Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

mehr nothwendig, auf Erhaltung gelinder Darmausleerungen
aber muß fortwährend gesehen werden. -- Da zuweilen al-
lerdings die Vereinigung auch bei diesem Verfahren gelingt,
so ist es rathsam immer zuerst diesen Weg einzuschlagen und
dafern er nicht zum Zweck führt, späterhin die Scarification
und Nath anzuwenden.

§. 1554.

3) Harnbeschwerden. Sie kommen ziemlich häufig
nach schweren Geburten, ja zuweilen selbst nach leichtern Ent-
bindungen vor. Die Formen dieser Abnormitäten sind diesel-
ben welche auch schon bei Schwangern vorkommen und früher
§. 1023 u. f. beschrieben worden sind. Als Ursachen der-
selben ist zunächst die Geschwulst der Urethra und der Harn-
röhrenmündung, welche vorzüglich nach langem Innestehen des
Kopfs sich zu entwickeln pflegt, zu erwähnen; sie hat gewöhn-
lich Strangurie oder Ischurie zur Folge, giebt sich durch Un-
tersuchung des Orificii urethrae, und Hinderniß bei Einfüh-
rung des Katheters zu erkennen, und kann entweder mit oder
ohne Entzündung (ödematös) vorkommen, welches erstere durch
vermehrte Wärme, Empfindlichkeit, und wohl durch leichte
Fieberbewegungen erkannt wird. -- Fernere Ursachen sind
die Lähmung oder Verletzung des Blasenhalses, von welchen
die erstere durch Quetschung von einem starken Kindeskopfe,
durch anhaltende Laukorrhöe, Blutungen u. s. w. oder auch
durch vorausgegangene Entzündung und Geschwust erregt
werden kann, und eine Incontinentia urinae zur Folge hat,
wobei der Harn entweder fortwährend, oder beim Husten, Um-
wenden u. s. w. abfließt. Was die Verletzungen betrifft, so
sind sie meistens die Folge roh ausgeführter Zangenentbindun-
gen, Extraktionen oder Perforationen, führen Harnfisteln nach
der Vagina herbei, und quälen die Kranke fortwährend durch
tropfenweise erfolgenden Harnabgang, durch Excoriationen u. s. w.

§. 1555.

Eine dritte Ursache geben die von der Geburt angereg-
ten Krankheitszustände der Blase, wohin theils die Lähmung

mehr nothwendig, auf Erhaltung gelinder Darmausleerungen
aber muß fortwaͤhrend geſehen werden. — Da zuweilen al-
lerdings die Vereinigung auch bei dieſem Verfahren gelingt,
ſo iſt es rathſam immer zuerſt dieſen Weg einzuſchlagen und
dafern er nicht zum Zweck fuͤhrt, ſpaͤterhin die Scarification
und Nath anzuwenden.

§. 1554.

3) Harnbeſchwerden. Sie kommen ziemlich haͤufig
nach ſchweren Geburten, ja zuweilen ſelbſt nach leichtern Ent-
bindungen vor. Die Formen dieſer Abnormitaͤten ſind dieſel-
ben welche auch ſchon bei Schwangern vorkommen und fruͤher
§. 1023 u. f. beſchrieben worden ſind. Als Urſachen der-
ſelben iſt zunaͤchſt die Geſchwulſt der Urethra und der Harn-
roͤhrenmuͤndung, welche vorzuͤglich nach langem Inneſtehen des
Kopfs ſich zu entwickeln pflegt, zu erwaͤhnen; ſie hat gewoͤhn-
lich Strangurie oder Iſchurie zur Folge, giebt ſich durch Un-
terſuchung des Orificii urethrae, und Hinderniß bei Einfuͤh-
rung des Katheters zu erkennen, und kann entweder mit oder
ohne Entzuͤndung (oͤdematoͤs) vorkommen, welches erſtere durch
vermehrte Waͤrme, Empfindlichkeit, und wohl durch leichte
Fieberbewegungen erkannt wird. — Fernere Urſachen ſind
die Laͤhmung oder Verletzung des Blaſenhalſes, von welchen
die erſtere durch Quetſchung von einem ſtarken Kindeskopfe,
durch anhaltende Laukorrhoͤe, Blutungen u. ſ. w. oder auch
durch vorausgegangene Entzuͤndung und Geſchwuſt erregt
werden kann, und eine Incontinentia urinae zur Folge hat,
wobei der Harn entweder fortwaͤhrend, oder beim Huſten, Um-
wenden u. ſ. w. abfließt. Was die Verletzungen betrifft, ſo
ſind ſie meiſtens die Folge roh ausgefuͤhrter Zangenentbindun-
gen, Extraktionen oder Perforationen, fuͤhren Harnfiſteln nach
der Vagina herbei, und quaͤlen die Kranke fortwaͤhrend durch
tropfenweiſe erfolgenden Harnabgang, durch Excoriationen u. ſ. w.

