Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

zuweilen daß Darmwindungen zugleich mit herabtreten, der
Kanal des Bauchfells sich zu schließen verhindert und
äußerlich am geborenen Kinde eine Bruchgeschwulst bemerkt
wird, welche von dem später entstandenen Leistenbruche theils
durch das Vorhandenseyn gleich bei der Geburt, theils dadurch
sich unterscheidet, daß man, sobald der Bruch bis in das
Scrotum herabtritt, den Hoden nicht zu fühlen im Stande
ist, weil er unmittelbar von den Darmwindungen umgeben
ist. -- Selten kommen ähnliche Leistenbrüche in Fortsetzungen
des Bauchfells an den runden Mutterbändern bei neugebor-
nen Mädchen vor. -- Es sind dieses Mißbildungen welche
übrigens die Natur, wenn sie nur einigermaaßen unterstützt
wird, durch allmähliges Verengern und endliches Verwachsen
dieser regelwidrigen Kanäle meistens völlig beseitigt und wel-
che sonach in den meisten Fällen eine günstige Prognose ge-
statten. Als äußere Mittel können hierbei aufgelegte Com-
pressen und Charpiebauschen, mit Spirit. serpilli, @. Ca-
techu, rothem Wein u. s. w. befeuchtet, und durch eine leichte
Binde unterstützt, angewendet werden.

§. 1664.

Von diesen Leistenbrüchen muß übrigens sehr wohl ein
Zustand unterschieden werden, welcher, obwohl äußerlich jenen
ziemlich ähnlich, doch eine ganz verschiedene Behandlung for-
dert, es ist dieß der sogenannte Leistenhode (Parochidium),
wo ein Hode auf dem Wege durch den Bauchring aufgehal-
ten, dort festsitzen bleibt. Man erkennt dieß am Gefühl ei-
nes festen Körpers in der Bubonen ähnlichen Geschwulst, wel-
che beim Drucke schmerzt, und an der Leerheit der der Ge-
schwulst entsprechenden Seite des Hodensacks. Ruhe, Bäder,
und Vermeidung alles Druckes, bei Einklemmung aber erwei-
chende Mittel, Einreibungen vom Ol. Hyoscyami u. s. w.
sind hier allein angezeigt, und allmählig kommt gewöhnlich
der Hode in das Scrotum herab. Daß in einzelnen Fällen
indeß auch ein Hode oder selbst beide (Monorchis und Tes-
ticondus) in der Bauchhöhle völlig zurückbleiben können, ist
hierbei zu erwähnen.


zuweilen daß Darmwindungen zugleich mit herabtreten, der
Kanal des Bauchfells ſich zu ſchließen verhindert und
aͤußerlich am geborenen Kinde eine Bruchgeſchwulſt bemerkt
wird, welche von dem ſpaͤter entſtandenen Leiſtenbruche theils
durch das Vorhandenſeyn gleich bei der Geburt, theils dadurch
ſich unterſcheidet, daß man, ſobald der Bruch bis in das
Scrotum herabtritt, den Hoden nicht zu fuͤhlen im Stande
iſt, weil er unmittelbar von den Darmwindungen umgeben
iſt. — Selten kommen aͤhnliche Leiſtenbruͤche in Fortſetzungen
des Bauchfells an den runden Mutterbaͤndern bei neugebor-
nen Maͤdchen vor. — Es ſind dieſes Mißbildungen welche
uͤbrigens die Natur, wenn ſie nur einigermaaßen unterſtuͤtzt
wird, durch allmaͤhliges Verengern und endliches Verwachſen
dieſer regelwidrigen Kanaͤle meiſtens voͤllig beſeitigt und wel-
che ſonach in den meiſten Faͤllen eine guͤnſtige Prognoſe ge-
ſtatten. Als aͤußere Mittel koͤnnen hierbei aufgelegte Com-
preſſen und Charpiebauſchen, mit Spirit. serpilli, . Ca-
techu, rothem Wein u. ſ. w. befeuchtet, und durch eine leichte
Binde unterſtuͤtzt, angewendet werden.

§. 1664.

