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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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Neuntes Capitel,
wird. Denn da bey dem Autor, per hypothesin
nicht das Ansehen gantz vermisset wird, sondern
nur ein Umstand oder Zuverläßigkeit fehlet
(§. 24. 25.), dieser verdächtige Umstand aber
bey dem Zeugen hinweg fället; so siehet man, daß
der Verdacht den man gehabt, nicht gegründet
sey; und in die Aussage keinen Einfluß gehabt
habe. Und darzu dienet nun besonders ein Hauf-
fen
Zeugen: Daß nicht allein die Menge der
Aussager an sich zur Gewißheit etwas beyträgt
(§. 29.) sondern vornehmlich, daß darunter Zeu-
gen von allerhand Gattung sind, so daß was bey
dem einen uns noch verdächtig vorkommen konte,
durch das Ansehen des andern, der sich in gantz
andern Umständen befindet, bestätiget wird.

§. 32.
Vermehrung der Zeugen durchs Still-
schweigen.

Das Stillschweigen einer Person kan ohn-
fehlbar die Krafft einer Aussage haben; denn
1. ist es uns natürlich einer Sache, die wir an-
hören, und die wir besser wissen zu widersprechen:
So daß solches, wo nicht kräfftige Ursachen sich
zu verstellen vorhanden sind, gewiß erfolgen wird.
2. Wir wissen auch, daß unser Stillschweigen, vor
eine Einstimmung, und Bejahung der Sache an-
genommeu wird, daher wir denn dasjenige nicht
gerne unbeantwortet anhören, was wir nicht allen-
falls selber aussagen wollten. Wenn iemand von
uns in unsrer Gegenwart etwas nachtheiliges re-
dete, weil er uns nicht kennet, so wird eine grosse

Ueber-

Neuntes Capitel,
wird. Denn da bey dem Autor, per hypotheſin
nicht das Anſehen gantz vermiſſet wird, ſondern
nur ein Umſtand oder Zuverlaͤßigkeit fehlet
(§. 24. 25.), dieſer verdaͤchtige Umſtand aber
bey dem Zeugen hinweg faͤllet; ſo ſiehet man, daß
der Verdacht den man gehabt, nicht gegruͤndet
ſey; und in die Ausſage keinen Einfluß gehabt
habe. Und darzu dienet nun beſonders ein Hauf-
fen
Zeugen: Daß nicht allein die Menge der
Ausſager an ſich zur Gewißheit etwas beytraͤgt
(§. 29.) ſondern vornehmlich, daß darunter Zeu-
gen von allerhand Gattung ſind, ſo daß was bey
dem einen uns noch verdaͤchtig vorkommen konte,
durch das Anſehen des andern, der ſich in gantz
andern Umſtaͤnden befindet, beſtaͤtiget wird.

§. 32.
Vermehrung der Zeugen durchs Still-
ſchweigen.

Das Stillſchweigen einer Perſon kan ohn-
fehlbar die Krafft einer Ausſage haben; denn
1. iſt es uns natuͤrlich einer Sache, die wir an-
hoͤren, und die wir beſſer wiſſen zu widerſprechen:
So daß ſolches, wo nicht kraͤfftige Urſachen ſich
zu verſtellen vorhanden ſind, gewiß erfolgen wird.
2. Wir wiſſen auch, daß unſer Stillſchweigen, vor
eine Einſtimmung, und Bejahung der Sache an-
genommeu wird, daher wir denn dasjenige nicht
gerne unbeantwortet anhoͤren, was wir nicht allen-
falls ſelber ausſagen wollten. Wenn iemand von
uns in unſrer Gegenwart etwas nachtheiliges re-
dete, weil er uns nicht kennet, ſo wird eine groſſe

Ueber-
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[310/0346] Neuntes Capitel, wird. Denn da bey dem Autor, per hypotheſin nicht das Anſehen gantz vermiſſet wird, ſondern nur ein Umſtand oder Zuverlaͤßigkeit fehlet (§. 24. 25.), dieſer verdaͤchtige Umſtand aber bey dem Zeugen hinweg faͤllet; ſo ſiehet man, daß der Verdacht den man gehabt, nicht gegruͤndet ſey; und in die Ausſage keinen Einfluß gehabt habe. Und darzu dienet nun beſonders ein Hauf- fen Zeugen: Daß nicht allein die Menge der Ausſager an ſich zur Gewißheit etwas beytraͤgt (§. 29.) ſondern vornehmlich, daß darunter Zeu- gen von allerhand Gattung ſind, ſo daß was bey dem einen uns noch verdaͤchtig vorkommen konte, durch das Anſehen des andern, der ſich in gantz andern Umſtaͤnden befindet, beſtaͤtiget wird. §. 32. Vermehrung der Zeugen durchs Still- ſchweigen. Das Stillſchweigen einer Perſon kan ohn- fehlbar die Krafft einer Ausſage haben; denn 1. iſt es uns natuͤrlich einer Sache, die wir an- hoͤren, und die wir beſſer wiſſen zu widerſprechen: So daß ſolches, wo nicht kraͤfftige Urſachen ſich zu verſtellen vorhanden ſind, gewiß erfolgen wird. 2. Wir wiſſen auch, daß unſer Stillſchweigen, vor eine Einſtimmung, und Bejahung der Sache an- genommeu wird, daher wir denn dasjenige nicht gerne unbeantwortet anhoͤren, was wir nicht allen- falls ſelber ausſagen wollten. Wenn iemand von uns in unſrer Gegenwart etwas nachtheiliges re- dete, weil er uns nicht kennet, ſo wird eine groſſe Ueber-

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/346>, abgerufen am 13.11.2024.