der Anfang, oder der Ursprung derselben in dem Willen eintzelner Personen angetroffen zu werden. So ist es geschehen, daß bey einer Kirchweyhe, wo viel Volck zusammen gekommen, ein Kauff- mann auf den Einfall gerathen, wo viel Menschen zusammen kämen, wäre leicht etwas zu lösen: er ist mit seinen Waaren hingezogen; er hat Geld gelöset, andere haben es nachgethan; man hat es an mehrern Orten nachgethan, so sind Jahr- märckte und Messen entstanden. Der Mönchs- orden, dessen Verfassung in der Welt so vieles geändert, ist von zwey Menschen Anton und Paul entstanden, die sich aus verschiedenen Ab- sichten in die Wüste und Einsamkeit begeben haben.
§. 9. Warum der Anfang der Dinge meist unbe- kannt ist?
Hieraus nun werden zwey Eigenschafften be- greifflich, welche man gemeiniglich bey dem Ur- sprunge moralischer Wesen antrifft. Erstlich, warum der Ursprung moralischer Wesen, die doch wohl von grosser Wichtigkeit sind, so offte unbe- kannt ist; nehmlich weil das Thun und Lassen eintzelner Personen nicht so grosses Aufsehen macht, und daher auch nicht so leichte aufgeschrieben wird: Wenn es aber wegen seiner gar wichtigen Folgen recht merckwürdig wird, so weiß man gemeini- glich nicht einmahl mehr, wie sich die gantze Sa- che angesponnen habe. Man siehet aber leichte, daß hier der Wille grosser Herren etwas voraus
habe,
E
v. d. Begebenheiten der moral. Dinge.
der Anfang, oder der Urſprung derſelben in dem Willen eintzelner Perſonen angetroffen zu werden. So iſt es geſchehen, daß bey einer Kirchweyhe, wo viel Volck zuſammen gekommen, ein Kauff- mann auf den Einfall gerathen, wo viel Menſchen zuſammen kaͤmen, waͤre leicht etwas zu loͤſen: er iſt mit ſeinen Waaren hingezogen; er hat Geld geloͤſet, andere haben es nachgethan; man hat es an mehrern Orten nachgethan, ſo ſind Jahr- maͤrckte und Meſſen entſtanden. Der Moͤnchs- orden, deſſen Verfaſſung in der Welt ſo vieles geaͤndert, iſt von zwey Menſchen Anton und Paul entſtanden, die ſich aus verſchiedenen Ab- ſichten in die Wuͤſte und Einſamkeit begeben haben.
§. 9. Warum der Anfang der Dinge meiſt unbe- kannt iſt?
Hieraus nun werden zwey Eigenſchafften be- greifflich, welche man gemeiniglich bey dem Ur- ſprunge moraliſcher Weſen antrifft. Erſtlich, warum der Urſprung moraliſcher Weſen, die doch wohl von groſſer Wichtigkeit ſind, ſo offte unbe- kannt iſt; nehmlich weil das Thun und Laſſen eintzelner Perſonen nicht ſo groſſes Aufſehen macht, und daher auch nicht ſo leichte aufgeſchrieben wird: Wenn es aber wegen ſeiner gar wichtigen Folgen recht merckwuͤrdig wird, ſo weiß man gemeini- glich nicht einmahl mehr, wie ſich die gantze Sa- che angeſponnen habe. Man ſiehet aber leichte, daß hier der Wille groſſer Herren etwas voraus
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v. d. Begebenheiten der moral. Dinge.
der Anfang, oder der Urſprung derſelben in dem
Willen eintzelner Perſonen angetroffen zu werden.
So iſt es geſchehen, daß bey einer Kirchweyhe,
wo viel Volck zuſammen gekommen, ein Kauff-
mann auf den Einfall gerathen, wo viel Menſchen
zuſammen kaͤmen, waͤre leicht etwas zu loͤſen: er
iſt mit ſeinen Waaren hingezogen; er hat Geld
geloͤſet, andere haben es nachgethan; man hat
es an mehrern Orten nachgethan, ſo ſind Jahr-
maͤrckte und Meſſen entſtanden. Der Moͤnchs-
orden, deſſen Verfaſſung in der Welt ſo vieles
geaͤndert, iſt von zwey Menſchen Anton und
Paul entſtanden, die ſich aus verſchiedenen Ab-
ſichten in die Wuͤſte und Einſamkeit begeben
haben.
§. 9.
Warum der Anfang der Dinge meiſt unbe-
kannt iſt?
Hieraus nun werden zwey Eigenſchafften be-
greifflich, welche man gemeiniglich bey dem Ur-
ſprunge moraliſcher Weſen antrifft. Erſtlich,
warum der Urſprung moraliſcher Weſen, die doch
wohl von groſſer Wichtigkeit ſind, ſo offte unbe-
kannt iſt; nehmlich weil das Thun und Laſſen
eintzelner Perſonen nicht ſo groſſes Aufſehen macht,
und daher auch nicht ſo leichte aufgeſchrieben wird:
Wenn es aber wegen ſeiner gar wichtigen Folgen
recht merckwuͤrdig wird, ſo weiß man gemeini-
glich nicht einmahl mehr, wie ſich die gantze Sa-
che angeſponnen habe. Man ſiehet aber leichte,
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/101>, abgerufen am 03.03.2025.
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