Wenn daher auch zugegeben werden muß, daß Plinius im drei- zehnten Jahrhundert bekannt war, was schon durch die häufigen Citate bewiesen wird, so trat er doch erst später in das litterarische Leben des Mittelalters ein. Dies beherrschte Aristoteles auch auf naturwissen- schaftlichem Gebiete, theils durch den von den Arabern überlieferten Text seiner Schriften, theils durch die sich an ihn schließende Auffas- sung der Methode, wie sie besonders von Averroes entwickelt wurde.
Das dreizehnte Jahrhundert.
Erweiterung der speciellen Thierkenntniß.
Ist es auch immerhin mißlich, in einer allmählichen Entwickelung der Kenntniß feste Abschnitte unterscheiden zu wollen, so bieten sich doch für das dreizehnte Jahrhundert einzelne epochemachende Momente dar. Hierunter ist das Wiedererscheinen des Aristoteles das wichtigste. So nothwendig nämlich für die erneute Erhebung der allgemeinen Bil- dung im Abendlande das Wiederanknüpfen an die geistigen Leistungen der Alten war und so sehr man wohl im Allgemeinen Recht hat, das eben von diesem Standpunkte aus sogenannte Wiederaufleben der Wis- senschaften an das Auftreten der großen Humanisten im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert zu knüpfen, da sie im Großen und Gan- zen jenes Anknüpfen möglich machten, so war aus demselben Grunde für die Geschichte der Naturwissenschaften das dreizehnte Jahrhundert ungleich wichtiger. Es liegt auch hier der Schwerpunkt in dem Wie- dererscheinen des Aristoteles; er tritt zunächst nicht in seiner antiken Gestalt auf, welche bei der Unbekanntschaft mit der griechischen Sprache nicht einmal allgemein hätte wirken können, sondern er wirkte durch seinen, selbst durch die orientalische Verbrämung und scholastische Ver- wässerung nicht völlig unterdrückbaren Geist. Ueberhaupt steht die ganze Zeit, in welcher er von neuem auftrat, in einem so directen, von keiner gewaltigen Erschütterung des ganzen Erdtheils unterbrochenen
Die Zoologie des Mittelalters.
Wenn daher auch zugegeben werden muß, daß Plinius im drei- zehnten Jahrhundert bekannt war, was ſchon durch die häufigen Citate bewieſen wird, ſo trat er doch erſt ſpäter in das litterariſche Leben des Mittelalters ein. Dies beherrſchte Ariſtoteles auch auf naturwiſſen- ſchaftlichem Gebiete, theils durch den von den Arabern überlieferten Text ſeiner Schriften, theils durch die ſich an ihn ſchließende Auffaſ- ſung der Methode, wie ſie beſonders von Averroes entwickelt wurde.
Das dreizehnte Jahrhundert.
Erweiterung der ſpeciellen Thierkenntniß.
Iſt es auch immerhin mißlich, in einer allmählichen Entwickelung der Kenntniß feſte Abſchnitte unterſcheiden zu wollen, ſo bieten ſich doch für das dreizehnte Jahrhundert einzelne epochemachende Momente dar. Hierunter iſt das Wiedererſcheinen des Ariſtoteles das wichtigſte. So nothwendig nämlich für die erneute Erhebung der allgemeinen Bil- dung im Abendlande das Wiederanknüpfen an die geiſtigen Leiſtungen der Alten war und ſo ſehr man wohl im Allgemeinen Recht hat, das eben von dieſem Standpunkte aus ſogenannte Wiederaufleben der Wiſ- ſenſchaften an das Auftreten der großen Humaniſten im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert zu knüpfen, da ſie im Großen und Gan- zen jenes Anknüpfen möglich machten, ſo war aus demſelben Grunde für die Geſchichte der Naturwiſſenſchaften das dreizehnte Jahrhundert ungleich wichtiger. Es liegt auch hier der Schwerpunkt in dem Wie- dererſcheinen des Ariſtoteles; er tritt zunächſt nicht in ſeiner antiken Geſtalt auf, welche bei der Unbekanntſchaft mit der griechiſchen Sprache nicht einmal allgemein hätte wirken können, ſondern er wirkte durch ſeinen, ſelbſt durch die orientaliſche Verbrämung und ſcholaſtiſche Ver- wäſſerung nicht völlig unterdrückbaren Geiſt. Ueberhaupt ſteht die ganze Zeit, in welcher er von neuem auftrat, in einem ſo directen, von keiner gewaltigen Erſchütterung des ganzen Erdtheils unterbrochenen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0189"n="178"/><fwplace="top"type="header">Die Zoologie des Mittelalters.</fw><lb/><p>Wenn daher auch zugegeben werden muß, daß <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118595083">Plinius</persName> im drei-<lb/>
zehnten Jahrhundert bekannt war, was ſchon durch die häufigen Citate<lb/>
bewieſen wird, ſo trat er doch erſt ſpäter in das litterariſche Leben des<lb/>
