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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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das antiphlogiftische Verfahren und kühle, aromatische, mit
Essig vermischte Fomentationen über die Geburtstheile entge-
gengefetzt werden. Stärkere Blutungen fordern auch hier schon
durchaus das Accouchement force, da sonst kein Mittel die
Verblutung abzuwenden vermögen wird.

§. 1499.

2) Während der beginnenden Geburt selbst, muß ebenfalls
das Eingreifen der Kunst durchaus nach dem verschiedenen
Grade der Blutung sich richten. Bei unbeträchtlichem
Blutabgange läßt man daher ruhig die Eröffnung des Mutter-
mundes vorschreiten, ja es ist nicht unmöglich, daß bei einem
nur am Rande des Muttermundes aufsitzenden Mutterkuchen
selbst die Geburt des Kindes ohne künstliche Hülfe vor sich
gehen könne. Allein weit häufiger nimmt die Blutung bald
nachdem der Muttermund nur in etwas geöffnet ist, überhand,
und dann ist die Beschleunigung der Geburt das einzige
Mittel ihn zu stillen, indem alle andere sonst durch stärker
erregte Contraktion blutstillend wirkende Mittel hier die Hä-
morrhagie nur verstärken würden. -- Die Entbindung selbst
geschieht dann erstens durch künstliche Eröffnung des Mutter-
mundes, zweitens indem man nach der Seite wo sich neben
der Placenta Eihäute fühlen lassen, oder, beim centrischen
Aufsitzen, nach der Seite wo die Füsse des Kindes liegen,
nach oben beschriebenen Regeln (§. 1310) den Mutterkuchen
soweit abtrennt, um die Hand zu den Füssen des Kindes
außer den Häuten hinaufführen zu können. Die Häute selbst
werden allda gesprengt, nach ebenfalls gelehrten Regeln wird
Wendung auf die Füsse (selbst wenn der Kopf vorliegen sollte)
und Extraktion des Kindes beendigt, und dann bei andauern-
der Blutung (welche indeß gewöhnlich nach Entleerung des
Uterus steht) durch Injektionen, Einreibungen und zweckmäßige
innere Mittel (@. cinnamomi, Phosphorsäure u. s. w.) auf
vollkommne Zusammenziehung des Uterus gewirkt, so wie die
sich gewöhnlich bald vollends trennende Placenta entfernt. --
Die ältern auf unvollkommne Kenntniß dieses Zustandes sich

das antiphlogiftiſche Verfahren und kuͤhle, aromatiſche, mit
Eſſig vermiſchte Fomentationen uͤber die Geburtstheile entge-
gengefetzt werden. Staͤrkere Blutungen fordern auch hier ſchon
durchaus das Accouchement forcé, da ſonſt kein Mittel die
Verblutung abzuwenden vermoͤgen wird.

§. 1499.

