d. Vom Rückkehren des bewußten Seelenlebens ins unbewußte.
Gleich von vorn herein müssen wir hier unterscheiden die Rückkehr einzelner Vorstellungen und Ge¬ fühle ins unbewußte Reich der Seele bei doch vorhanden bleibendem Bewußtsein im Allgemeinen, und das periodische Rückkehren alles Bewußtseins ins Unbewußtsein. Zunächst werde das erstere in Betrach¬ tung gezogen.
Es ist bereits im Eingange dieser Schrift des merk¬ würdigen Vorganges gedacht worden, den wir täglich und stündlich vielfach in uns selbst gewahr werden müssen, näm¬ lich daß ein steter Wechsel der Vorstellungen und (obwohl dieses in langsamerm Gange) der Gefühle, in und vor unserm Bewußtsein Statt findet. Ein solcher Wechsel ist nur dadurch möglich, daß stets einzelne Vorstellungen wieder uns unbewußt werden, während andre bis dahin unbewußte und doch vorhandne, vor das Bewußtsein treten. -- Dieser Kreislauf ist theils ein vollkommen unwillkürlicher, theils ein der Willkür unterworfner. -- Was den unwillkürlichen betrifft, so habe ich darüber als der Erste in meinem Systeme der Physiologie 3. Th. gesprochen und gezeigt, daß wir allerdings Grund haben ihn mit dem Kreislaufe des Blutes auf eine gewisse Weise in Verbindung zu bringen. Ich habe nämlich dargethan, daß wir gar wohl annehmen dürfen, es stehe die Entwicklung des Nervenlebens, welche wir In¬ nervation nennen und deren Strömung mit der des Magnetis¬ mus oder Galvanismus viel Aehnliches hat, zu dem Blut¬ leben und namentlich der fortwährenden Endosmose und Erosmose im Capillargefäßsystem des Gehirns ganz in ähnlichem Verhältniß wie etwa die Entwicklung der galva¬ nischen Strömung im genauesten Verhältniß steht zu dem chemischen Proceß der mit den Metallplatten in Berührung gebrachten Salzlösung. -- Eben deßhalb findet es sich also, daß aufgehobne oder zu schwache Blutströmung gerade so
d. Vom Rückkehren des bewußten Seelenlebens ins unbewußte.
Gleich von vorn herein müſſen wir hier unterſcheiden die Rückkehr einzelner Vorſtellungen und Ge¬ fühle ins unbewußte Reich der Seele bei doch vorhanden bleibendem Bewußtſein im Allgemeinen, und das periodiſche Rückkehren alles Bewußtſeins ins Unbewußtſein. Zunächſt werde das erſtere in Betrach¬ tung gezogen.
Es iſt bereits im Eingange dieſer Schrift des merk¬ würdigen Vorganges gedacht worden, den wir täglich und ſtündlich vielfach in uns ſelbſt gewahr werden müſſen, näm¬ lich daß ein ſteter Wechſel der Vorſtellungen und (obwohl dieſes in langſamerm Gange) der Gefühle, in und vor unſerm Bewußtſein Statt findet. Ein ſolcher Wechſel iſt nur dadurch möglich, daß ſtets einzelne Vorſtellungen wieder uns unbewußt werden, während andre bis dahin unbewußte und doch vorhandne, vor das Bewußtſein treten. — Dieſer Kreislauf iſt theils ein vollkommen unwillkürlicher, theils ein der Willkür unterworfner. — Was den unwillkürlichen betrifft, ſo habe ich darüber als der Erſte in meinem Syſteme der Phyſiologie 3. Th. geſprochen und gezeigt, daß wir allerdings Grund haben ihn mit dem Kreislaufe des Blutes auf eine gewiſſe Weiſe in Verbindung zu bringen. Ich habe nämlich dargethan, daß wir gar wohl annehmen dürfen, es ſtehe die Entwicklung des Nervenlebens, welche wir In¬ nervation nennen und deren Strömung mit der des Magnetis¬ mus oder Galvanismus viel Aehnliches hat, zu dem Blut¬ leben und namentlich der fortwährenden Endosmoſe und Erosmoſe im Capillargefäßſyſtem des Gehirns ganz in ähnlichem Verhältniß wie etwa die Entwicklung der galva¬ niſchen Strömung im genaueſten Verhältniß ſteht zu dem chemiſchen Proceß der mit den Metallplatten in Berührung gebrachten Salzlöſung. — Eben deßhalb findet es ſich alſo, daß aufgehobne oder zu ſchwache Blutſtrömung gerade ſo
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d. Vom Rückkehren des bewußten Seelenlebens ins unbewußte.
Gleich von vorn herein müſſen wir hier unterſcheiden
die Rückkehr einzelner Vorſtellungen und Ge¬
fühle ins unbewußte Reich der Seele bei doch
vorhanden bleibendem Bewußtſein im Allgemeinen, und das
periodiſche Rückkehren alles Bewußtſeins ins
Unbewußtſein. Zunächſt werde das erſtere in Betrach¬
tung gezogen.
Es iſt bereits im Eingange dieſer Schrift des merk¬
würdigen Vorganges gedacht worden, den wir täglich und
ſtündlich vielfach in uns ſelbſt gewahr werden müſſen, näm¬
lich daß ein ſteter Wechſel der Vorſtellungen und (obwohl
dieſes in langſamerm Gange) der Gefühle, in und vor
unſerm Bewußtſein Statt findet. Ein ſolcher Wechſel iſt
nur dadurch möglich, daß ſtets einzelne Vorſtellungen wieder
uns unbewußt werden, während andre bis dahin unbewußte
und doch vorhandne, vor das Bewußtſein treten. — Dieſer
Kreislauf iſt theils ein vollkommen unwillkürlicher, theils
ein der Willkür unterworfner. — Was den unwillkürlichen
betrifft, ſo habe ich darüber als der Erſte in meinem Syſteme
der Phyſiologie 3. Th. geſprochen und gezeigt, daß wir
allerdings Grund haben ihn mit dem Kreislaufe des Blutes
auf eine gewiſſe Weiſe in Verbindung zu bringen. Ich
habe nämlich dargethan, daß wir gar wohl annehmen dürfen,
es ſtehe die Entwicklung des Nervenlebens, welche wir In¬
nervation nennen und deren Strömung mit der des Magnetis¬
mus oder Galvanismus viel Aehnliches hat, zu dem Blut¬
leben und namentlich der fortwährenden Endosmoſe und
Erosmoſe im Capillargefäßſyſtem des Gehirns ganz in
ähnlichem Verhältniß wie etwa die Entwicklung der galva¬
niſchen Strömung im genaueſten Verhältniß ſteht zu dem
chemiſchen Proceß der mit den Metallplatten in Berührung
gebrachten Salzlöſung. — Eben deßhalb findet es ſich alſo,
daß aufgehobne oder zu ſchwache Blutſtrömung gerade ſo
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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/219>, abgerufen am 21.11.2024.
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