Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.v. d. Verwandelung der Geschichte etc. falscher und erdichteter Umstände bey der Erzeh-lung geschiehet: als wenn man die Anzahl der Regimenter höher angiebt, als wie sie sind, so ist das eine Vergrösserung, weil sie sich auf ei- ne Unwahrheit gründet: wenn man aber an statt der Regimenter und ihrer Anzahl erzehlet, wie viel Bataillons oder gar Compagnien beysammen sind, so stellet man durch die ungleich grössere Zahl die Sache groß vor; denn in der Sache und Wahrheit selbst wird nichts geändert. Der Kaufmann, der in einem Conto eine falsche Sum- ma einrückt, der vergrössert die Sache; wenn er aber nur an statt der Thaler, Gulden, oder gar Livres rechnete, der stellt nur die Sache groß vor: und man weiß, was starcke Zahlen auch bey sol- chen Menschen, die doch leicht eine Reduction vornehmen könten, vor einen wunderbaren Ein- druck zu machen pflegen. §. 22. Erste Art, Sachen zu verdunckeln. Man verdunckelt gewisse Umstände, und den
v. d. Verwandelung der Geſchichte ꝛc. falſcher und erdichteter Umſtaͤnde bey der Erzeh-lung geſchiehet: als wenn man die Anzahl der Regimenter hoͤher angiebt, als wie ſie ſind, ſo iſt das eine Vergroͤſſerung, weil ſie ſich auf ei- ne Unwahrheit gruͤndet: wenn man aber an ſtatt der Regimenter und ihrer Anzahl erzehlet, wie viel Bataillons oder gar Compagnien beyſammen ſind, ſo ſtellet man durch die ungleich groͤſſere Zahl die Sache groß vor; denn in der Sache und Wahrheit ſelbſt wird nichts geaͤndert. Der Kaufmann, der in einem Conto eine falſche Sum- ma einruͤckt, der vergroͤſſert die Sache; wenn er aber nur an ſtatt der Thaler, Gulden, oder gar Livres rechnete, der ſtellt nur die Sache groß vor: und man weiß, was ſtarcke Zahlen auch bey ſol- chen Menſchen, die doch leicht eine Reduction vornehmen koͤnten, vor einen wunderbaren Ein- druck zu machen pflegen. §. 22. Erſte Art, Sachen zu verdunckeln. Man verdunckelt gewiſſe Umſtaͤnde, und den
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0175" n="139"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">v. d. Verwandelung der Geſchichte ꝛc.</hi></fw><lb/> falſcher und erdichteter Umſtaͤnde bey der Erzeh-<lb/> lung geſchiehet: als wenn man die <hi rendition="#fr">Anzahl</hi> der<lb/> Regimenter hoͤher angiebt, als wie ſie ſind, ſo<lb/> iſt das eine <hi rendition="#fr">Vergroͤſſerung,</hi> weil ſie ſich auf ei-<lb/> ne Unwahrheit gruͤndet: wenn man aber an ſtatt<lb/> der Regimenter und ihrer <hi rendition="#fr">Anzahl</hi> erzehlet, wie<lb/> viel Bataillons oder gar Compagnien beyſammen<lb/> ſind, ſo ſtellet man durch die ungleich groͤſſere<lb/> Zahl die Sache <hi rendition="#fr">groß</hi> vor; denn in der Sache<lb/> und Wahrheit ſelbſt wird nichts geaͤndert. Der<lb/> Kaufmann, der in einem Conto eine falſche Sum-<lb/> ma einruͤckt, der vergroͤſſert die Sache; wenn er<lb/> aber nur an ſtatt der Thaler, <hi rendition="#fr">Gulden,</hi> oder gar<lb/> Livres rechnete, der ſtellt nur die Sache groß vor:<lb/> und man weiß, was ſtarcke Zahlen auch bey ſol-<lb/> chen Menſchen, die doch leicht eine Reduction<lb/> vornehmen koͤnten, vor einen wunderbaren Ein-<lb/> druck zu machen pflegen.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head>§. 22.<lb/> Erſte Art, Sachen zu verdunckeln.</head><lb/> <p>Man <hi rendition="#fr">verdunckelt</hi> gewiſſe Umſtaͤnde, und<lb/> durch dieſelben die gantze Sache, nicht allein<lb/> durch vorſetzliche Weglaſſung gewiſſer Umſtaͤnde,<lb/> wovon hernach ſoll gehandelt werden, ſondern auch<lb/> auf andere Art. Denn wenn man <hi rendition="#fr">anfangs,</hi><lb/> etwas nur mit <hi rendition="#fr">einem</hi> Worte, oder nur mit <hi rendition="#fr">we-<lb/> nigen</hi> beruͤhret; ſo kan dieſes nothwendig keinen<lb/> ſolchen Eindruck machen, als wenn Seiten lang<lb/> davon gehandelt und geredet wird: es wird von<lb/> denen Leſern und Zuhoͤrern wohl gar wegen ſeiner<lb/> Kuͤrtze uͤberſehen. Es iſt mit Erzehlungen wie mit<lb/> <fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [139/0175]
v. d. Verwandelung der Geſchichte ꝛc.
falſcher und erdichteter Umſtaͤnde bey der Erzeh-
lung geſchiehet: als wenn man die Anzahl der
Regimenter hoͤher angiebt, als wie ſie ſind, ſo
iſt das eine Vergroͤſſerung, weil ſie ſich auf ei-
ne Unwahrheit gruͤndet: wenn man aber an ſtatt
der Regimenter und ihrer Anzahl erzehlet, wie
viel Bataillons oder gar Compagnien beyſammen
ſind, ſo ſtellet man durch die ungleich groͤſſere
Zahl die Sache groß vor; denn in der Sache
und Wahrheit ſelbſt wird nichts geaͤndert. Der
Kaufmann, der in einem Conto eine falſche Sum-
ma einruͤckt, der vergroͤſſert die Sache; wenn er
aber nur an ſtatt der Thaler, Gulden, oder gar
Livres rechnete, der ſtellt nur die Sache groß vor:
und man weiß, was ſtarcke Zahlen auch bey ſol-
chen Menſchen, die doch leicht eine Reduction
vornehmen koͤnten, vor einen wunderbaren Ein-
druck zu machen pflegen.
§. 22.
Erſte Art, Sachen zu verdunckeln.
Man verdunckelt gewiſſe Umſtaͤnde, und
durch dieſelben die gantze Sache, nicht allein
durch vorſetzliche Weglaſſung gewiſſer Umſtaͤnde,
wovon hernach ſoll gehandelt werden, ſondern auch
auf andere Art. Denn wenn man anfangs,
etwas nur mit einem Worte, oder nur mit we-
nigen beruͤhret; ſo kan dieſes nothwendig keinen
ſolchen Eindruck machen, als wenn Seiten lang
davon gehandelt und geredet wird: es wird von
denen Leſern und Zuhoͤrern wohl gar wegen ſeiner
Kuͤrtze uͤberſehen. Es iſt mit Erzehlungen wie mit
den
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |