Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

v. d. Zusammenhange d. Begebenh. etc.
und überdrüßig. Auf diese Art kommt man
einem so genannten Causalschluß gar nahe. Aber
die Wahrheit zu sagen: So werden diese Un-
glücksfälle diesen grossen Kayser wohl nicht
allein zu einer so wichtigen und ungewöhnlichen
Entschlüssung bewogen haben. Man nimmt
daher auch seine abnehmende Leibeskräffte zu
Hülffe, die ihn die Ruhe zu wünschen veranlasset.
Aber da so viele Menschen die mit Unglücksfällen
und Leibesschwachheit beladen sind, dennoch sich zu
Ablegung ihrer Würden nicht entschliessen, so
möchten wohl diese beyden Umstände, die Gele-
genheit gedachter Entschlüssung noch nicht exhau-
riren. Es muß vielmehr das Uebrige aus der
besondern Gedenckart dieses Monarchens geflos-
sen seyn.

§. 15.
Wie man eine besondere Gedenckart be-
greifflich macht.

Wenn man aber die besondere Gedenckart, die
man bey einer Entschlüssung braucht, erklären soll, so
nimmt man gemeiniglich die nächste Art, genus
proximum, siue speciem,
unter welcher die beson-
dere Gedenckart, die sich nicht wohl beschreiben
lässet, enthalten ist. Constantin der Grosse, hat
nach seiner Klugheit, das Römische Reich vor all-
zugroß angesehen, als daß es von einem Haupte
könnte defendirt werden. Haben aber nicht an-
dere Kayser vor ihn auch diese Schwierigkeit ge-
sehen? ohne doch das Reich zu theilen? Chri-
stiern ist grausam gewesen, darum hat er den

Schwe-

v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc.
und uͤberdruͤßig. Auf dieſe Art kommt man
einem ſo genannten Cauſalſchluß gar nahe. Aber
die Wahrheit zu ſagen: So werden dieſe Un-
gluͤcksfaͤlle dieſen groſſen Kayſer wohl nicht
allein zu einer ſo wichtigen und ungewoͤhnlichen
Entſchluͤſſung bewogen haben. Man nimmt
daher auch ſeine abnehmende Leibeskraͤffte zu
Huͤlffe, die ihn die Ruhe zu wuͤnſchen veranlaſſet.
Aber da ſo viele Menſchen die mit Ungluͤcksfaͤllen
und Leibesſchwachheit beladen ſind, dennoch ſich zu
Ablegung ihrer Wuͤrden nicht entſchlieſſen, ſo
moͤchten wohl dieſe beyden Umſtaͤnde, die Gele-
genheit gedachter Entſchluͤſſung noch nicht exhau-
riren. Es muß vielmehr das Uebrige aus der
beſondern Gedenckart dieſes Monarchens gefloſ-
ſen ſeyn.

§. 15.
Wie man eine beſondere Gedenckart be-
greifflich macht.

Wenn man aber die beſondere Gedenckart, die
man bey einer Entſchluͤſſung braucht, erklaͤren ſoll, ſo
nimmt man gemeiniglich die naͤchſte Art, genus
proximum, ſiue ſpeciem,
unter welcher die beſon-
dere Gedenckart, die ſich nicht wohl beſchreiben
laͤſſet, enthalten iſt. Conſtantin der Groſſe, hat
nach ſeiner Klugheit, das Roͤmiſche Reich vor all-
zugroß angeſehen, als daß es von einem Haupte
koͤnnte defendirt werden. Haben aber nicht an-
dere Kayſer vor ihn auch dieſe Schwierigkeit ge-
ſehen? ohne doch das Reich zu theilen? Chri-
ſtiern iſt grauſam geweſen, darum hat er den