Von dieſen Leiſtenbruͤchen muß uͤbrigens ſehr wohl ein
Zuſtand unterſchieden werden, welcher, obwohl aͤußerlich jenen
ziemlich aͤhnlich, doch eine ganz verſchiedene Behandlung for-
dert, es iſt dieß der ſogenannte Leiſtenhode (Parochidium),
wo ein Hode auf dem Wege durch den Bauchring aufgehal-
ten, dort feſtſitzen bleibt. Man erkennt dieß am Gefuͤhl ei-
nes feſten Koͤrpers in der Bubonen aͤhnlichen Geſchwulſt, wel-
che beim Drucke ſchmerzt, und an der Leerheit der der Ge-
ſchwulſt entſprechenden Seite des Hodenſacks. Ruhe, Baͤder,
und Vermeidung alles Druckes, bei Einklemmung aber erwei-
chende Mittel, Einreibungen vom Ol. Hyoscyami u. ſ. w.
ſind hier allein angezeigt, und allmaͤhlig kommt gewoͤhnlich
der Hode in das Scrotum herab. Daß in einzelnen Faͤllen
indeß auch ein Hode oder ſelbſt beide (Monorchis und Tes-
ticondus) in der Bauchhoͤhle voͤllig zuruͤckbleiben koͤnnen, iſt
hierbei zu erwaͤhnen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <div n="10">
                          <div n="11">
                            <p><pb facs="#f0633" n="607"/>
zuweilen daß Darmwindungen zugleich mit herabtreten, der<lb/>
Kanal des Bauchfells &#x017F;ich zu &#x017F;chließen verhindert und<lb/>
a&#x0364;ußerlich am geborenen Kinde eine Bruchge&#x017F;chwul&#x017F;t bemerkt<lb/>
wird, welche von dem &#x017F;pa&#x0364;ter ent&#x017F;tandenen Lei&#x017F;tenbruche theils<lb/>
durch das Vorhanden&#x017F;eyn gleich bei der Geburt, theils dadurch<lb/>
&#x017F;ich unter&#x017F;cheidet, daß man, &#x017F;obald der Bruch bis in das<lb/><hi rendition="#aq">Scrotum</hi> herabtritt, den Hoden nicht zu fu&#x0364;hlen im Stande<lb/>
i&#x017F;t, weil er unmittelbar von den Darmwindungen umgeben<lb/>
i&#x017F;t. &#x2014; Selten kommen a&#x0364;hnliche Lei&#x017F;tenbru&#x0364;che in Fort&#x017F;etzungen<lb/>
des Bauchfells an den runden Mutterba&#x0364;ndern bei neugebor-<lb/>
nen Ma&#x0364;dchen vor. &#x2014; Es &#x017F;ind die&#x017F;es Mißbildungen welche<lb/>
u&#x0364;brigens die Natur, wenn &#x017F;ie nur einigermaaßen unter&#x017F;tu&#x0364;tzt<lb/>
wird, durch allma&#x0364;hliges Verengern und endliches Verwach&#x017F;en<lb/>
die&#x017F;er regelwidrigen Kana&#x0364;le mei&#x017F;tens vo&#x0364;llig be&#x017F;eitigt und wel-<lb/>
che &#x017F;onach in den mei&#x017F;ten Fa&#x0364;llen eine gu&#x0364;n&#x017F;tige Progno&#x017F;e ge-<lb/>
&#x017F;tatten. Als a&#x0364;ußere Mittel ko&#x0364;nnen hierbei aufgelegte Com-<lb/>
pre&#x017F;&#x017F;en und Charpiebau&#x017F;chen, mit <hi rendition="#aq">Spirit. serpilli, &#xFFFC;. Ca-<lb/>
techu,</hi> rothem Wein u. &#x017F;. w. befeuchtet, und durch eine leichte<lb/>
Binde unter&#x017F;tu&#x0364;tzt, angewendet werden.</p>
                          </div><lb/>
                          <div n="11">
                            <head>§. 1664.</head><lb/>
                            <p>Von die&#x017F;en Lei&#x017F;tenbru&#x0364;chen muß u&#x0364;brigens &#x017F;ehr wohl ein<lb/>
Zu&#x017F;tand unter&#x017F;chieden werden, welcher, obwohl a&#x0364;ußerlich jenen<lb/>
ziemlich a&#x0364;hnlich, doch eine ganz ver&#x017F;chiedene Behandlung for-<lb/>
dert, es i&#x017F;t dieß der &#x017F;ogenannte <hi rendition="#g">Lei&#x017F;tenhode</hi> <hi rendition="#aq">(Parochidium),</hi><lb/>