§. 1555.

Eine dritte Urſache geben die von der Geburt angereg-
ten Krankheitszuſtaͤnde der Blaſe, wohin theils die Laͤhmung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <p><pb facs="#f0565" n="539"/>
mehr nothwendig, auf Erhaltung gelinder Darmausleerungen<lb/>
aber muß fortwa&#x0364;hrend ge&#x017F;ehen werden. &#x2014; Da zuweilen al-<lb/>
lerdings die Vereinigung auch bei die&#x017F;em Verfahren gelingt,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t es rath&#x017F;am immer zuer&#x017F;t die&#x017F;en Weg einzu&#x017F;chlagen und<lb/>
dafern er nicht zum Zweck fu&#x0364;hrt, &#x017F;pa&#x0364;terhin die Scarification<lb/>
und Nath anzuwenden.</p>
                      </div><lb/>
                      <div n="9">
                        <head>§. 1554.</head><lb/>
                        <p>3) <hi rendition="#g">Harnbe&#x017F;chwerden</hi>. Sie kommen ziemlich ha&#x0364;ufig<lb/>
nach &#x017F;chweren Geburten, ja zuweilen &#x017F;elb&#x017F;t nach leichtern Ent-<lb/>
bindungen vor. Die Formen die&#x017F;er Abnormita&#x0364;ten &#x017F;ind die&#x017F;el-<lb/>
ben welche auch &#x017F;chon bei Schwangern vorkommen und fru&#x0364;her<lb/>
§. 1023 u. f. be&#x017F;chrieben worden &#x017F;ind. Als Ur&#x017F;achen der-<lb/>
&#x017F;elben i&#x017F;t zuna&#x0364;ch&#x017F;t die Ge&#x017F;chwul&#x017F;t der Urethra und der Harn-<lb/>
ro&#x0364;hrenmu&#x0364;ndung, welche vorzu&#x0364;glich nach langem Inne&#x017F;tehen des<lb/>
Kopfs &#x017F;ich zu entwickeln pflegt, zu erwa&#x0364;hnen; &#x017F;ie hat gewo&#x0364;hn-<lb/>
lich Strangurie oder I&#x017F;churie zur Folge, giebt &#x017F;ich durch Un-<lb/>
ter&#x017F;uchung des <hi rendition="#aq">Orificii urethrae,</hi> und Hinderniß bei Einfu&#x0364;h-<lb/>
rung des Katheters zu erkennen, und kann entweder mit oder<lb/>
ohne Entzu&#x0364;ndung (o&#x0364;demato&#x0364;s) vorkommen, welches er&#x017F;tere durch<lb/>
vermehrte Wa&#x0364;rme, Empfindlichkeit, und wohl durch leichte<lb/>
Fieberbewegungen erkannt wird. &#x2014; Fernere Ur&#x017F;achen &#x017F;ind<lb/>
die La&#x0364;hmung oder Verletzung des Bla&#x017F;enhal&#x017F;es, von welchen<lb/>
die er&#x017F;tere durch Quet&#x017F;chung von einem &#x017F;tarken Kindeskopfe,<lb/>
durch anhaltende Laukorrho&#x0364;e, Blutungen u. &#x017F;. w. oder auch<lb/>
durch vorausgegangene Entzu&#x0364;ndung und Ge&#x017F;chwu&#x017F;t erregt<lb/>
werden kann, und eine <hi rendition="#aq">Incontinentia urinae</hi> zur Folge hat,<lb/>
wobei der Harn entweder fortwa&#x0364;hrend, oder beim Hu&#x017F;ten, Um-<lb/>
wenden u. &#x017F;. w. abfließt. Was die Verletzungen betrifft, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ind &#x017F;ie mei&#x017F;tens die Folge roh ausgefu&#x0364;hrter Zangenentbindun-<lb/>