Schwe-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0259" n="223"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">v. d. Zu&#x017F;ammenhange d. Begebenh. &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
und u&#x0364;berdru&#x0364;ßig. Auf die&#x017F;e Art kommt man<lb/>
einem &#x017F;o genannten Cau&#x017F;al&#x017F;chluß gar nahe. Aber<lb/>
die Wahrheit zu &#x017F;agen: So werden die&#x017F;e Un-<lb/>
glu&#x0364;cksfa&#x0364;lle die&#x017F;en gro&#x017F;&#x017F;en Kay&#x017F;er wohl nicht<lb/>
allein zu einer &#x017F;o wichtigen und ungewo&#x0364;hnlichen<lb/>
Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung bewogen haben. Man nimmt<lb/>
daher auch &#x017F;eine abnehmende Leibeskra&#x0364;ffte zu<lb/>
Hu&#x0364;lffe, die ihn die Ruhe zu wu&#x0364;n&#x017F;chen veranla&#x017F;&#x017F;et.<lb/>
Aber da &#x017F;o viele Men&#x017F;chen die mit Unglu&#x0364;cksfa&#x0364;llen<lb/>
und Leibes&#x017F;chwachheit beladen &#x017F;ind, dennoch &#x017F;ich zu<lb/>
Ablegung ihrer Wu&#x0364;rden nicht ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o<lb/>
mo&#x0364;chten wohl die&#x017F;e beyden Um&#x017F;ta&#x0364;nde, die Gele-<lb/>
genheit gedachter Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung noch nicht exhau-<lb/>
riren. Es muß vielmehr das Uebrige aus der<lb/>
be&#x017F;ondern Gedenckart die&#x017F;es Monarchens geflo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;eyn.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 15.<lb/>
Wie man eine be&#x017F;ondere Gedenckart be-<lb/>
greifflich macht.</head><lb/>
          <p>Wenn man aber die be&#x017F;ondere Gedenckart, die<lb/>
man bey einer Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung braucht, erkla&#x0364;ren &#x017F;oll, &#x017F;o<lb/>
nimmt man gemeiniglich die <hi rendition="#fr">na&#x0364;ch&#x017F;te Art,</hi> <hi rendition="#aq">genus<lb/>
proximum, &#x017F;iue &#x017F;peciem,</hi> unter welcher die be&#x017F;on-<lb/>
dere Gedenckart, die &#x017F;ich nicht wohl be&#x017F;chreiben<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, enthalten i&#x017F;t. Con&#x017F;tantin der Gro&#x017F;&#x017F;e, hat<lb/>
nach &#x017F;einer Klugheit, das Ro&#x0364;mi&#x017F;che Reich vor all-<lb/>
zugroß ange&#x017F;ehen, als daß es von einem Haupte<lb/>
ko&#x0364;nnte defendirt werden. Haben aber nicht an-<lb/>
dere Kay&#x017F;er vor ihn auch die&#x017F;e Schwierigkeit ge-<lb/>
&#x017F;ehen? ohne doch das Reich zu theilen? Chri-<lb/>
&#x017F;tiern i&#x017F;t <hi rendition="#fr">grau&#x017F;am</hi> gewe&#x017F;en, darum hat er den<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Schwe-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0259] v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc. und uͤberdruͤßig. Auf dieſe Art kommt man einem ſo genannten Cauſalſchluß gar nahe. Aber die Wahrheit zu ſagen: So werden dieſe Un- gluͤcksfaͤlle dieſen groſſen Kayſer wohl nicht allein zu einer ſo wichtigen und ungewoͤhnlichen Entſchluͤſſung bewogen haben. Man nimmt daher auch ſeine abnehmende Leibeskraͤffte zu Huͤlffe, die ihn die Ruhe zu wuͤnſchen veranlaſſet. Aber da ſo viele Menſchen die mit Ungluͤcksfaͤllen und Leibesſchwachheit beladen ſind, dennoch ſich zu Ablegung ihrer Wuͤrden nicht entſchlieſſen, ſo moͤchten wohl dieſe beyden Umſtaͤnde, die Gele- genheit gedachter Entſchluͤſſung noch nicht exhau- riren. Es muß vielmehr das Uebrige aus der beſondern Gedenckart dieſes Monarchens gefloſ- ſen ſeyn. §. 15. Wie man eine beſondere Gedenckart be- greifflich macht. Wenn man aber die beſondere Gedenckart, die man bey einer Entſchluͤſſung braucht, erklaͤren ſoll, ſo nimmt man gemeiniglich die naͤchſte Art, genus proximum, ſiue ſpeciem, unter welcher die beſon- dere Gedenckart, die ſich nicht wohl beſchreiben laͤſſet, enthalten iſt. Conſtantin der Groſſe, hat nach ſeiner Klugheit, das Roͤmiſche Reich vor all- zugroß angeſehen, als daß es von einem Haupte koͤnnte defendirt werden. Haben aber nicht an- dere Kayſer vor ihn auch dieſe Schwierigkeit ge- ſehen? ohne doch das Reich zu theilen? Chri- ſtiern iſt grauſam geweſen, darum hat er den Schwe-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/259
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/259>, abgerufen am 13.11.2024.