und eingesehen werden: von welchen Arten der Er- kentniß nicht zu verlangen ist, daß ein unveränder- liches Urtheil in der Seele daraus entstehen sollte. Soll also ein Urtheil gewiß seyn, so muß zur Wahrheit noch etwas hinzukommen, welches uns wider das Blendwerck in Sicherheit setzet: und dieses aussündig zu machen, ist res altioris inda- ginis.
§. 9. Eine Sache auf die rechte Art einsehen, macht sie gewiß.
Bey allen meinen Wahrheiten wissen wir ietzo, daß das Demonstriren eine solche Gewißheit her- vorbringt. Was man durch Demonstration weiß, davon lässet man sich durch kein Blendwerck abwen- dig machen. Aber eben dieses erhält man auch bey consequentiis immediatis, iedoch auf eine andere Art. Ja! da Rechnungen keine eigentlichen Schlüsse sind, und dennoch eben die Gewißheit, wie Schlüsse und Demonstrationen, gewehren: so siehet man, daß die Gewißheit nicht in den Schlüssen bestehe, sondern darinne: wenn man jeden Satz auf die rechte Art einsiehet, und auf dem rechten Wege zu ihn gelanget. Denn so muß eine allgemeine Wahrheit, wenn sie uns gewiß seyn soll, nicht et- wa als ein blosser Einfall, ausser ihrer Verbin- dung, noch durch blosses Hören erkannt werden: sondern, wenn sie eine consequentia immediata ist, so muß man sie auch als eine consequentiam imme- diatam einsehen: hingegen als ein corollarium, wenn sie würcklich an sich ein corollarium ist, und
als
Neuntes Capitel,
und eingeſehen werden: von welchen Arten der Er- kentniß nicht zu verlangen iſt, daß ein unveraͤnder- liches Urtheil in der Seele daraus entſtehen ſollte. Soll alſo ein Urtheil gewiß ſeyn, ſo muß zur Wahrheit noch etwas hinzukommen, welches uns wider das Blendwerck in Sicherheit ſetzet: und dieſes ausſuͤndig zu machen, iſt res altioris inda- ginis.
§. 9. Eine Sache auf die rechte Art einſehen, macht ſie gewiß.
Bey allen meinen Wahrheiten wiſſen wir ietzo, daß das Demonſtriren eine ſolche Gewißheit her- vorbringt. Was man durch Demonſtration weiß, davon laͤſſet man ſich durch kein Blendwerck abwen- dig machen. Aber eben dieſes erhaͤlt man auch bey conſequentiis immediatis, iedoch auf eine andere Art. Ja! da Rechnungen keine eigentlichen Schluͤſſe ſind, und dennoch eben die Gewißheit, wie Schluͤſſe und Demonſtrationen, gewehren: ſo ſiehet man, daß die Gewißheit nicht in den Schluͤſſen beſtehe, ſondern darinne: wenn man jeden Satz auf die rechte Art einſiehet, und auf dem rechten Wege zu ihn gelanget. Denn ſo muß eine allgemeine Wahrheit, wenn ſie uns gewiß ſeyn ſoll, nicht et- wa als ein bloſſer Einfall, auſſer ihrer Verbin- dung, noch durch bloſſes Hoͤren erkannt werden: ſondern, wenn ſie eine conſequentia immediata iſt, ſo muß man ſie auch als eine conſequentiam imme- diatam einſehen: hingegen als ein corollarium, wenn ſie wuͤrcklich an ſich ein corollarium iſt, und
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Neuntes Capitel,
und eingeſehen werden: von welchen Arten der Er-
kentniß nicht zu verlangen iſt, daß ein unveraͤnder-
liches Urtheil in der Seele daraus entſtehen ſollte.
Soll alſo ein Urtheil gewiß ſeyn, ſo muß zur
Wahrheit noch etwas hinzukommen, welches
uns wider das Blendwerck in Sicherheit ſetzet: und
dieſes ausſuͤndig zu machen, iſt res altioris inda-
ginis.
§. 9.
Eine Sache auf die rechte Art einſehen, macht ſie
gewiß.
Bey allen meinen Wahrheiten wiſſen wir ietzo,
daß das Demonſtriren eine ſolche Gewißheit her-
vorbringt. Was man durch Demonſtration weiß,
davon laͤſſet man ſich durch kein Blendwerck abwen-
dig machen. Aber eben dieſes erhaͤlt man auch bey
conſequentiis immediatis, iedoch auf eine andere
Art. Ja! da Rechnungen keine eigentlichen Schluͤſſe
ſind, und dennoch eben die Gewißheit, wie Schluͤſſe
und Demonſtrationen, gewehren: ſo ſiehet man,
daß die Gewißheit nicht in den Schluͤſſen beſtehe,
ſondern darinne: wenn man jeden Satz auf die
rechte Art einſiehet, und auf dem rechten Wege
zu ihn gelanget. Denn ſo muß eine allgemeine
Wahrheit, wenn ſie uns gewiß ſeyn ſoll, nicht et-
wa als ein bloſſer Einfall, auſſer ihrer Verbin-
dung, noch durch bloſſes Hoͤren erkannt werden:
ſondern, wenn ſie eine conſequentia immediata iſt,
ſo muß man ſie auch als eine conſequentiam imme-
diatam einſehen: hingegen als ein corollarium,
wenn ſie wuͤrcklich an ſich ein corollarium iſt, und
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/326>, abgerufen am 03.03.2025.
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