Der dritte Grad der Beckenenge begreift diejeni- gen Verunstaltungen in sich, wo die Conjugata (oder über- haupt der kleinste Durchmesser des Beckens) noch unter 2 3/4 Zoll hält. Hier würde die Geburt eines ausgetragenen, ja selbst die eines noch nicht völlig reifen lebenden Kindes auf keine Weise möglich seyn, nur ein spärlich genährtes Kind kann zuweilen todt durch das Becken künstlich hindurch ge- führt werden, und wo die Verengerung noch nicht unter 2 1/2 Zoll beträgt wird unter günstigen Umständen auch wohl noch die Entbindung durch die Perforation möglich werden. In den übrigen Fällen wird die Entbindung überhaupt auf dem natürlichen Wege unmöglich bleiben, und es müßte sonach die Mutter sowohl als das Kind (die erstere in Folge eintre- tender Entzündung und Gangrän des Unterus), ohne Beihülfe der Kunst, nothwendig sterben.
§. 1427.
Die Behandlung wird hier sich blos auf den Ge- burtsakt selbst beziehen künnen, da man bei einem dergestalt verengerten Becken auch auf die Entbindung durch künstliche Frühgeburt Verzicht leisten muß. -- Die hier nöthig werden- den Operationen aber sind, vorzüglich bei ausgetragenen leben- den Kindern, und eben so bei todten wenn die Conjugata noch nicht 2 1/2 Zoll beträgt, die Gastrohysterotomie; nur wenn auf das Leben des Kindes Verzicht geleistet werden muß, auch deßhalb weil die Gebärende jener Operation sich nicht unter- werfen will, und die Weite noch zwischen 2 1/2 bis 2 3/4 Zoll beträgt, auch das Kind nicht allzugroß ist, die Enthirnung oder die Extraktion des Kindes mit vorausgehenden Füßen und unter Beihülfe des Smellie'schen Hakens; über welche Hülfsleistungen denn sämmtlich in der Lehre von den geburts- hülflichen Operationen das Nähere erörtert worden ist.
§. 1428.
Es ist nun noch über die Folgen und Behand- lungsweisen der übrigen hierher gehörigen Verbildungen des
§. 1426.
Der dritte Grad der Beckenenge begreift diejeni- gen Verunſtaltungen in ſich, wo die Conjugata (oder uͤber- haupt der kleinſte Durchmeſſer des Beckens) noch unter 2 ¾ Zoll haͤlt. Hier wuͤrde die Geburt eines ausgetragenen, ja ſelbſt die eines noch nicht voͤllig reifen lebenden Kindes auf keine Weiſe moͤglich ſeyn, nur ein ſpaͤrlich genaͤhrtes Kind kann zuweilen todt durch das Becken kuͤnſtlich hindurch ge- fuͤhrt werden, und wo die Verengerung noch nicht unter 2 ½ Zoll betraͤgt wird unter guͤnſtigen Umſtaͤnden auch wohl noch die Entbindung durch die Perforation moͤglich werden. In den uͤbrigen Faͤllen wird die Entbindung uͤberhaupt auf dem natuͤrlichen Wege unmoͤglich bleiben, und es muͤßte ſonach die Mutter ſowohl als das Kind (die erſtere in Folge eintre- tender Entzuͤndung und Gangraͤn des Unterus), ohne Beihuͤlfe der Kunſt, nothwendig ſterben.
§. 1427.
Die Behandlung wird hier ſich blos auf den Ge- burtsakt ſelbſt beziehen kuͤnnen, da man bei einem dergeſtalt verengerten Becken auch auf die Entbindung durch kuͤnſtliche Fruͤhgeburt Verzicht leiſten muß. — Die hier noͤthig werden- den Operationen aber ſind, vorzuͤglich bei ausgetragenen leben- den Kindern, und eben ſo bei todten wenn die Conjugata noch nicht 2 ½ Zoll betraͤgt, die Gaſtrohyſterotomie; nur wenn auf das Leben des Kindes Verzicht geleiſtet werden muß, auch deßhalb weil die Gebaͤrende jener Operation ſich nicht unter- werfen will, und die Weite noch zwiſchen 2 ½ bis 2 ¾ Zoll betraͤgt, auch das Kind nicht allzugroß iſt, die Enthirnung oder die Extraktion des Kindes mit vorausgehenden Fuͤßen und unter Beihuͤlfe des Smellie’ſchen Hakens; uͤber welche Huͤlfsleiſtungen denn ſaͤmmtlich in der Lehre von den geburts- huͤlflichen Operationen das Naͤhere eroͤrtert worden iſt.
§. 1428.
