Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.Sechstes Capitel, gegangen: er habe eine gewisse Menge baarenGeldes in seiner Stube gehabt, er habe sich bey einer gewissen Gelegenheit gelassen bezeigt. Manch- mahl trifft es zu, daß der locus communis, den wir gemacht, auch wahr ist; öffters auch trügen sie. Worauf gemeiniglich ein grosser Theil des Betruges sich gründet, der bey Verheyrathun- gen vorgehet, daß die Verlobten nach der Hoch- zeit die Sachen gantz anders befinden, als vorher. Wer aber mit der historischen Erkentniß umge- het, muß ebenfals diese Gedenckart der Menschen, die nicht zu ändern ist, wohl zu Hertzen nehmen, theils um nicht selbst solche falsche allgemeine An- merckungen zu machen, theils auch manche wi- dersprechende Zeugnisse dadurch zu vereinigen: wie wir ein solch Exempel insbesondere beleuchtet ha- ben, in einer Schrifft, von des Epiphanii Gebet, vor des Bischoffs Johannis zu Jerusalem Recht- gläubigkeit. Opusc. Academ. Tom. II. p. 122. §. 8. Bedächtliche Aussonderung gewisser Stücke der Begebenheit. Da der Sehepunckt eines Zuschauers schon so mit
Sechſtes Capitel, gegangen: er habe eine gewiſſe Menge baarenGeldes in ſeiner Stube gehabt, er habe ſich bey einer gewiſſen Gelegenheit gelaſſen bezeigt. Manch- mahl trifft es zu, daß der locus communis, den wir gemacht, auch wahr iſt; oͤffters auch truͤgen ſie. Worauf gemeiniglich ein groſſer Theil des Betruges ſich gruͤndet, der bey Verheyrathun- gen vorgehet, daß die Verlobten nach der Hoch- zeit die Sachen gantz anders befinden, als vorher. Wer aber mit der hiſtoriſchen Erkentniß umge- het, muß ebenfals dieſe Gedenckart der Menſchen, die nicht zu aͤndern iſt, wohl zu Hertzen nehmen, theils um nicht ſelbſt ſolche falſche allgemeine An- merckungen zu machen, theils auch manche wi- derſprechende Zeugniſſe dadurch zu vereinigen: wie wir ein ſolch Exempel insbeſondere beleuchtet ha- ben, in einer Schrifft, von des Epiphanii Gebet, vor des Biſchoffs Johannis zu Jeruſalem Recht- glaͤubigkeit. Opuſc. Academ. Tom. II. p. 122. §. 8. Bedaͤchtliche Ausſonderung gewiſſer Stuͤcke der Begebenheit. Da der Sehepunckt eines Zuſchauers ſchon ſo mit
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Sechſtes Capitel,
gegangen: er habe eine gewiſſe Menge baaren
Geldes in ſeiner Stube gehabt, er habe ſich bey
einer gewiſſen Gelegenheit gelaſſen bezeigt. Manch-
mahl trifft es zu, daß der locus communis, den
wir gemacht, auch wahr iſt; oͤffters auch truͤgen
ſie. Worauf gemeiniglich ein groſſer Theil des
Betruges ſich gruͤndet, der bey Verheyrathun-
gen vorgehet, daß die Verlobten nach der Hoch-
zeit die Sachen gantz anders befinden, als vorher.
Wer aber mit der hiſtoriſchen Erkentniß umge-
het, muß ebenfals dieſe Gedenckart der Menſchen,
die nicht zu aͤndern iſt, wohl zu Hertzen nehmen,
theils um nicht ſelbſt ſolche falſche allgemeine An-
merckungen zu machen, theils auch manche wi-
derſprechende Zeugniſſe dadurch zu vereinigen: wie
wir ein ſolch Exempel insbeſondere beleuchtet ha-
ben, in einer Schrifft, von des Epiphanii Gebet,
vor des Biſchoffs Johannis zu Jeruſalem Recht-
glaͤubigkeit. Opuſc. Academ. Tom. II. p. 122.
§. 8.
Bedaͤchtliche Ausſonderung gewiſſer Stuͤcke
der Begebenheit.
Da der Sehepunckt eines Zuſchauers ſchon ſo
viel verurſacht, daß die Zuſchauer die Sache nicht
auf einerley Weiſe anſehen (§. 8. ſeqq. C. 5.); ſo
gilt dieſes nochmehr von einer Geſchichte, wenn
es mit derſelben zur Erzehlung kommt. Beym
Zuſchauen ſind wir nicht voͤllig Meiſter, was
wir wahrnehmen wollen, weilen es hauptſaͤchlich
darauf ankommt, was unſere Sinnen am meiſten
und ſtaͤrckſten in Bewegung ſetzet. Ein Kleid
mit
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