Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebentes Capitel,
weder seiner Natur nach, als ein Aufzug, eine
Feuersbrunst, oder auch zufälliger Weise in Bey-
seyn vieler fremden Personen geschiehet, das ge-
schiehet öffentlich; doch ist zu mercken, daß was
von einer grossen Menge geschiehet, vor öffent-
lich zu halten ist, wenn auch sonst fast niemand,
als Hauptpersonen dabey zugegen wären: Z. E.
was ein Kriegsheer thut, das geschiehet öffent-
lich,
indem bey so grossen Mengen, in Ansehung
der Partialhandlungen schon immer einer in An-
sehung eines andern, als ein Fremder kan be-
trachtet werden.

§. 2.
Die Ausbreitung geschiehet von den Gegen-
wärtigen zu den Abwesenden.

Die Personen, die mit einem Vorgange und
Geschichte selbst zu thun haben, sind in Anse-
hung der Ausbreitung der Geschichte mit denen
Fremden, oder blossen Zuschauern vor einer-
ley zu achten. Denn es kommt auf sinnliche
Dinge an, die der Zuschauer so gut wissen kan,
als der es selbst thut. Beyden ist natürlich, daß
sie, was sie gesehen haben, andern erzehlen
können:
obgleich etwa der eine mehr Ursach zu
schweigen hat, als der andere. Und es kommt
nur darauf an, ob dieser oder jener das Vorgegan-
gene würcklich erzehlet, oder nicht? Wollte
man nun, wie es in unserer Abhandlung nöthig
ist, allgemein reden, und sowohl den Thäter, als
den blossen Zuschauer unter ein Geschlecht brin-
gen, so müssen wir sie gegenwärtig Gewesene,

oder

Siebentes Capitel,
weder ſeiner Natur nach, als ein Aufzug, eine
Feuersbrunſt, oder auch zufaͤlliger Weiſe in Bey-
ſeyn vieler fremden Perſonen geſchiehet, das ge-
ſchiehet oͤffentlich; doch iſt zu mercken, daß was
von einer groſſen Menge geſchiehet, vor oͤffent-
lich zu halten iſt, wenn auch ſonſt faſt niemand,
als Hauptperſonen dabey zugegen waͤren: Z. E.
was ein Kriegsheer thut, das geſchiehet oͤffent-
lich,
indem bey ſo groſſen Mengen, in Anſehung
der Partialhandlungen ſchon immer einer in An-
ſehung eines andern, als ein Fremder kan be-
trachtet werden.

§. 2.
Die Ausbreitung geſchiehet von den Gegen-
waͤrtigen zu den Abweſenden.

Die Perſonen, die mit einem Vorgange und
Geſchichte ſelbſt zu thun haben, ſind in Anſe-
hung der Ausbreitung der Geſchichte mit denen
Fremden, oder bloſſen Zuſchauern vor einer-
ley zu achten. Denn es kommt auf ſinnliche
Dinge an, die der Zuſchauer ſo gut wiſſen kan,
als der es ſelbſt thut. Beyden iſt natuͤrlich, daß
ſie, was ſie geſehen haben, andern erzehlen
koͤnnen:
obgleich etwa der eine mehr Urſach zu
ſchweigen hat, als der andere. Und es kommt
nur darauf an, ob dieſer oder jener das Vorgegan-
gene wuͤrcklich erzehlet, oder nicht? Wollte
man nun, wie es in unſerer Abhandlung noͤthig
iſt, allgemein reden, und ſowohl den Thaͤter, als
den bloſſen Zuſchauer unter ein Geſchlecht brin-
gen, ſo muͤſſen wir ſie gegenwaͤrtig Geweſene,

oder
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0192" n="156"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebentes Capitel,</hi></fw><lb/>
weder &#x017F;einer Natur nach, als ein Aufzug, eine<lb/>
Feuersbrun&#x017F;t, oder auch zufa&#x0364;lliger Wei&#x017F;e in Bey-<lb/>
&#x017F;eyn vieler fremden Per&#x017F;onen ge&#x017F;chiehet, das ge-<lb/>
&#x017F;chiehet <hi rendition="#fr">o&#x0364;ffentlich;</hi> doch i&#x017F;t zu mercken, daß was<lb/>
von einer <hi rendition="#fr">gro&#x017F;&#x017F;en Menge</hi> ge&#x017F;chiehet, vor o&#x0364;ffent-<lb/>
lich zu halten i&#x017F;t, wenn auch &#x017F;on&#x017F;t fa&#x017F;t niemand,<lb/>
als Hauptper&#x017F;onen dabey zugegen wa&#x0364;ren: Z. E.<lb/>
was ein <choice><sic>Kriegsheeer</sic><corr>Kriegsheer</corr></choice> thut, das ge&#x017F;chiehet <hi rendition="#fr">o&#x0364;ffent-<lb/>
lich,</hi> indem bey &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;en Mengen, in An&#x017F;ehung<lb/>
der Partialhandlungen &#x017F;chon immer einer in An-<lb/>
&#x017F;ehung eines andern, als ein <hi rendition="#fr">Fremder</hi> kan be-<lb/>
trachtet werden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 2.<lb/>
Die Ausbreitung ge&#x017F;chiehet von den Gegen-<lb/>
wa&#x0364;rtigen zu den Abwe&#x017F;enden.</head><lb/>
          <p>Die Per&#x017F;onen, die mit einem Vorgange und<lb/>
Ge&#x017F;chichte &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#fr">zu thun haben,</hi> &#x017F;ind in An&#x017F;e-<lb/>
hung der Ausbreitung der Ge&#x017F;chichte mit denen<lb/>
Fremden, oder <hi rendition="#fr">blo&#x017F;&#x017F;en Zu&#x017F;chauern</hi> vor einer-<lb/>
ley zu achten. Denn es kommt auf <hi rendition="#fr">&#x017F;innliche</hi><lb/>
Dinge an, die der Zu&#x017F;chauer &#x017F;o gut wi&#x017F;&#x017F;en kan,<lb/>
als der es &#x017F;elb&#x017F;t thut. Beyden i&#x017F;t natu&#x0364;rlich, daß<lb/>
&#x017F;ie, was &#x017F;ie ge&#x017F;ehen haben, andern <hi rendition="#fr">erzehlen<lb/>
ko&#x0364;nnen:</hi> obgleich etwa der eine mehr <hi rendition="#fr">Ur&#x017F;ach</hi> zu<lb/>
&#x017F;chweigen hat, als der andere. Und es kommt<lb/>
nur darauf an, ob die&#x017F;er oder jener das Vorgegan-<lb/>
gene <hi rendition="#fr">wu&#x0364;rcklich</hi> erzehlet, oder nicht? Wollte<lb/>
man nun, wie es in un&#x017F;erer Abhandlung no&#x0364;thig<lb/>
i&#x017F;t, allgemein reden, und &#x017F;owohl den Tha&#x0364;ter, als<lb/>
den blo&#x017F;&#x017F;en Zu&#x017F;chauer unter <hi rendition="#fr">ein</hi> Ge&#x017F;chlecht brin-<lb/>
gen, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir &#x017F;ie <hi rendition="#fr">gegenwa&#x0364;rtig Gewe&#x017F;ene,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">oder</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0192] Siebentes Capitel, weder ſeiner Natur nach, als ein Aufzug, eine Feuersbrunſt, oder auch zufaͤlliger Weiſe in Bey- ſeyn vieler fremden Perſonen geſchiehet, das ge- ſchiehet oͤffentlich; doch iſt zu mercken, daß was von einer groſſen Menge geſchiehet, vor oͤffent- lich zu halten iſt, wenn auch ſonſt faſt niemand, als Hauptperſonen dabey zugegen waͤren: Z. E. was ein Kriegsheer thut, das geſchiehet oͤffent- lich, indem bey ſo groſſen Mengen, in Anſehung der Partialhandlungen ſchon immer einer in An- ſehung eines andern, als ein Fremder kan be- trachtet werden. §. 2. Die Ausbreitung geſchiehet von den Gegen- waͤrtigen zu den Abweſenden. Die Perſonen, die mit einem Vorgange und Geſchichte ſelbſt zu thun haben, ſind in Anſe- hung der Ausbreitung der Geſchichte mit denen Fremden, oder bloſſen Zuſchauern vor einer- ley zu achten. Denn es kommt auf ſinnliche Dinge an, die der Zuſchauer ſo gut wiſſen kan, als der es ſelbſt thut. Beyden iſt natuͤrlich, daß ſie, was ſie geſehen haben, andern erzehlen koͤnnen: obgleich etwa der eine mehr Urſach zu ſchweigen hat, als der andere. Und es kommt nur darauf an, ob dieſer oder jener das Vorgegan- gene wuͤrcklich erzehlet, oder nicht? Wollte man nun, wie es in unſerer Abhandlung noͤthig iſt, allgemein reden, und ſowohl den Thaͤter, als den bloſſen Zuſchauer unter ein Geſchlecht brin- gen, ſo muͤſſen wir ſie gegenwaͤrtig Geweſene, oder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/192
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/192>, abgerufen am 21.12.2024.