Zustand der geläufigsten Ausgaben aufmerksam gemacht; Eduard von Martens (geb. 1831) hat zwar über mehrere Säugethiere Albert's Bemerkungen gegeben. Eine gründliche kritische Revision des Thier- schatzes einzelner Schriftsteller, besonders unter historisch-linguistischer Sichtung der Quellen derselben, natürlich im Anschluß an Handschriften, ist indessen noch immer zu wünschen.
Entwickelung der Thierwelt.
Noch eine andere Geschichte hat man aber zu bearbeiten begonnen, nicht die der Kenntniß von den Thieren, sondern die der Thiere selbst, indem man sich Rechenschaft darüber zu geben suchte, wie die Mannich- faltigkeit der Thierwelt, so wie sie jetzt vorliegt, zu Stande gekommen ist. Es muß hier daran erinnert werden, daß trotz der Verschiedenheiten sonstiger Ansichten nicht allein sämmtliche systematische Versuche, son- dern auch alle Anschauungen vom Baue und von der in demselben sich ausdrückenden Verwandtschaft der thierischen Formen von dem Begriffe der Art ausgiengen, wie er durch Ray und Linne in die beschreibenden Naturwissenschaften eingeführt worden war. In dieser Gestalt war der Begriff einer Weiterentwickelung nicht fähig, nur darin schwankte man, welchem Momente man in der Definition ein größeres Gewicht beilegen solle. Linne selbst hob die Aehnlichkeit der Form hervor, Buffon hatte neben dieser, nach Ray's Andeutung noch die gleichartige Fort- pflanzung betont; Blumenbach zieht diejenigen Individuen zu einer Art, welche einander ähnlich oder so abweichend sind, daß man die Ver- schiedenheit aus einer Degeneration erklären kann. Auch Daubenton sieht in der Art die Summe von Individuen, welche einander mehr gleichen als andern. Illiger bestimmt die Art als den Inbegriff gleiche Junge zeugender Geschlechter. Die Summe aus allen diesen Definitionen zieht Cuvier, dessen Charakterisirung der Art sich bis in die neueste Zeit bei Systematikern als maßgebend erhalten hat. Er bezeichnet64) die Art als "die Vereinigung aller von einander oder glei- chen Eltern abstammenden sowie derjenigen organischen Körper, welche
64)Tableau element. 1798. p. 11.
Periode der Morphologie.
Zuſtand der geläufigſten Ausgaben aufmerkſam gemacht; Eduard von Martens (geb. 1831) hat zwar über mehrere Säugethiere Albert's Bemerkungen gegeben. Eine gründliche kritiſche Reviſion des Thier- ſchatzes einzelner Schriftſteller, beſonders unter hiſtoriſch-linguiſtiſcher Sichtung der Quellen derſelben, natürlich im Anſchluß an Handſchriften, iſt indeſſen noch immer zu wünſchen.
Entwickelung der Thierwelt.
Noch eine andere Geſchichte hat man aber zu bearbeiten begonnen, nicht die der Kenntniß von den Thieren, ſondern die der Thiere ſelbſt, indem man ſich Rechenſchaft darüber zu geben ſuchte, wie die Mannich- faltigkeit der Thierwelt, ſo wie ſie jetzt vorliegt, zu Stande gekommen iſt. Es muß hier daran erinnert werden, daß trotz der Verſchiedenheiten ſonſtiger Anſichten nicht allein ſämmtliche ſyſtematiſche Verſuche, ſon- dern auch alle Anſchauungen vom Baue und von der in demſelben ſich ausdrückenden Verwandtſchaft der thieriſchen Formen von dem Begriffe der Art ausgiengen, wie er durch Ray und Linné in die beſchreibenden Naturwiſſenſchaften eingeführt worden war. In dieſer Geſtalt war der Begriff einer Weiterentwickelung nicht fähig, nur darin ſchwankte man, welchem Momente man in der Definition ein größeres Gewicht beilegen ſolle. Linné ſelbſt hob die Aehnlichkeit der Form hervor, Buffon hatte neben dieſer, nach Ray's Andeutung noch die gleichartige Fort- pflanzung betont; Blumenbach zieht diejenigen Individuen zu einer Art, welche einander ähnlich oder ſo abweichend ſind, daß man die Ver- ſchiedenheit aus einer Degeneration erklären kann. Auch Daubenton ſieht in der Art die Summe von Individuen, welche einander mehr gleichen als andern. Illiger beſtimmt die Art als den Inbegriff gleiche Junge zeugender Geſchlechter. Die Summe aus allen dieſen Definitionen zieht Cuvier, deſſen Charakteriſirung der Art ſich bis in die neueſte Zeit bei Syſtematikern als maßgebend erhalten hat. Er bezeichnet64) die Art als „die Vereinigung aller von einander oder glei- chen Eltern abſtammenden ſowie derjenigen organiſchen Körper, welche
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Periode der Morphologie.
Zuſtand der geläufigſten Ausgaben aufmerkſam gemacht; Eduard von
Martens (geb. 1831) hat zwar über mehrere Säugethiere Albert's
Bemerkungen gegeben. Eine gründliche kritiſche Reviſion des Thier-
ſchatzes einzelner Schriftſteller, beſonders unter hiſtoriſch-linguiſtiſcher
Sichtung der Quellen derſelben, natürlich im Anſchluß an Handſchriften,
iſt indeſſen noch immer zu wünſchen.
Entwickelung der Thierwelt.
Noch eine andere Geſchichte hat man aber zu bearbeiten begonnen,
nicht die der Kenntniß von den Thieren, ſondern die der Thiere ſelbſt,
indem man ſich Rechenſchaft darüber zu geben ſuchte, wie die Mannich-
faltigkeit der Thierwelt, ſo wie ſie jetzt vorliegt, zu Stande gekommen
iſt. Es muß hier daran erinnert werden, daß trotz der Verſchiedenheiten
ſonſtiger Anſichten nicht allein ſämmtliche ſyſtematiſche Verſuche, ſon-
dern auch alle Anſchauungen vom Baue und von der in demſelben ſich
ausdrückenden Verwandtſchaft der thieriſchen Formen von dem Begriffe
der Art ausgiengen, wie er durch Ray und Linné in die beſchreibenden
Naturwiſſenſchaften eingeführt worden war. In dieſer Geſtalt war der
Begriff einer Weiterentwickelung nicht fähig, nur darin ſchwankte man,
welchem Momente man in der Definition ein größeres Gewicht beilegen
ſolle. Linné ſelbſt hob die Aehnlichkeit der Form hervor, Buffon
hatte neben dieſer, nach Ray's Andeutung noch die gleichartige Fort-
pflanzung betont; Blumenbach zieht diejenigen Individuen zu einer
Art, welche einander ähnlich oder ſo abweichend ſind, daß man die Ver-
ſchiedenheit aus einer Degeneration erklären kann. Auch Daubenton
ſieht in der Art die Summe von Individuen, welche einander mehr
gleichen als andern. Illiger beſtimmt die Art als den Inbegriff
gleiche Junge zeugender Geſchlechter. Die Summe aus allen dieſen
Definitionen zieht Cuvier, deſſen Charakteriſirung der Art ſich bis
in die neueſte Zeit bei Syſtematikern als maßgebend erhalten hat. Er
bezeichnet 64) die Art als „die Vereinigung aller von einander oder glei-
chen Eltern abſtammenden ſowie derjenigen organiſchen Körper, welche
64) Tableau élément. 1798. p. 11.
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 720. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/731>, abgerufen am 21.11.2024.
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