Mittelalters ein. Dies beherrſchte <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118650130">Ariſtoteles</persName> auch auf naturwiſſen-<lb/>ſchaftlichem Gebiete, theils durch den von den Arabern überlieferten<lb/>
Text ſeiner Schriften, theils durch die ſich an ihn ſchließende Auffaſ-<lb/>ſung der Methode, wie ſie beſonders von <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118505238">Averroes</persName> entwickelt wurde.</p></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#b">Das dreizehnte Jahrhundert.</hi></head><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Erweiterung der ſpeciellen Thierkenntniß.</hi></head><lb/><p>Iſt es auch immerhin mißlich, in einer allmählichen Entwickelung<lb/>
der Kenntniß feſte Abſchnitte unterſcheiden zu wollen, ſo bieten ſich<lb/>
doch für das dreizehnte Jahrhundert einzelne epochemachende Momente<lb/>
dar. Hierunter iſt das Wiedererſcheinen des <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118650130">Ariſtoteles</persName> das wichtigſte.<lb/>
So nothwendig nämlich für die erneute Erhebung der allgemeinen Bil-<lb/>
dung im Abendlande das Wiederanknüpfen an die geiſtigen Leiſtungen<lb/>
der Alten war und ſo ſehr man wohl im Allgemeinen Recht hat, das<lb/>
eben von dieſem Standpunkte aus ſogenannte Wiederaufleben der Wiſ-<lb/>ſenſchaften an das Auftreten der großen Humaniſten im vierzehnten<lb/>
und fünfzehnten Jahrhundert zu knüpfen, da ſie im Großen und Gan-<lb/>
zen jenes Anknüpfen möglich machten, ſo war aus demſelben Grunde<lb/>
für die Geſchichte der Naturwiſſenſchaften das dreizehnte Jahrhundert<lb/>
ungleich wichtiger. Es liegt auch hier der Schwerpunkt in dem Wie-<lb/>
dererſcheinen des <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118650130">Ariſtoteles</persName>; er tritt zunächſt nicht in ſeiner antiken<lb/>
Geſtalt auf, welche bei der Unbekanntſchaft mit der griechiſchen Sprache<lb/>
nicht einmal allgemein hätte wirken können, ſondern er wirkte durch<lb/>ſeinen, ſelbſt durch die orientaliſche Verbrämung und ſcholaſtiſche Ver-<lb/>
wäſſerung nicht völlig unterdrückbaren Geiſt. Ueberhaupt ſteht die<lb/>
ganze Zeit, in welcher er von neuem auftrat, in einem ſo directen, von<lb/>
keiner gewaltigen Erſchütterung des ganzen Erdtheils unterbrochenen<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[178/0189]
Die Zoologie des Mittelalters.
Wenn daher auch zugegeben werden muß, daß Plinius im drei-
zehnten Jahrhundert bekannt war, was ſchon durch die häufigen Citate
bewieſen wird, ſo trat er doch erſt ſpäter in das litterariſche Leben des
Mittelalters ein. Dies beherrſchte Ariſtoteles auch auf naturwiſſen-
ſchaftlichem Gebiete, theils durch den von den Arabern überlieferten
Text ſeiner Schriften, theils durch die ſich an ihn ſchließende Auffaſ-
ſung der Methode, wie ſie beſonders von Averroes entwickelt wurde.
Das dreizehnte Jahrhundert.
Erweiterung der ſpeciellen Thierkenntniß.
Iſt es auch immerhin mißlich, in einer allmählichen Entwickelung
der Kenntniß feſte Abſchnitte unterſcheiden zu wollen, ſo bieten ſich
doch für das dreizehnte Jahrhundert einzelne epochemachende Momente
dar. Hierunter iſt das Wiedererſcheinen des Ariſtoteles das wichtigſte.
So nothwendig nämlich für die erneute Erhebung der allgemeinen Bil-
dung im Abendlande das Wiederanknüpfen an die geiſtigen Leiſtungen
der Alten war und ſo ſehr man wohl im Allgemeinen Recht hat, das
eben von dieſem Standpunkte aus ſogenannte Wiederaufleben der Wiſ-
ſenſchaften an das Auftreten der großen Humaniſten im vierzehnten
und fünfzehnten Jahrhundert zu knüpfen, da ſie im Großen und Gan-
zen jenes Anknüpfen möglich machten, ſo war aus demſelben Grunde
für die Geſchichte der Naturwiſſenſchaften das dreizehnte Jahrhundert
ungleich wichtiger. Es liegt auch hier der Schwerpunkt in dem Wie-
dererſcheinen des Ariſtoteles; er tritt zunächſt nicht in ſeiner antiken
Geſtalt auf, welche bei der Unbekanntſchaft mit der griechiſchen Sprache
nicht einmal allgemein hätte wirken können, ſondern er wirkte durch
ſeinen, ſelbſt durch die orientaliſche Verbrämung und ſcholaſtiſche Ver-
wäſſerung nicht völlig unterdrückbaren Geiſt. Ueberhaupt ſteht die
ganze Zeit, in welcher er von neuem auftrat, in einem ſo directen, von
keiner gewaltigen Erſchütterung des ganzen Erdtheils unterbrochenen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/189>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.