Ich kam endlich wieder zu Sinnen, und eilte, diesen Ort zu verlassen, wo ich hoffentlich nichts mehr zu thun hatte. Ich füllte erst meine Taschen mit Gold, dann band ich mir die Schnüre des Beutels um den Hals fest, und verbarg ihn selbst auf meiner Brust. Ich kam unbeachtet aus dem Park, erreichte die Landstrasse, und nahm meinen Weg nach der Stadt. Wie ich in Ge¬ danken dem Thore zu ging, hört' ich hinter mir schreien: "Junger Herr! he! junger Herr! hö¬ ren Sie doch! --" Ich sah mich um, ein al¬ tes Weib rief mir nach: "Sehe sich der Herr doch vor, Sie haben Ihren Schatten verloren." -- "Danke Mütterchen," ich warf ihr ein Gold¬ stück für den wohlgemeinten Rath hin, und trat unter die Bäume.
Am Thore mußt' ich gleich wieder von der Schildwacht hören: "Wo hat der Herr seinen
II.
Ich kam endlich wieder zu Sinnen, und eilte, dieſen Ort zu verlaſſen, wo ich hoffentlich nichts mehr zu thun hatte. Ich fuͤllte erſt meine Taſchen mit Gold, dann band ich mir die Schnuͤre des Beutels um den Hals feſt, und verbarg ihn ſelbſt auf meiner Bruſt. Ich kam unbeachtet aus dem Park, erreichte die Landſtraſſe, und nahm meinen Weg nach der Stadt. Wie ich in Ge¬ danken dem Thore zu ging, hoͤrt’ ich hinter mir ſchreien: “Junger Herr! he! junger Herr! hoͤ¬ ren Sie doch! —„ Ich ſah mich um, ein al¬ tes Weib rief mir nach: “Sehe ſich der Herr doch vor, Sie haben Ihren Schatten verloren.„ — “Danke Muͤtterchen,„ ich warf ihr ein Gold¬ ſtuͤck fuͤr den wohlgemeinten Rath hin, und trat unter die Baͤume.
Am Thore mußt’ ich gleich wieder von der Schildwacht hoͤren: “Wo hat der Herr ſeinen
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II.
Ich kam endlich wieder zu Sinnen, und
eilte, dieſen Ort zu verlaſſen, wo ich hoffentlich
nichts mehr zu thun hatte. Ich fuͤllte erſt meine
Taſchen mit Gold, dann band ich mir die Schnuͤre
des Beutels um den Hals feſt, und verbarg ihn
ſelbſt auf meiner Bruſt. Ich kam unbeachtet
aus dem Park, erreichte die Landſtraſſe, und nahm
meinen Weg nach der Stadt. Wie ich in Ge¬
danken dem Thore zu ging, hoͤrt’ ich hinter mir
ſchreien: “Junger Herr! he! junger Herr! hoͤ¬
ren Sie doch! —„ Ich ſah mich um, ein al¬
tes Weib rief mir nach: “Sehe ſich der Herr
doch vor, Sie haben Ihren Schatten verloren.„ —
“Danke Muͤtterchen,„ ich warf ihr ein Gold¬
ſtuͤck fuͤr den wohlgemeinten Rath hin, und trat
unter die Baͤume.
Am Thore mußt’ ich gleich wieder von der
Schildwacht hoͤren: “Wo hat der Herr ſeinen
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Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten E… [mehr]
Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten Exemplars aus der SBB-PK sind sechs Kupfer von George Cruikshank aus der 2. Aufl. (1827).
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/35>, abgerufen am 22.02.2025.
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