2) Waͤhrend der beginnenden Geburt ſelbſt, muß ebenfalls
das Eingreifen der Kunſt durchaus nach dem verſchiedenen
Grade der Blutung ſich richten. Bei unbetraͤchtlichem
Blutabgange laͤßt man daher ruhig die Eroͤffnung des Mutter-
mundes vorſchreiten, ja es iſt nicht unmoͤglich, daß bei einem
nur am Rande des Muttermundes aufſitzenden Mutterkuchen
ſelbſt die Geburt des Kindes ohne kuͤnſtliche Huͤlfe vor ſich
gehen koͤnne. Allein weit haͤufiger nimmt die Blutung bald
nachdem der Muttermund nur in etwas geoͤffnet iſt, uͤberhand,
und dann iſt die Beſchleunigung der Geburt das einzige
Mittel ihn zu ſtillen, indem alle andere ſonſt durch ſtaͤrker
erregte Contraktion blutſtillend wirkende Mittel hier die Haͤ-
morrhagie nur verſtaͤrken wuͤrden. — Die Entbindung ſelbſt
geſchieht dann erſtens durch kuͤnſtliche Eroͤffnung des Mutter-
mundes, zweitens indem man nach der Seite wo ſich neben
der Placenta Eihaͤute fuͤhlen laſſen, oder, beim centriſchen
Aufſitzen, nach der Seite wo die Fuͤſſe des Kindes liegen,
nach oben beſchriebenen Regeln (§. 1310) den Mutterkuchen
ſoweit abtrennt, um die Hand zu den Fuͤſſen des Kindes
außer den Haͤuten hinauffuͤhren zu koͤnnen. Die Haͤute ſelbſt
werden allda geſprengt, nach ebenfalls gelehrten Regeln wird
Wendung auf die Fuͤſſe (ſelbſt wenn der Kopf vorliegen ſollte)
und Extraktion des Kindes beendigt, und dann bei andauern-
der Blutung (welche indeß gewoͤhnlich nach Entleerung des
Uterus ſteht) durch Injektionen, Einreibungen und zweckmaͤßige
innere Mittel (. cinnamomi, Phoſphorſaͤure u. ſ. w.) auf
vollkommne Zuſammenziehung des Uterus gewirkt, ſo wie die
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Die aͤltern auf unvollkommne Kenntniß dieſes Zuſtandes ſich

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[505/0531] das antiphlogiftiſche Verfahren und kuͤhle, aromatiſche, mit Eſſig vermiſchte Fomentationen uͤber die Geburtstheile entge- gengefetzt werden. Staͤrkere Blutungen fordern auch hier ſchon durchaus das Accouchement forcé, da ſonſt kein Mittel die Verblutung abzuwenden vermoͤgen wird. §. 1499. 2) Waͤhrend der beginnenden Geburt ſelbſt, muß ebenfalls das Eingreifen der Kunſt durchaus nach dem verſchiedenen Grade der Blutung ſich richten. Bei unbetraͤchtlichem Blutabgange laͤßt man daher ruhig die Eroͤffnung des Mutter- mundes vorſchreiten, ja es iſt nicht unmoͤglich, daß bei einem nur am Rande des Muttermundes aufſitzenden Mutterkuchen ſelbſt die Geburt des Kindes ohne kuͤnſtliche Huͤlfe vor ſich gehen koͤnne. Allein weit haͤufiger nimmt die Blutung bald nachdem der Muttermund nur in etwas geoͤffnet iſt, uͤberhand, und dann iſt die Beſchleunigung der Geburt das einzige Mittel ihn zu ſtillen, indem alle andere ſonſt durch ſtaͤrker erregte Contraktion blutſtillend wirkende Mittel hier die Haͤ- morrhagie nur verſtaͤrken wuͤrden. — Die Entbindung ſelbſt geſchieht dann erſtens durch kuͤnſtliche Eroͤffnung des Mutter- mundes, zweitens indem man nach der Seite wo ſich neben der Placenta Eihaͤute fuͤhlen laſſen, oder, beim centriſchen Aufſitzen, nach der Seite wo die Fuͤſſe des Kindes liegen, nach oben beſchriebenen Regeln (§. 1310) den Mutterkuchen ſoweit abtrennt, um die Hand zu den Fuͤſſen des Kindes außer den Haͤuten hinauffuͤhren zu koͤnnen. Die Haͤute ſelbſt werden allda geſprengt, nach ebenfalls gelehrten Regeln wird Wendung auf die Fuͤſſe (ſelbſt wenn der Kopf vorliegen ſollte) und Extraktion des Kindes beendigt, und dann bei andauern- der Blutung (welche indeß gewoͤhnlich nach Entleerung des Uterus ſteht) durch Injektionen, Einreibungen und zweckmaͤßige innere Mittel (. cinnamomi, Phoſphorſaͤure u. ſ. w.) auf vollkommne Zuſammenziehung des Uterus gewirkt, ſo wie die ſich gewoͤhnlich bald vollends trennende Placenta entfernt. — Die aͤltern auf unvollkommne Kenntniß dieſes Zuſtandes ſich

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/531>, abgerufen am 21.11.2024.