Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Fortschritte der Systematik und der Kenntniß einzelner Classen. maßen Daubenton's und Buffon's Arbeitsarten mit der MethodikLinne's verbindend, auf eine eingehende Untersuchung der Form und des Baues der einzelnen Arten gegründet. Wie scharf er hier beobach- tete, wurde theilweise schon erwähnt. Die monographischen Schilde- rungen, z. B. die neuer Nagethiere, zeichnen sich vor fast allen Be- schreibungen der damaligen Zeit durch Berücksichtigung allgemeiner Verhältnisse und der Bedingungen aus, unter denen die Thiere leben müssen. So sind ihm vorzügliche Bemerkungen über die Verbreitung, den Einfluß des Klimas, über das Abändern der Thiere, in welcher Ar- beit59) er die Ansichten Buffon's über die sogenannte Degeneration einer Kritik unterwirft, über die Wirkung der Domestication auf die Frucht- barkeit u. s. f. zu verdanken. Vor Allem war es auch die Entwickelungs- geschichte der Erdrinde, welche seinen Forschungen neue Richtungen zu danken hat. Der directe Nutzen der für die Geschichte der Geologie wichtigen Beobachtungen, welche der Zoologie aus denselben entstand, war die Würdigung und eingehende Berücksichtigung der Fossilien im neuen Lichte. Freilich suchte Pallas das Vorkommen von Thierresten im Norden Sibiriens, welche an die noch lebende Thierwelt Süd-Asiens sich anschließen, auf eine jetzt nicht mehr haltbare Art zu erklären. Doch bezeichnet seine Betrachtung dieser Fossilien in zweifacher Richtung einen Fortschritt der Paläontologie. Er betrachtete die fossilen Formen in einem historischen Zusammenhange mit den jetzt lebenden Arten und erklärte das Auftreten der Reste nicht mehr, wie es Frühere gethan hatten, durch Annahme allgemeiner Umwälzungen, sondern trug den localen Verhältnissen der Fundorte und deren möglicher Aenderung in ausgedehnter Weise Rechnung. 59) In dem wichtigen Mem. sur la variation des animaux, Acta Petropol.
1780. P. II. p. 69. wird zum erstenmale ausgesprochen, daß mehrere Hausthier- formen den Charakter der Arten verloren haben und nur noch Mengen artloser Rassen darstellen. Fortſchritte der Syſtematik und der Kenntniß einzelner Claſſen. maßen Daubenton's und Buffon's Arbeitsarten mit der MethodikLinné's verbindend, auf eine eingehende Unterſuchung der Form und des Baues der einzelnen Arten gegründet. Wie ſcharf er hier beobach- tete, wurde theilweiſe ſchon erwähnt. Die monographiſchen Schilde- rungen, z. B. die neuer Nagethiere, zeichnen ſich vor faſt allen Be- ſchreibungen der damaligen Zeit durch Berückſichtigung allgemeiner Verhältniſſe und der Bedingungen aus, unter denen die Thiere leben müſſen. So ſind ihm vorzügliche Bemerkungen über die Verbreitung, den Einfluß des Klimas, über das Abändern der Thiere, in welcher Ar- beit59) er die Anſichten Buffon's über die ſogenannte Degeneration einer Kritik unterwirft, über die Wirkung der Domeſtication auf die Frucht- barkeit u. ſ. f. zu verdanken. Vor Allem war es auch die Entwickelungs- geſchichte der Erdrinde, welche ſeinen Forſchungen neue Richtungen zu danken hat. Der directe Nutzen der für die Geſchichte der Geologie wichtigen Beobachtungen, welche der Zoologie aus denſelben entſtand, war die Würdigung und eingehende Berückſichtigung der Foſſilien im neuen Lichte. Freilich ſuchte Pallas das Vorkommen von Thierreſten im Norden Sibiriens, welche an die noch lebende Thierwelt Süd-Aſiens ſich anſchließen, auf eine jetzt nicht mehr haltbare Art zu erklären. Doch bezeichnet ſeine Betrachtung dieſer Foſſilien in zweifacher Richtung einen Fortſchritt der Paläontologie. Er betrachtete die foſſilen Formen in einem hiſtoriſchen Zuſammenhange mit den jetzt lebenden Arten und erklärte das Auftreten der Reſte nicht mehr, wie es Frühere gethan hatten, durch Annahme allgemeiner Umwälzungen, ſondern trug den localen Verhältniſſen der Fundorte und deren möglicher Aenderung in ausgedehnter Weiſe Rechnung. 59) In dem wichtigen Mém. sur la variation des animaux, Acta Petropol.
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Fortſchritte der Syſtematik und der Kenntniß einzelner Claſſen.
maßen Daubenton's und Buffon's Arbeitsarten mit der Methodik
Linné's verbindend, auf eine eingehende Unterſuchung der Form und
des Baues der einzelnen Arten gegründet. Wie ſcharf er hier beobach-
tete, wurde theilweiſe ſchon erwähnt. Die monographiſchen Schilde-
rungen, z. B. die neuer Nagethiere, zeichnen ſich vor faſt allen Be-
ſchreibungen der damaligen Zeit durch Berückſichtigung allgemeiner
Verhältniſſe und der Bedingungen aus, unter denen die Thiere leben
müſſen. So ſind ihm vorzügliche Bemerkungen über die Verbreitung,
den Einfluß des Klimas, über das Abändern der Thiere, in welcher Ar-
beit 59) er die Anſichten Buffon's über die ſogenannte Degeneration einer
Kritik unterwirft, über die Wirkung der Domeſtication auf die Frucht-
barkeit u. ſ. f. zu verdanken. Vor Allem war es auch die Entwickelungs-
geſchichte der Erdrinde, welche ſeinen Forſchungen neue Richtungen zu
danken hat. Der directe Nutzen der für die Geſchichte der Geologie
wichtigen Beobachtungen, welche der Zoologie aus denſelben entſtand,
war die Würdigung und eingehende Berückſichtigung der Foſſilien im
neuen Lichte. Freilich ſuchte Pallas das Vorkommen von Thierreſten
im Norden Sibiriens, welche an die noch lebende Thierwelt Süd-Aſiens
ſich anſchließen, auf eine jetzt nicht mehr haltbare Art zu erklären. Doch
bezeichnet ſeine Betrachtung dieſer Foſſilien in zweifacher Richtung
einen Fortſchritt der Paläontologie. Er betrachtete die foſſilen Formen
in einem hiſtoriſchen Zuſammenhange mit den jetzt lebenden Arten und
erklärte das Auftreten der Reſte nicht mehr, wie es Frühere gethan
hatten, durch Annahme allgemeiner Umwälzungen, ſondern trug den
localen Verhältniſſen der Fundorte und deren möglicher Aenderung in
ausgedehnter Weiſe Rechnung.
Fortſchritte der Syſtematik und der Kenntniß einzelner Claſſen.
Von den beiden ſich einander gegenüberſtehenden Richtungen
Linné's und Buffon's, deren Vereinigung nur Wenigen gelang, war
59) In dem wichtigen Mém. sur la variation des animaux, Acta Petropol.
1780. P. II. p. 69. wird zum erſtenmale ausgeſprochen, daß mehrere Hausthier-
formen den Charakter der Arten verloren haben und nur noch Mengen artloſer
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