Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite
III.
Von der künstlichen Bewerkstelligung
des gesammten Geburtsgeschäfts
.
Die gewaltsame Entbindung.
(Accouchement force.)
§. 1313.

Wir verstehen hierunter die Reihenfolge verschiedener, im
Einzelnen schon beschriebener Operationen, bei denen auf die
künstliche Erweiterung des Muttermundes, das Sprengen der
Eihäute, die Wendung und Extraktion des Kindes, so wie die
Lösung und Hinwegnahme der Nachgeburt folgt. Es kann
dieses aber unternommen werden, entweder während der Schwan-
gerschaft oder beim ersten Beginnen eintretender Geburtsthätig-
keit, stets aber ist es eine sowohl für die Mutter als für das
Kind höchst gefährliche Operation, und nur äußerst wenige
Fälle bleiben daher übrig, wo sie unbedingt unternommen wer-
den müßte.

§. 1314.

Unter allen Umständen aber, welche man wohl früherhin
als Indication für das Unternehmen der gewaltsamen Ent-
bindung aufgeführt hat, scheint, bei richtiger Erwägung, fast
einzig und allein heftige, auf keine andere Weise
zu stillende Blutung
, derjenige, bei welchem diese Ope-
ration gar nicht zu umgehen ist. Die Entstehung eines solchen
Blutflußes kann übrigens sehr verschieden seyn, als durch Auf-
sitzen des Mutterkuchens auf dem Muttermunde, zeitigere
Trennung der Placenta bei beginnender Frühgeburt in Folge
erlittener gewaltsamer Erschütterung, ja selbst die Blutungen
aus andern Organen, sobald sie sehr heftig sind und in sol-
chem Zusammenhange mit der Schwangerschaft stehen, daß sie
vor erfolgter Entbindung nicht zu beseitigen sind.


III.
Von der kuͤnſtlichen Bewerkſtelligung
des geſammten Geburtsgeſchaͤfts
.
Die gewaltſame Entbindung.
(Accouchement forcé.)
§. 1313.

Wir verſtehen hierunter die Reihenfolge verſchiedener, im
Einzelnen ſchon beſchriebener Operationen, bei denen auf die
kuͤnſtliche Erweiterung des Muttermundes, das Sprengen der
Eihaͤute, die Wendung und Extraktion des Kindes, ſo wie die
Loͤſung und Hinwegnahme der Nachgeburt folgt. Es kann
dieſes aber unternommen werden, entweder waͤhrend der Schwan-
gerſchaft oder beim erſten Beginnen eintretender Geburtsthaͤtig-
keit, ſtets aber iſt es eine ſowohl fuͤr die Mutter als fuͤr das
Kind hoͤchſt gefaͤhrliche Operation, und nur aͤußerſt wenige
Faͤlle bleiben daher uͤbrig, wo ſie unbedingt unternommen wer-
den muͤßte.

§. 1314.