wo ein Hode auf dem Wege durch den Bauchring aufgehal-<lb/>
ten, dort fe&#x017F;t&#x017F;itzen bleibt. Man erkennt dieß am Gefu&#x0364;hl ei-<lb/>
nes fe&#x017F;ten Ko&#x0364;rpers in der Bubonen a&#x0364;hnlichen Ge&#x017F;chwul&#x017F;t, wel-<lb/>
che beim Drucke &#x017F;chmerzt, und an der Leerheit der der Ge-<lb/>
&#x017F;chwul&#x017F;t ent&#x017F;prechenden Seite des Hoden&#x017F;acks. Ruhe, Ba&#x0364;der,<lb/>
und Vermeidung alles Druckes, bei Einklemmung aber erwei-<lb/>
chende Mittel, Einreibungen vom <hi rendition="#aq">Ol. Hyoscyami</hi> u. &#x017F;. w.<lb/>
&#x017F;ind hier allein angezeigt, und allma&#x0364;hlig kommt gewo&#x0364;hnlich<lb/>
der Hode in das <hi rendition="#aq">Scrotum</hi> herab. Daß in einzelnen Fa&#x0364;llen<lb/>
indeß auch ein Hode oder &#x017F;elb&#x017F;t beide (<hi rendition="#aq">Monorchis</hi> und <hi rendition="#aq">Tes-<lb/>
ticondus</hi>) in der Bauchho&#x0364;hle vo&#x0364;llig zuru&#x0364;ckbleiben ko&#x0364;nnen, i&#x017F;t<lb/>
hierbei zu erwa&#x0364;hnen.</p>
                          </div>
                        </div><lb/>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[607/0633] zuweilen daß Darmwindungen zugleich mit herabtreten, der Kanal des Bauchfells ſich zu ſchließen verhindert und aͤußerlich am geborenen Kinde eine Bruchgeſchwulſt bemerkt wird, welche von dem ſpaͤter entſtandenen Leiſtenbruche theils durch das Vorhandenſeyn gleich bei der Geburt, theils dadurch ſich unterſcheidet, daß man, ſobald der Bruch bis in das Scrotum herabtritt, den Hoden nicht zu fuͤhlen im Stande iſt, weil er unmittelbar von den Darmwindungen umgeben iſt. — Selten kommen aͤhnliche Leiſtenbruͤche in Fortſetzungen des Bauchfells an den runden Mutterbaͤndern bei neugebor- nen Maͤdchen vor. — Es ſind dieſes Mißbildungen welche uͤbrigens die Natur, wenn ſie nur einigermaaßen unterſtuͤtzt wird, durch allmaͤhliges Verengern und endliches Verwachſen dieſer regelwidrigen Kanaͤle meiſtens voͤllig beſeitigt und wel- che ſonach in den meiſten Faͤllen eine guͤnſtige Prognoſe ge- ſtatten. Als aͤußere Mittel koͤnnen hierbei aufgelegte Com- preſſen und Charpiebauſchen, mit Spirit. serpilli, . Ca- techu, rothem Wein u. ſ. w. befeuchtet, und durch eine leichte Binde unterſtuͤtzt, angewendet werden. §. 1664. Von dieſen Leiſtenbruͤchen muß uͤbrigens ſehr wohl ein Zuſtand unterſchieden werden, welcher, obwohl aͤußerlich jenen ziemlich aͤhnlich, doch eine ganz verſchiedene Behandlung for- dert, es iſt dieß der ſogenannte Leiſtenhode (Parochidium), wo ein Hode auf dem Wege durch den Bauchring aufgehal- ten, dort feſtſitzen bleibt. Man erkennt dieß am Gefuͤhl ei- nes feſten Koͤrpers in der Bubonen aͤhnlichen Geſchwulſt, wel- che beim Drucke ſchmerzt, und an der Leerheit der der Ge- ſchwulſt entſprechenden Seite des Hodenſacks. Ruhe, Baͤder, und Vermeidung alles Druckes, bei Einklemmung aber erwei- chende Mittel, Einreibungen vom Ol. Hyoscyami u. ſ. w. ſind hier allein angezeigt, und allmaͤhlig kommt gewoͤhnlich der Hode in das Scrotum herab. Daß in einzelnen Faͤllen indeß auch ein Hode oder ſelbſt beide (Monorchis und Tes- ticondus) in der Bauchhoͤhle voͤllig zuruͤckbleiben koͤnnen, iſt hierbei zu erwaͤhnen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/633
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/633>, abgerufen am 03.12.2024.