Darinnen bestehet nun das Erklären der Geschichte, welches von dem Erläutern dersel- ben, wodurch man ungegründeten und nachtheili- gen Urtheilen vorbauet (§. 28. C. 6.), nicht zu vermengen ist: Daß man jedes von den vorher- gegangenen Begebenheiten, so weit in seiner Er- zehlung aus und anführet, daß das nachfolgende entweder mit der gesunden Vernunfft, oder nach den bemerckten Fehlern, Untugenden und Lastern der Menschen, mit zu Hülffenehmung der mensch- lichen Freyheit, zu einer natürlichen, und be- greifflichen Entschlüssung wird; so daß weder die Sache als ohne allen Grund geschehen, vor- getragen wird; welchen Fall der menschliche Ver- stand abhorrirt, und nicht glauben kan, noch auch etwas widersprechendes darinnen hervorleuchtet. Denn so, wenn man von zwey guten Freunden erzehlt hat, nachher aber lauter Feindseligkeiten anführete, die sie einander angethan; so ist die Geschichte, der Erzehlung nach, widersprechend: Sie wird aber begreifflich, wenn man die Bege- benheit an rechten Orte anführet, wie sie mit ein- ander zerfaller, und Feinde geworden sind. Der- gleichen Erklärung giebt Cicero, warum Pom- pejus in so kurtzer Zeit den Krieg wider die Seeräuber so bald zu Ende gebracht, und sonst in kurtzer Zeit so grosse Thaten gethan habe: Orat. pro L. Manilia c. XIV. Vnde illam tan- tam celeritatem, et tam incredibilem cursum in-
uentum
v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc.
§. 50. Geſchichte erklaͤren.
Darinnen beſtehet nun das Erklaͤren der Geſchichte, welches von dem Erlaͤutern derſel- ben, wodurch man ungegruͤndeten und nachtheili- gen Urtheilen vorbauet (§. 28. C. 6.), nicht zu vermengen iſt: Daß man jedes von den vorher- gegangenen Begebenheiten, ſo weit in ſeiner Er- zehlung aus und anfuͤhret, daß das nachfolgende entweder mit der geſunden Vernunfft, oder nach den bemerckten Fehlern, Untugenden und Laſtern der Menſchen, mit zu Huͤlffenehmung der menſch- lichen Freyheit, zu einer natuͤrlichen, und be- greifflichen Entſchluͤſſung wird; ſo daß weder die Sache als ohne allen Grund geſchehen, vor- getragen wird; welchen Fall der menſchliche Ver- ſtand abhorrirt, und nicht glauben kan, noch auch etwas widerſprechendes darinnen hervorleuchtet. Denn ſo, wenn man von zwey guten Freunden erzehlt hat, nachher aber lauter Feindſeligkeiten anfuͤhrete, die ſie einander angethan; ſo iſt die Geſchichte, der Erzehlung nach, widerſprechend: Sie wird aber begreifflich, wenn man die Bege- benheit an rechten Orte anfuͤhret, wie ſie mit ein- ander zerfaller, und Feinde geworden ſind. Der- gleichen Erklaͤrung giebt Cicero, warum Pom- pejus in ſo kurtzer Zeit den Krieg wider die Seeraͤuber ſo bald zu Ende gebracht, und ſonſt in kurtzer Zeit ſo groſſe Thaten gethan habe: Orat. pro L. Manilia c. XIV. Vnde illam tan- tam celeritatem, et tam incredibilem curſum in-
uentum
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[271/0307]
v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc.
§. 50.
Geſchichte erklaͤren.
Darinnen beſtehet nun das Erklaͤren der
Geſchichte, welches von dem Erlaͤutern derſel-
ben, wodurch man ungegruͤndeten und nachtheili-
gen Urtheilen vorbauet (§. 28. C. 6.), nicht zu
vermengen iſt: Daß man jedes von den vorher-
gegangenen Begebenheiten, ſo weit in ſeiner Er-
zehlung aus und anfuͤhret, daß das nachfolgende
entweder mit der geſunden Vernunfft, oder nach
den bemerckten Fehlern, Untugenden und Laſtern
der Menſchen, mit zu Huͤlffenehmung der menſch-
lichen Freyheit, zu einer natuͤrlichen, und be-
greifflichen Entſchluͤſſung wird; ſo daß weder
die Sache als ohne allen Grund geſchehen, vor-
getragen wird; welchen Fall der menſchliche Ver-
ſtand abhorrirt, und nicht glauben kan, noch auch
etwas widerſprechendes darinnen hervorleuchtet.
Denn ſo, wenn man von zwey guten Freunden
erzehlt hat, nachher aber lauter Feindſeligkeiten
anfuͤhrete, die ſie einander angethan; ſo iſt die
Geſchichte, der Erzehlung nach, widerſprechend:
Sie wird aber begreifflich, wenn man die Bege-
benheit an rechten Orte anfuͤhret, wie ſie mit ein-
ander zerfaller, und Feinde geworden ſind. Der-
gleichen Erklaͤrung giebt Cicero, warum Pom-
pejus in ſo kurtzer Zeit den Krieg wider die
Seeraͤuber ſo bald zu Ende gebracht, und ſonſt
in kurtzer Zeit ſo groſſe Thaten gethan habe:
Orat. pro L. Manilia c. XIV. Vnde illam tan-
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/307>, abgerufen am 21.12.2024.
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