mand am meisten beschäfftiget; 2. der Stand, welcher uns am meisten einträgt; 3. der Stand, der am meisten Ehre hat. Der letztere wird ge- meiniglich den andern vorgezogen, und im gemei- nen Leben der Stand eines Menschen genennet: wovon wir die Ursache denen Moralisten zu un- tersuchen und zu beurtheilen überlassen. Jn die- ser Abhandlung aber können wir uns an diesen ge- meinen Maaßstab des Standes nicht halten, sondern der eine wird uns in den meisten Fällen so gut seyn als der andere.
§. 7. Viele Begebenheiten verstehen sich von selbst, andere nicht?
Weil die Beschaffenheit derer verschiedenen Arten von Ständen, aus der Erfahrung schon längst unter den Leuten bekannt ist; so kan man von jedem, wenn uns sein Stand bekannt, gleich aus diesem unsern Begriffe, und a priori vieles einsehen, was ihm, vermöge seines Standes, zu thun oblieget, und was ihm, vermöge dessel- ben, begegnen kan. Hingegen kan es auch ge- schehen, daß in einem Stande sich, wegen der Umstände der Zeit, manches zuträgt, welches man bloß aus dem allgemeinen Begriffe von sol- chem Stande nicht hat einsehen können: als daß eine Gemeinde eine Verfolgung überfällt, dar- auf rechnet jetzo wohl nicht leicht jemand, der ein Predigtamt annimmt. Ueberhaupt aber kommen bey eintzeln Personen auch individuelle Umstände vor, die mir der allgemeine Begriff nicht an die
Hand
Viertes Capitel,
mand am meiſten beſchaͤfftiget; 2. der Stand, welcher uns am meiſten eintraͤgt; 3. der Stand, der am meiſten Ehre hat. Der letztere wird ge- meiniglich den andern vorgezogen, und im gemei- nen Leben der Stand eines Menſchen genennet: wovon wir die Urſache denen Moraliſten zu un- terſuchen und zu beurtheilen uͤberlaſſen. Jn die- ſer Abhandlung aber koͤnnen wir uns an dieſen ge- meinen Maaßſtab des Standes nicht halten, ſondern der eine wird uns in den meiſten Faͤllen ſo gut ſeyn als der andere.
§. 7. Viele Begebenheiten verſtehen ſich von ſelbſt, andere nicht?
Weil die Beſchaffenheit derer verſchiedenen Arten von Staͤnden, aus der Erfahrung ſchon laͤngſt unter den Leuten bekannt iſt; ſo kan man von jedem, wenn uns ſein Stand bekannt, gleich aus dieſem unſern Begriffe, und a priori vieles einſehen, was ihm, vermoͤge ſeines Standes, zu thun oblieget, und was ihm, vermoͤge deſſel- ben, begegnen kan. Hingegen kan es auch ge- ſchehen, daß in einem Stande ſich, wegen der Umſtaͤnde der Zeit, manches zutraͤgt, welches man bloß aus dem allgemeinen Begriffe von ſol- chem Stande nicht hat einſehen koͤnnen: als daß eine Gemeinde eine Verfolgung uͤberfaͤllt, dar- auf rechnet jetzo wohl nicht leicht jemand, der ein Predigtamt annimmt. Ueberhaupt aber kommen bey eintzeln Perſonen auch individuelle Umſtaͤnde vor, die mir der allgemeine Begriff nicht an die
Hand
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Viertes Capitel,
mand am meiſten beſchaͤfftiget; 2. der Stand,
welcher uns am meiſten eintraͤgt; 3. der Stand,
der am meiſten Ehre hat. Der letztere wird ge-
meiniglich den andern vorgezogen, und im gemei-
nen Leben der Stand eines Menſchen genennet:
wovon wir die Urſache denen Moraliſten zu un-
terſuchen und zu beurtheilen uͤberlaſſen. Jn die-
ſer Abhandlung aber koͤnnen wir uns an dieſen ge-
meinen Maaßſtab des Standes nicht halten,
ſondern der eine wird uns in den meiſten Faͤllen
ſo gut ſeyn als der andere.
§. 7.
Viele Begebenheiten verſtehen ſich von ſelbſt,
andere nicht?
Weil die Beſchaffenheit derer verſchiedenen
Arten von Staͤnden, aus der Erfahrung ſchon
laͤngſt unter den Leuten bekannt iſt; ſo kan man
von jedem, wenn uns ſein Stand bekannt, gleich
aus dieſem unſern Begriffe, und a priori vieles
einſehen, was ihm, vermoͤge ſeines Standes,
zu thun oblieget, und was ihm, vermoͤge deſſel-
ben, begegnen kan. Hingegen kan es auch ge-
ſchehen, daß in einem Stande ſich, wegen der
Umſtaͤnde der Zeit, manches zutraͤgt, welches
man bloß aus dem allgemeinen Begriffe von ſol-
chem Stande nicht hat einſehen koͤnnen: als daß
eine Gemeinde eine Verfolgung uͤberfaͤllt, dar-
auf rechnet jetzo wohl nicht leicht jemand, der ein
Predigtamt annimmt. Ueberhaupt aber kommen
bey eintzeln Perſonen auch individuelle Umſtaͤnde
vor, die mir der allgemeine Begriff nicht an die
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/116>, abgerufen am 03.03.2025.
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