Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.Sechstes Capitel, griffes, dem man in seiner Erzehlung folget (§. 18.),zu erzehlen übrig ist: es geschiehet aber dennoch, daß man aus Mangel der Zeit, oder durch an- dere Zufälle, die Geschichte nicht hinaus er- zehlen kan. Dieses aber kan in der historischen Erkentniß nichts ändern; denn es ist nichts zu thun, als daß man die Geschichte zu seiner Zeit fortsetze. Eine Aenderung aber in der Vor- stellung ist, wenn man den letztern Theil der Ge- schichte nur in einen sehr kleinen Auszug bringet, und nur das Hauptwerck in ein oder ein paar Sä- tzen vorträget, welche ungleiche Eintheilung ab- brechen, oder auch abschnappen genennet wird. §. 31. Geschichte ausdehnen. Da die Geschichte in gantz verschiedener Kür- diese
Sechſtes Capitel, griffes, dem man in ſeiner Erzehlung folget (§. 18.),zu erzehlen uͤbrig iſt: es geſchiehet aber dennoch, daß man aus Mangel der Zeit, oder durch an- dere Zufaͤlle, die Geſchichte nicht hinaus er- zehlen kan. Dieſes aber kan in der hiſtoriſchen Erkentniß nichts aͤndern; denn es iſt nichts zu thun, als daß man die Geſchichte zu ſeiner Zeit fortſetze. Eine Aenderung aber in der Vor- ſtellung iſt, wenn man den letztern Theil der Ge- ſchichte nur in einen ſehr kleinen Auszug bringet, und nur das Hauptwerck in ein oder ein paar Saͤ- tzen vortraͤget, welche ungleiche Eintheilung ab- brechen, oder auch abſchnappen genennet wird. §. 31. Geſchichte ausdehnen. Da die Geſchichte in gantz verſchiedener Kuͤr- dieſe
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Sechſtes Capitel,
griffes, dem man in ſeiner Erzehlung folget (§. 18.),
zu erzehlen uͤbrig iſt: es geſchiehet aber dennoch,
daß man aus Mangel der Zeit, oder durch an-
dere Zufaͤlle, die Geſchichte nicht hinaus er-
zehlen kan. Dieſes aber kan in der hiſtoriſchen
Erkentniß nichts aͤndern; denn es iſt nichts zu
thun, als daß man die Geſchichte zu ſeiner Zeit
fortſetze. Eine Aenderung aber in der Vor-
ſtellung iſt, wenn man den letztern Theil der Ge-
ſchichte nur in einen ſehr kleinen Auszug bringet,
und nur das Hauptwerck in ein oder ein paar Saͤ-
tzen vortraͤget, welche ungleiche Eintheilung ab-
brechen, oder auch abſchnappen genennet wird.
§. 31.
Geſchichte ausdehnen.
Da die Geſchichte in gantz verſchiedener Kuͤr-
tze, oder auch in verſchiedener Weitlaͤufftigkeit
koͤnnen erzehlt werden, ſo geſchiehet ſolches nicht
allein wegen der Abſicht, die die gantze Erzeh-
lung hat, ſondern auch wegen anderer Umſtaͤnde.
Was beſonders die Erweiterung antrifft, ſo iſt
es vor das noͤthige und vernuͤnfftige Maaß aller
Arten von Abhandlungen ein ſehr gefaͤhrlicher Um-
ſtand, daß viele gerne groſſe Buͤcher haben,
dergeſtalt daß ſelbſt bey manchen Gelehrten, die
uͤber ſolche ſinnliche Blendungen weit ſollten erha-
ben ſeyn, ein Buch in Folio, und ein ſtarckes
volumen, einen beſondern Eindruck macht. Nun
erfordert die Klugheit, ſich wie in andere Schwach-
heiten der Menſchen, alſo auch in dieſe zu ſchi-
cken, und eine gerechte Sache ſo wenig durch
dieſe
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