gen, Extraktionen oder Perforationen, fu&#x0364;hren Harnfi&#x017F;teln nach<lb/>
der Vagina herbei, und qua&#x0364;len die Kranke fortwa&#x0364;hrend durch<lb/>
tropfenwei&#x017F;e erfolgenden Harnabgang, durch Excoriationen u. &#x017F;. w.</p>
                      </div><lb/>
                      <div n="9">
                        <head>§. 1555.</head><lb/>
                        <p>Eine dritte Ur&#x017F;ache geben die von der Geburt angereg-<lb/>
ten Krankheitszu&#x017F;ta&#x0364;nde der Bla&#x017F;e, wohin theils die La&#x0364;hmung<lb/></p>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[539/0565] mehr nothwendig, auf Erhaltung gelinder Darmausleerungen aber muß fortwaͤhrend geſehen werden. — Da zuweilen al- lerdings die Vereinigung auch bei dieſem Verfahren gelingt, ſo iſt es rathſam immer zuerſt dieſen Weg einzuſchlagen und dafern er nicht zum Zweck fuͤhrt, ſpaͤterhin die Scarification und Nath anzuwenden. §. 1554. 3) Harnbeſchwerden. Sie kommen ziemlich haͤufig nach ſchweren Geburten, ja zuweilen ſelbſt nach leichtern Ent- bindungen vor. Die Formen dieſer Abnormitaͤten ſind dieſel- ben welche auch ſchon bei Schwangern vorkommen und fruͤher §. 1023 u. f. beſchrieben worden ſind. Als Urſachen der- ſelben iſt zunaͤchſt die Geſchwulſt der Urethra und der Harn- roͤhrenmuͤndung, welche vorzuͤglich nach langem Inneſtehen des Kopfs ſich zu entwickeln pflegt, zu erwaͤhnen; ſie hat gewoͤhn- lich Strangurie oder Iſchurie zur Folge, giebt ſich durch Un- terſuchung des Orificii urethrae, und Hinderniß bei Einfuͤh- rung des Katheters zu erkennen, und kann entweder mit oder ohne Entzuͤndung (oͤdematoͤs) vorkommen, welches erſtere durch vermehrte Waͤrme, Empfindlichkeit, und wohl durch leichte Fieberbewegungen erkannt wird. — Fernere Urſachen ſind die Laͤhmung oder Verletzung des Blaſenhalſes, von welchen die erſtere durch Quetſchung von einem ſtarken Kindeskopfe, durch anhaltende Laukorrhoͤe, Blutungen u. ſ. w. oder auch durch vorausgegangene Entzuͤndung und Geſchwuſt erregt werden kann, und eine Incontinentia urinae zur Folge hat, wobei der Harn entweder fortwaͤhrend, oder beim Huſten, Um- wenden u. ſ. w. abfließt. Was die Verletzungen betrifft, ſo ſind ſie meiſtens die Folge roh ausgefuͤhrter Zangenentbindun- gen, Extraktionen oder Perforationen, fuͤhren Harnfiſteln nach der Vagina herbei, und quaͤlen die Kranke fortwaͤhrend durch tropfenweiſe erfolgenden Harnabgang, durch Excoriationen u. ſ. w. §. 1555. Eine dritte Urſache geben die von der Geburt angereg- ten Krankheitszuſtaͤnde der Blaſe, wohin theils die Laͤhmung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/565
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 539. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/565>, abgerufen am 03.12.2024.