daß eine feste Grenze hierbei nicht gesteckt werden könne. Nimmt man z. B. mit manchen Geburtshelfern an, daß nur 42 oder 46 wöchentliche Schwangerschaften möglich seyen, oder setzen manche Gesetzbücher die größtmögliche Dauer einer Schwangerschaft auf 302 Tage (wie das Preußische) oder auf 300 Tage (wie der Code Napoleon) *), so ist dieß eine durchaus willkührliche Bestimmung, welche nichts für sich hat als die große Seltenheit der wirklich um 2 und mehrere Wochen verspäteten Geburten, von welchen übrigens doch Beispiele an mehrern Orten aufgezeichnet gefunden werden **).
§. 1477.
Zeichen der verlängerten Schwangerschaft; wir theilen sie in die vor der Niederkunft, und die bei und nach derselben wahrnehmbaren. Während der Schwanger- schaftszeit selbst würde allerdings die Schwangerschaftsrechnung das bestimmteste Kennzeichen abgeben, nur daß hier so leicht und so oft, theils absichtliche theils unwillkührliche Täuschungen Statt finden, worauf man denn Rücksicht zu nehmen, und nie den Angaben der Schwangern zu unbedingt Glauben beizumessen hat. Außerdem würde es auf abnorme Verlän- gerung der Schwangerschaft schließen lassen, wenn, nachdem der Leib seine größte Ausdehnung erreicht, sich gesenkt, und die Vaginalportion sich verkürzt hat, doch die Niederkunft zur erwarteten Zeit nicht eintritt, wohl aber andere Beschwer- den, Schwellen der Füße, Kreuzschmerzen u. s. w. sich äußern. Endlich wenn mehrere von den Ursachen der Spätgeburt vor- handen sind.
*) s. hierüber Metzger kurzgefaßtes System der gerichtlichen Arz- neiwissenschaft, herausgeg. v. Gruner. 4. Aufl. 1814. III. Abschn. 3. Kap.
**) s. Handbuch d. Entbindungskunst v. Osiander 1. Thl. S. 345. u. s. u. Mursinna neustes Journ. f. d. Chirurgie, Arzneik. u. Geburtshlfe. I. Bd. 3. St. S. 424. u. f.
daß eine feſte Grenze hierbei nicht geſteckt werden koͤnne. Nimmt man z. B. mit manchen Geburtshelfern an, daß nur 42 oder 46 woͤchentliche Schwangerſchaften moͤglich ſeyen, oder ſetzen manche Geſetzbuͤcher die groͤßtmoͤgliche Dauer einer Schwangerſchaft auf 302 Tage (wie das Preußiſche) oder auf 300 Tage (wie der Code Napoleon) *), ſo iſt dieß eine durchaus willkuͤhrliche Beſtimmung, welche nichts fuͤr ſich hat als die große Seltenheit der wirklich um 2 und mehrere Wochen verſpaͤteten Geburten, von welchen uͤbrigens doch Beiſpiele an mehrern Orten aufgezeichnet gefunden werden **).
§. 1477.
Zeichen der verlaͤngerten Schwangerſchaft; wir theilen ſie in die vor der Niederkunft, und die bei und nach derſelben wahrnehmbaren. Waͤhrend der Schwanger- ſchaftszeit ſelbſt wuͤrde allerdings die Schwangerſchaftsrechnung das beſtimmteſte Kennzeichen abgeben, nur daß hier ſo leicht und ſo oft, theils abſichtliche theils unwillkuͤhrliche Taͤuſchungen Statt finden, worauf man denn Ruͤckſicht zu nehmen, und nie den Angaben der Schwangern zu unbedingt Glauben beizumeſſen hat. Außerdem wuͤrde es auf abnorme Verlaͤn- gerung der Schwangerſchaft ſchließen laſſen, wenn, nachdem der Leib ſeine groͤßte Ausdehnung erreicht, ſich geſenkt, und die Vaginalportion ſich verkuͤrzt hat, doch die Niederkunft zur erwarteten Zeit nicht eintritt, wohl aber andere Beſchwer- den, Schwellen der Fuͤße, Kreuzſchmerzen u. ſ. w. ſich aͤußern. Endlich wenn mehrere von den Urſachen der Spaͤtgeburt vor- handen ſind.
*) ſ. hieruͤber Metzger kurzgefaßtes Syſtem der gerichtlichen Arz- neiwiſſenſchaft, herausgeg. v. Gruner. 4. Aufl. 1814. III. Abſchn. 3. Kap.
**) ſ. Handbuch d. Entbindungskunſt v. Oſiander 1. Thl. S. 345. u. ſ. u. Murſinna neuſtes Journ. f. d. Chirurgie, Arzneik. u. Geburtshlfe. I. Bd. 3. St. S. 424. u. f.
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daß eine feſte Grenze hierbei nicht geſteckt werden koͤnne.
Nimmt man z. B. mit manchen Geburtshelfern an, daß nur
42 oder 46 woͤchentliche Schwangerſchaften moͤglich ſeyen, oder
ſetzen manche Geſetzbuͤcher die groͤßtmoͤgliche Dauer einer
Schwangerſchaft auf 302 Tage (wie das Preußiſche) oder auf
300 Tage (wie der Code Napoleon) *), ſo iſt dieß eine
durchaus willkuͤhrliche Beſtimmung, welche nichts fuͤr ſich
hat als die große Seltenheit der wirklich um 2 und mehrere
Wochen verſpaͤteten Geburten, von welchen uͤbrigens doch
Beiſpiele an mehrern Orten aufgezeichnet gefunden werden **).
§. 1477.
Zeichen der verlaͤngerten Schwangerſchaft;
wir theilen ſie in die vor der Niederkunft, und die bei und
nach derſelben wahrnehmbaren. Waͤhrend der Schwanger-
ſchaftszeit ſelbſt wuͤrde allerdings die Schwangerſchaftsrechnung
das beſtimmteſte Kennzeichen abgeben, nur daß hier ſo leicht
und ſo oft, theils abſichtliche theils unwillkuͤhrliche Taͤuſchungen
Statt finden, worauf man denn Ruͤckſicht zu nehmen, und
nie den Angaben der Schwangern zu unbedingt Glauben
beizumeſſen hat. Außerdem wuͤrde es auf abnorme Verlaͤn-
gerung der Schwangerſchaft ſchließen laſſen, wenn, nachdem
der Leib ſeine groͤßte Ausdehnung erreicht, ſich geſenkt, und
die Vaginalportion ſich verkuͤrzt hat, doch die Niederkunft
zur erwarteten Zeit nicht eintritt, wohl aber andere Beſchwer-
den, Schwellen der Fuͤße, Kreuzſchmerzen u. ſ. w. ſich aͤußern.
Endlich wenn mehrere von den Urſachen der Spaͤtgeburt vor-
handen ſind.
*) ſ. hieruͤber Metzger kurzgefaßtes Syſtem der gerichtlichen Arz-
neiwiſſenſchaft, herausgeg. v. Gruner. 4. Aufl. 1814. III. Abſchn.
3. Kap.
**) ſ. Handbuch d. Entbindungskunſt v. Oſiander 1. Thl. S. 345.
u. ſ. u. Murſinna neuſtes Journ. f. d. Chirurgie, Arzneik. u.
Geburtshlfe. I. Bd. 3. St. S. 424. u. f.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/519>, abgerufen am 21.11.2024.
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