen. §. 8. Wie Ausſagen weggeſchafft werden. Wir haben gewieſen, daß im Fall das Anſehen eines Ausſagers nicht voͤllig waͤre, ſolches ergaͤntzet werden muͤſſe. (§. 25. C. 9.) Nun iſt bey wi- derſprechenden Ausſagen des einen ſeine Ausſage, oder auch beyder nicht voͤllig: (§. 7.) Daher waͤ- re denn ſolches zu ergaͤntzen. Jndem aber dieſes geſchiehet, ſo wird ſich finden, daß in den meiſten Faͤllen zugleich die intendirte Wegſchaffung der ei- nen Ausſage erhalten werde. Denn ſo geſchiehet es 1. daß, wenn man zu Beſtaͤrckung des Anſehens wider den Verdacht der Leichtſinnigkeit den Eyd fordert, (§. 26. C. 9.) mancher ſeine Ausſage zu- ruͤck nimmt. 2. Wenn man den Vortheil, den iemand aus einer falſchen Ausſage haben moͤchte, durch gegenwaͤrtige Uebel, ja wohl nur durch Dro- hungen begegnet, daß viele die Wahrheit zu ſa- gen ſich bequemen. 3. Durch Herbeybringung der Zeugen kan zwar unmittelbar dem Zweiffel dar- um

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/364
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/364>, abgerufen am 21.11.2024.