diese Blendung, als durch andere Sophistereyen beeinträchtigen zu lassen. Manche Menschen sind auch an sich zur Weitläufftigkeit geneigt. Ueberhaupt also, eine Geschichte weitläufftiger zu erzehlen, als es die Absicht der Erzehlung erfor- dert, heisset dieselbe ausdehnen.
§. 32. Geschichte verdrehen.
Eine Geschichte hat ihrer innerlichen Beschaf- fenheit nach ihre gewisse Arten, oder wenigstens ihre gewisse Gestalt, die aber freylich sehr durch die Art der Erzehlungen kan geändert werden (§. 27.); wer aber die Geschichte so ändert, daß sie eine andere Gestalt bekommt, oder gar von einer andern Art wird, als aus einer Forderung eine Schuld, derselbe verdrehet die Geschich- te. Dieses Verdrehen geschiehet denn theils durchs Verdunckeln (§. 22. 23. 24.), theils durchs Ver- stümmeln (§. 25.), theils auch durchs Vergrös- sern. Ein recht grosses Exempel solcher Verdre- hungskunst findet man in Arnolds Kirchen- und Ketzergeschichte; worinnen das Verfahren der rechtschaffensten Leute auf das gehäßigste vorge- stellet, ihre Fehler vergrössert, hingegen die Bos- heiten der Ketzer verkleinert, und dadurch der gantzen Kirchengeschichte eine scheußliche Gestalt gegeben worden. Dergleichen Verdrehungen muß denn durch eine wahre Erzehlung begeg- net werden, die das Verdrehete wieder in seinen rechten Stand setzet. Denn zu einer wahren Erzehlung ist nicht alleine nöthig, daß alle
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v. d. Verwandelung der Geſchichte ꝛc.
dieſe Blendung, als durch andere Sophiſtereyen beeintraͤchtigen zu laſſen. Manche Menſchen ſind auch an ſich zur Weitlaͤufftigkeit geneigt. Ueberhaupt alſo, eine Geſchichte weitlaͤufftiger zu erzehlen, als es die Abſicht der Erzehlung erfor- dert, heiſſet dieſelbe ausdehnen.
§. 32. Geſchichte verdrehen.
Eine Geſchichte hat ihrer innerlichen Beſchaf- fenheit nach ihre gewiſſe Arten, oder wenigſtens ihre gewiſſe Geſtalt, die aber freylich ſehr durch die Art der Erzehlungen kan geaͤndert werden (§. 27.); wer aber die Geſchichte ſo aͤndert, daß ſie eine andere Geſtalt bekommt, oder gar von einer andern Art wird, als aus einer Forderung eine Schuld, derſelbe verdrehet die Geſchich- te. Dieſes Verdrehen geſchiehet denn theils durchs Verdunckeln (§. 22. 23. 24.), theils durchs Ver- ſtuͤmmeln (§. 25.), theils auch durchs Vergroͤſ- ſern. Ein recht groſſes Exempel ſolcher Verdre- hungskunſt findet man in Arnolds Kirchen- und Ketzergeſchichte; worinnen das Verfahren der rechtſchaffenſten Leute auf das gehaͤßigſte vorge- ſtellet, ihre Fehler vergroͤſſert, hingegen die Bos- heiten der Ketzer verkleinert, und dadurch der gantzen Kirchengeſchichte eine ſcheußliche Geſtalt gegeben worden. Dergleichen Verdrehungen muß denn durch eine wahre Erzehlung begeg- net werden, die das Verdrehete wieder in ſeinen rechten Stand ſetzet. Denn zu einer wahren Erzehlung iſt nicht alleine noͤthig, daß alle
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v. d. Verwandelung der Geſchichte ꝛc.
dieſe Blendung, als durch andere Sophiſtereyen
beeintraͤchtigen zu laſſen. Manche Menſchen
ſind auch an ſich zur Weitlaͤufftigkeit geneigt.
Ueberhaupt alſo, eine Geſchichte weitlaͤufftiger zu
erzehlen, als es die Abſicht der Erzehlung erfor-
dert, heiſſet dieſelbe ausdehnen.
§. 32.
Geſchichte verdrehen.
Eine Geſchichte hat ihrer innerlichen Beſchaf-
fenheit nach ihre gewiſſe Arten, oder wenigſtens
ihre gewiſſe Geſtalt, die aber freylich ſehr durch
die Art der Erzehlungen kan geaͤndert werden
(§. 27.); wer aber die Geſchichte ſo aͤndert, daß
ſie eine andere Geſtalt bekommt, oder gar von
einer andern Art wird, als aus einer Forderung
eine Schuld, derſelbe verdrehet die Geſchich-
te. Dieſes Verdrehen geſchiehet denn theils durchs
Verdunckeln (§. 22. 23. 24.), theils durchs Ver-
ſtuͤmmeln (§. 25.), theils auch durchs Vergroͤſ-
ſern. Ein recht groſſes Exempel ſolcher Verdre-
hungskunſt findet man in Arnolds Kirchen- und
Ketzergeſchichte; worinnen das Verfahren der
rechtſchaffenſten Leute auf das gehaͤßigſte vorge-
ſtellet, ihre Fehler vergroͤſſert, hingegen die Bos-
heiten der Ketzer verkleinert, und dadurch der
gantzen Kirchengeſchichte eine ſcheußliche Geſtalt
gegeben worden. Dergleichen Verdrehungen
muß denn durch eine wahre Erzehlung begeg-
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rechten Stand ſetzet. Denn zu einer wahren
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/185>, abgerufen am 13.11.2024.
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