Unter allen Umſtaͤnden aber, welche man wohl fruͤherhin
als Indication fuͤr das Unternehmen der gewaltſamen Ent-
bindung aufgefuͤhrt hat, ſcheint, bei richtiger Erwaͤgung, faſt
einzig und allein heftige, auf keine andere Weiſe
zu ſtillende Blutung
, derjenige, bei welchem dieſe Ope-
ration gar nicht zu umgehen iſt. Die Entſtehung eines ſolchen
Blutflußes kann uͤbrigens ſehr verſchieden ſeyn, als durch Auf-
ſitzen des Mutterkuchens auf dem Muttermunde, zeitigere
Trennung der Placenta bei beginnender Fruͤhgeburt in Folge
erlittener gewaltſamer Erſchuͤtterung, ja ſelbſt die Blutungen
aus andern Organen, ſobald ſie ſehr heftig ſind und in ſol-
chem Zuſammenhange mit der Schwangerſchaft ſtehen, daß ſie
vor erfolgter Entbindung nicht zu beſeitigen ſind.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0422" n="398"/>
                <div n="6">
                  <head><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">III.</hi><lb/>
Von der ku&#x0364;n&#x017F;tlichen Bewerk&#x017F;telligung<lb/>
des ge&#x017F;ammten Geburtsge&#x017F;cha&#x0364;fts</hi>.</head><lb/>
                  <div n="7">
                    <head><hi rendition="#g">Die gewalt&#x017F;ame Entbindung</hi>.<lb/><hi rendition="#aq">(Accouchement forcé.)</hi></head><lb/>
                    <div n="8">
                      <head>§. 1313.</head><lb/>
                      <p>Wir ver&#x017F;tehen hierunter die Reihenfolge ver&#x017F;chiedener, im<lb/>
Einzelnen &#x017F;chon be&#x017F;chriebener Operationen, bei denen auf die<lb/>
ku&#x0364;n&#x017F;tliche Erweiterung des Muttermundes, das Sprengen der<lb/>
Eiha&#x0364;ute, die Wendung und Extraktion des Kindes, &#x017F;o wie die<lb/>
Lo&#x0364;&#x017F;ung und Hinwegnahme der Nachgeburt folgt. Es kann<lb/>
die&#x017F;es aber unternommen werden, entweder wa&#x0364;hrend der Schwan-<lb/>
ger&#x017F;chaft oder beim er&#x017F;ten Beginnen eintretender Geburtstha&#x0364;tig-<lb/>
keit, &#x017F;tets aber i&#x017F;t es eine &#x017F;owohl fu&#x0364;r die Mutter als fu&#x0364;r das<lb/>
Kind ho&#x0364;ch&#x017F;t gefa&#x0364;hrliche Operation, und nur a&#x0364;ußer&#x017F;t wenige<lb/>
Fa&#x0364;lle bleiben daher u&#x0364;brig, wo &#x017F;ie unbedingt unternommen wer-<lb/>
den mu&#x0364;ßte.</p>
                    </div><lb/>
                    <div n="8">
                      <head>§. 1314.</head><lb/>
                      <p>Unter allen Um&#x017F;ta&#x0364;nden aber, welche man wohl fru&#x0364;herhin<lb/>
als <hi rendition="#g">Indication</hi> fu&#x0364;r das Unternehmen der gewalt&#x017F;amen Ent-<lb/>
bindung aufgefu&#x0364;hrt hat, &#x017F;cheint, bei richtiger Erwa&#x0364;gung, fa&#x017F;t<lb/>
einzig und allein <hi rendition="#g">heftige, auf keine andere Wei&#x017F;e<lb/>
zu &#x017F;tillende Blutung</hi>, derjenige, bei welchem die&#x017F;e Ope-<lb/>
ration gar nicht zu umgehen i&#x017F;t. Die Ent&#x017F;tehung eines &#x017F;olchen<lb/>
Blutflußes kann u&#x0364;brigens &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden &#x017F;eyn, als durch Auf-<lb/>
&#x017F;itzen des Mutterkuchens auf dem Muttermunde, zeitigere<lb/>
Trennung der Placenta bei beginnender Fru&#x0364;hgeburt in Folge<lb/>
erlittener gewalt&#x017F;amer Er&#x017F;chu&#x0364;tterung, ja &#x017F;elb&#x017F;t die Blutungen<lb/>
aus andern Organen, &#x017F;obald &#x017F;ie &#x017F;ehr heftig &#x017F;ind und in &#x017F;ol-<lb/>
chem Zu&#x017F;ammenhange mit der Schwanger&#x017F;chaft &#x017F;tehen, daß &#x017F;ie<lb/>
vor erfolgter Entbindung nicht zu be&#x017F;eitigen &#x017F;ind.</p>
                    </div><lb/>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[398/0422] III. Von der kuͤnſtlichen Bewerkſtelligung des geſammten Geburtsgeſchaͤfts. Die gewaltſame Entbindung. (Accouchement forcé.) §. 1313. Wir verſtehen hierunter die Reihenfolge verſchiedener, im Einzelnen ſchon beſchriebener Operationen, bei denen auf die kuͤnſtliche Erweiterung des Muttermundes, das Sprengen der Eihaͤute, die Wendung und Extraktion des Kindes, ſo wie die Loͤſung und Hinwegnahme der Nachgeburt folgt. Es kann dieſes aber unternommen werden, entweder waͤhrend der Schwan- gerſchaft oder beim erſten Beginnen eintretender Geburtsthaͤtig- keit, ſtets aber iſt es eine ſowohl fuͤr die Mutter als fuͤr das Kind hoͤchſt gefaͤhrliche Operation, und nur aͤußerſt wenige Faͤlle bleiben daher uͤbrig, wo ſie unbedingt unternommen wer- den muͤßte. §. 1314. Unter allen Umſtaͤnden aber, welche man wohl fruͤherhin als Indication fuͤr das Unternehmen der gewaltſamen Ent- bindung aufgefuͤhrt hat, ſcheint, bei richtiger Erwaͤgung, faſt einzig und allein heftige, auf keine andere Weiſe zu ſtillende Blutung, derjenige, bei welchem dieſe Ope- ration gar nicht zu umgehen iſt. Die Entſtehung eines ſolchen Blutflußes kann uͤbrigens ſehr verſchieden ſeyn, als durch Auf- ſitzen des Mutterkuchens auf dem Muttermunde, zeitigere Trennung der Placenta bei beginnender Fruͤhgeburt in Folge erlittener gewaltſamer Erſchuͤtterung, ja ſelbſt die Blutungen aus andern Organen, ſobald ſie ſehr heftig ſind und in ſol- chem Zuſammenhange mit der Schwangerſchaft ſtehen, daß ſie vor erfolgter Entbindung nicht zu beſeitigen ſind.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/422
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/422>, abgerufen am 21.11.2024.