Es iſt nun noch uͤber die Folgen und Behand- lungsweiſen der uͤbrigen hierher gehoͤrigen Verbildungen des
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><pbfacs="#f0488"n="462"/><divn="9"><head>§. 1426.</head><lb/><p>Der <hirendition="#g">dritte Grad der Beckenenge</hi> begreift diejeni-<lb/>
gen Verunſtaltungen in ſich, wo die Conjugata (oder uͤber-<lb/>
haupt der kleinſte Durchmeſſer des Beckens) noch unter 2 ¾<lb/>
Zoll haͤlt. Hier wuͤrde die Geburt eines ausgetragenen, ja<lb/>ſelbſt die eines noch nicht voͤllig reifen lebenden Kindes auf<lb/>
keine Weiſe moͤglich ſeyn, nur ein ſpaͤrlich genaͤhrtes Kind<lb/>
kann zuweilen todt durch das Becken kuͤnſtlich hindurch ge-<lb/>
fuͤhrt werden, und wo die Verengerung noch nicht unter 2 ½<lb/>
Zoll betraͤgt wird unter guͤnſtigen Umſtaͤnden auch wohl noch<lb/>
die Entbindung durch die Perforation moͤglich werden. In<lb/>
den uͤbrigen Faͤllen wird die Entbindung uͤberhaupt auf dem<lb/>
natuͤrlichen Wege unmoͤglich bleiben, und es muͤßte ſonach<lb/>
die Mutter ſowohl als das Kind (die erſtere in Folge eintre-<lb/>
tender Entzuͤndung und Gangraͤn des Unterus), ohne Beihuͤlfe<lb/>
der Kunſt, nothwendig ſterben.</p></div><lb/><divn="9"><head>§. 1427.</head><lb/><p><hirendition="#g">Die Behandlung</hi> wird hier ſich blos auf den Ge-<lb/>
burtsakt ſelbſt beziehen kuͤnnen, da man bei einem dergeſtalt<lb/>
verengerten Becken auch auf die Entbindung durch kuͤnſtliche<lb/>
Fruͤhgeburt Verzicht leiſten muß. — Die hier noͤthig werden-<lb/>
den Operationen aber ſind, vorzuͤglich bei ausgetragenen leben-<lb/>
den Kindern, und eben ſo bei todten wenn die <hirendition="#aq">Conjugata</hi><lb/>
noch nicht 2 ½ Zoll betraͤgt, die Gaſtrohyſterotomie; nur wenn<lb/>
auf das Leben des Kindes Verzicht geleiſtet werden muß, auch<lb/>
deßhalb weil die Gebaͤrende jener Operation ſich nicht unter-<lb/>
werfen will, und die Weite noch zwiſchen 2 ½ bis 2 ¾ Zoll<lb/>
betraͤgt, <choice><sic>anch</sic><corr>auch</corr></choice> das Kind nicht allzugroß iſt, die Enthirnung<lb/>
oder die Extraktion des Kindes mit vorausgehenden Fuͤßen<lb/>
und unter Beihuͤlfe des <hirendition="#g">Smellie’ſ</hi>chen Hakens; uͤber welche<lb/>
Huͤlfsleiſtungen denn ſaͤmmtlich in der Lehre von den geburts-<lb/>
huͤlflichen Operationen das Naͤhere eroͤrtert worden iſt.</p></div><lb/><divn="9"><head>§. 1428.</head><lb/><p>Es iſt nun noch uͤber die <hirendition="#g">Folgen und Behand-<lb/>
lungsweiſen</hi> der uͤbrigen hierher gehoͤrigen Verbildungen des<lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[462/0488]
§. 1426.
Der dritte Grad der Beckenenge begreift diejeni-
gen Verunſtaltungen in ſich, wo die Conjugata (oder uͤber-
haupt der kleinſte Durchmeſſer des Beckens) noch unter 2 ¾
Zoll haͤlt. Hier wuͤrde die Geburt eines ausgetragenen, ja
ſelbſt die eines noch nicht voͤllig reifen lebenden Kindes auf
keine Weiſe moͤglich ſeyn, nur ein ſpaͤrlich genaͤhrtes Kind
kann zuweilen todt durch das Becken kuͤnſtlich hindurch ge-
fuͤhrt werden, und wo die Verengerung noch nicht unter 2 ½
Zoll betraͤgt wird unter guͤnſtigen Umſtaͤnden auch wohl noch
die Entbindung durch die Perforation moͤglich werden. In
den uͤbrigen Faͤllen wird die Entbindung uͤberhaupt auf dem
natuͤrlichen Wege unmoͤglich bleiben, und es muͤßte ſonach
die Mutter ſowohl als das Kind (die erſtere in Folge eintre-
tender Entzuͤndung und Gangraͤn des Unterus), ohne Beihuͤlfe
der Kunſt, nothwendig ſterben.
§. 1427.
Die Behandlung wird hier ſich blos auf den Ge-
burtsakt ſelbſt beziehen kuͤnnen, da man bei einem dergeſtalt
verengerten Becken auch auf die Entbindung durch kuͤnſtliche
Fruͤhgeburt Verzicht leiſten muß. — Die hier noͤthig werden-
den Operationen aber ſind, vorzuͤglich bei ausgetragenen leben-
den Kindern, und eben ſo bei todten wenn die Conjugata
noch nicht 2 ½ Zoll betraͤgt, die Gaſtrohyſterotomie; nur wenn
auf das Leben des Kindes Verzicht geleiſtet werden muß, auch
deßhalb weil die Gebaͤrende jener Operation ſich nicht unter-
werfen will, und die Weite noch zwiſchen 2 ½ bis 2 ¾ Zoll
betraͤgt, auch das Kind nicht allzugroß iſt, die Enthirnung
oder die Extraktion des Kindes mit vorausgehenden Fuͤßen
und unter Beihuͤlfe des Smellie’ſchen Hakens; uͤber welche
Huͤlfsleiſtungen denn ſaͤmmtlich in der Lehre von den geburts-
huͤlflichen Operationen das Naͤhere eroͤrtert worden iſt.
§. 1428.
Es iſt nun noch uͤber die Folgen und Behand-
lungsweiſen der uͤbrigen hierher gehoͤrigen Verbildungen des
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/488>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.