Nächst diesen verschiedenen Formen des Blutflußes kön- nen denn auch wohl einige Fälle von Convulsionen welche bei Schwangern oder bei angehenden Gebärenden eintreten, ferner Ohnmachten, apoplektische Zufälle u. s. w. welche Lebensgefahr drohen, Veranlassung zu dieser Operation werden, dafern näm- lich wirklich ein unmittelbarer Zusammenhang dieser Uebel mit dem Zustande der Schwangerschaft nachzuweisen, und die An- wendung anderer für diesen Behuf zweckmäßiger Mittel frucht- los geblieben ist. -- Den Vorschlag hingegen, durch die ge- waltsame Entbindung vor dem eigentlichen Ende der Schwan- gerschaft die allzuschweren Geburten, oder gar den Kaiser- schnitt zu vermeiden, müssen Gründe der Vernunft, und (lei- der!) auch der Erfahrung, als völlig verwerflich darstellen, so daß er mit dem der künstlichen Frühgeburt durch zeitige- res Wassersprengen gar nicht verglichen werden darf.
§. 1316.
Ueber die Art wie diese Operation auszuführen sey, be- darf es hier keiner weitern besondern Erörterung, da das nö- thige hierüber schon bei den einzelnen Theilen derselben ange- geben worden ist; die Hauptregel aber müssen wir doch noch insbesondere für dieselbe festsetzen, daß, was immer hierbei von Beendigung oder Förderung der Geburt, den Naturkräften ohne Nachtheil überlassen werden kann, auch auf keinerlei Weise durch die Kunst bewerkstelligt werden solle. Kann da- her z. B. die Eröffnung des Muttermundes, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, ohne Nachtheil der Mutter oder des Kindes gedeihen, so soll sie nicht durch die Kunst verrichtet werden. Eben dasselbe gilt von der Wegnahme der Nachge- geburt u. s. w. -- Blos auf diese Weise nämlich ist es zu- weilen möglich, die Prognose für Mutter und Kind einiger- maaßen vortheilhafter zu stellen, und den höchst gefährlichen Ausgang welchen sie nicht selten herbeigeführt hat, zu ver- meiden.
§. 1315.
Naͤchſt dieſen verſchiedenen Formen des Blutflußes koͤn- nen denn auch wohl einige Faͤlle von Convulſionen welche bei Schwangern oder bei angehenden Gebaͤrenden eintreten, ferner Ohnmachten, apoplektiſche Zufaͤlle u. ſ. w. welche Lebensgefahr drohen, Veranlaſſung zu dieſer Operation werden, dafern naͤm- lich wirklich ein unmittelbarer Zuſammenhang dieſer Uebel mit dem Zuſtande der Schwangerſchaft nachzuweiſen, und die An- wendung anderer fuͤr dieſen Behuf zweckmaͤßiger Mittel frucht- los geblieben iſt. — Den Vorſchlag hingegen, durch die ge- waltſame Entbindung vor dem eigentlichen Ende der Schwan- gerſchaft die allzuſchweren Geburten, oder gar den Kaiſer- ſchnitt zu vermeiden, muͤſſen Gruͤnde der Vernunft, und (lei- der!) auch der Erfahrung, als voͤllig verwerflich darſtellen, ſo daß er mit dem der kuͤnſtlichen Fruͤhgeburt durch zeitige- res Waſſerſprengen gar nicht verglichen werden darf.
§. 1316.
Ueber die Art wie dieſe Operation auszufuͤhren ſey, be- darf es hier keiner weitern beſondern Eroͤrterung, da das noͤ- thige hieruͤber ſchon bei den einzelnen Theilen derſelben ange- geben worden iſt; die Hauptregel aber muͤſſen wir doch noch insbeſondere fuͤr dieſelbe feſtſetzen, daß, was immer hierbei von Beendigung oder Foͤrderung der Geburt, den Naturkraͤften ohne Nachtheil uͤberlaſſen werden kann, auch auf keinerlei Weiſe durch die Kunſt bewerkſtelligt werden ſolle. Kann da- her z. B. die Eroͤffnung des Muttermundes, wenigſtens bis zu einem gewiſſen Grade, ohne Nachtheil der Mutter oder des Kindes gedeihen, ſo ſoll ſie nicht durch die Kunſt verrichtet werden. Eben daſſelbe gilt von der Wegnahme der Nachge- geburt u. ſ. w. — Blos auf dieſe Weiſe naͤmlich iſt es zu- weilen moͤglich, die Prognoſe fuͤr Mutter und Kind einiger- maaßen vortheilhafter zu ſtellen, und den hoͤchſt gefaͤhrlichen Ausgang welchen ſie nicht ſelten herbeigefuͤhrt hat, zu ver- meiden.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><pbfacs="#f0423"n="399"/><divn="8"><head>§. 1315.</head><lb/><p>Naͤchſt dieſen verſchiedenen Formen des Blutflußes koͤn-<lb/>
nen denn auch wohl einige Faͤlle von Convulſionen welche bei<lb/>
Schwangern oder bei angehenden Gebaͤrenden eintreten, ferner<lb/>
Ohnmachten, apoplektiſche Zufaͤlle u. ſ. w. welche Lebensgefahr<lb/>
drohen, Veranlaſſung zu dieſer Operation werden, dafern naͤm-<lb/>
lich wirklich ein unmittelbarer Zuſammenhang dieſer Uebel mit<lb/>
dem Zuſtande der Schwangerſchaft nachzuweiſen, und die An-<lb/>
wendung anderer fuͤr dieſen Behuf zweckmaͤßiger Mittel frucht-<lb/>
los geblieben iſt. — Den Vorſchlag hingegen, durch die ge-<lb/>
waltſame Entbindung vor dem eigentlichen Ende der Schwan-<lb/>
gerſchaft die allzuſchweren Geburten, oder gar den Kaiſer-<lb/>ſchnitt zu vermeiden, muͤſſen Gruͤnde der Vernunft, und (lei-<lb/>
der!) auch der Erfahrung, als voͤllig verwerflich darſtellen,<lb/>ſo daß er mit dem der kuͤnſtlichen Fruͤhgeburt durch zeitige-<lb/>
res Waſſerſprengen gar nicht verglichen werden darf.</p></div><lb/><divn="8"><head>§. 1316.</head><lb/><p>Ueber die Art wie dieſe Operation auszufuͤhren ſey, be-<lb/>
darf es hier keiner weitern beſondern Eroͤrterung, da das noͤ-<lb/>
thige hieruͤber ſchon bei den einzelnen Theilen derſelben ange-<lb/>
geben worden iſt; <hirendition="#g">die</hi> Hauptregel aber muͤſſen wir doch noch<lb/>
insbeſondere fuͤr dieſelbe feſtſetzen, daß, was immer hierbei<lb/>
von Beendigung oder Foͤrderung der Geburt, den Naturkraͤften<lb/>
ohne Nachtheil uͤberlaſſen werden <hirendition="#g">kann</hi>, auch auf keinerlei<lb/>
Weiſe durch die Kunſt bewerkſtelligt werden ſolle. Kann da-<lb/>
her z. B. die Eroͤffnung des Muttermundes, wenigſtens bis<lb/>
zu einem gewiſſen Grade, ohne Nachtheil der Mutter oder des<lb/>
Kindes gedeihen, ſo ſoll ſie nicht durch die Kunſt verrichtet<lb/>
werden. Eben daſſelbe gilt von der Wegnahme der Nachge-<lb/>
geburt u. ſ. w. — Blos auf dieſe Weiſe naͤmlich iſt es zu-<lb/>
weilen moͤglich, die Prognoſe fuͤr Mutter und Kind einiger-<lb/>
maaßen vortheilhafter zu ſtellen, und den hoͤchſt gefaͤhrlichen<lb/>
Ausgang welchen ſie nicht ſelten herbeigefuͤhrt hat, zu ver-<lb/>
meiden.</p></div></div></div></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></div></body></text></TEI>
[399/0423]
§. 1315.
Naͤchſt dieſen verſchiedenen Formen des Blutflußes koͤn-
nen denn auch wohl einige Faͤlle von Convulſionen welche bei
Schwangern oder bei angehenden Gebaͤrenden eintreten, ferner
Ohnmachten, apoplektiſche Zufaͤlle u. ſ. w. welche Lebensgefahr
drohen, Veranlaſſung zu dieſer Operation werden, dafern naͤm-
lich wirklich ein unmittelbarer Zuſammenhang dieſer Uebel mit
dem Zuſtande der Schwangerſchaft nachzuweiſen, und die An-
wendung anderer fuͤr dieſen Behuf zweckmaͤßiger Mittel frucht-
los geblieben iſt. — Den Vorſchlag hingegen, durch die ge-
waltſame Entbindung vor dem eigentlichen Ende der Schwan-
gerſchaft die allzuſchweren Geburten, oder gar den Kaiſer-
ſchnitt zu vermeiden, muͤſſen Gruͤnde der Vernunft, und (lei-
der!) auch der Erfahrung, als voͤllig verwerflich darſtellen,
ſo daß er mit dem der kuͤnſtlichen Fruͤhgeburt durch zeitige-
res Waſſerſprengen gar nicht verglichen werden darf.
§. 1316.
Ueber die Art wie dieſe Operation auszufuͤhren ſey, be-
darf es hier keiner weitern beſondern Eroͤrterung, da das noͤ-
thige hieruͤber ſchon bei den einzelnen Theilen derſelben ange-
geben worden iſt; die Hauptregel aber muͤſſen wir doch noch
insbeſondere fuͤr dieſelbe feſtſetzen, daß, was immer hierbei
von Beendigung oder Foͤrderung der Geburt, den Naturkraͤften
ohne Nachtheil uͤberlaſſen werden kann, auch auf keinerlei
Weiſe durch die Kunſt bewerkſtelligt werden ſolle. Kann da-
her z. B. die Eroͤffnung des Muttermundes, wenigſtens bis
zu einem gewiſſen Grade, ohne Nachtheil der Mutter oder des
Kindes gedeihen, ſo ſoll ſie nicht durch die Kunſt verrichtet
werden. Eben daſſelbe gilt von der Wegnahme der Nachge-
geburt u. ſ. w. — Blos auf dieſe Weiſe naͤmlich iſt es zu-
weilen moͤglich, die Prognoſe fuͤr Mutter und Kind einiger-
maaßen vortheilhafter zu ſtellen, und den hoͤchſt gefaͤhrlichen
Ausgang welchen ſie nicht ſelten herbeigefuͤhrt hat, zu ver-
meiden.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/423>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.