schlagen *), späterhin von Camper, welcher mehrere Versuche darüber an Leichnamen gemacht hatte, zur Vermeidung der Perforation bei nicht allzusehr verengertem Becken empfohlen, und endlich 1777 von Sigault, an einer gewißen Frau Suchot, mit anscheinend glücklichem Erfolg für Mutter und Kind ge- macht, worauf denn die Operation als Mittel den Kaiserschnitt entbehrlich zu machen, öffentlich gerühmt und der Operateur mit einer Medaille belohnt wurde. Späterhin wiederholte Ver- suche dieser Art zeigten jedoch das Unzweckmäßige dieser Ope- ration immer lebhafter, ja selbst bei der Suchot fand ein deut- scher Geburtshelfer die traurigsten Folgen derselben, als Harn- fisteln und Wanken der Beckenknochen (bei einem übrigens gar nicht allzusehr verengerten Becken) in so hohem Grade, daß man bald die Operation zu unterlassen anfing, oder dieselbe, wie dieß noch neuerlich in einer deutschen Hauptstadt gesche- hen ist, mit dem übelsten Erfolge ausübte.
§. 1301.
Die Gründe, durch welche es vorzüglich erwiesen wird, daß die Schambeintrennung eine für Erleichterung der Geburt des Kindes unzweckmäßige Operation sey, sind folgende: 1) der Beckenraum wird dadurch zwar allerdings vergrößert, al- lein in einer Richtung welche auch bei äußerst engem Becken, gewöhnlich an sich hinlänglich geräumig ist, nämlich im Quer- durchmesser; dahingegen die Conjugata, selbst bei einem Aus- einanderweichen der Schamfuge von 1 bis 2 Zoll, kaum um einige Linien vergrößert wird. 2) Die Beckenverbindungen wer- den dadurch oft auf eine ganz unheilbare Weise verletzt, die Schamfuge heilt schwer, die Kreuz- und Darmbeinverbindun- gen zerreissen wohl gar, und es bleibt ein wankendes Becken und hinkender Gang zurück. 3) Trotz dem durch das Aus- einanderweichen bewirkten größern Raume im Becken, erfolgt
*) M. s. üb. d. Geschichte dieser Operation vorzüglich J. P. Mi- chells ausführliche Abhandlung über die Schambeintrennung, a. d. latein. v. Dr.Ch. F. Ludwig. Leipzig 1784.
ſchlagen *), ſpaͤterhin von Camper, welcher mehrere Verſuche daruͤber an Leichnamen gemacht hatte, zur Vermeidung der Perforation bei nicht allzuſehr verengertem Becken empfohlen, und endlich 1777 von Sigault, an einer gewißen Frau Suchot, mit anſcheinend gluͤcklichem Erfolg fuͤr Mutter und Kind ge- macht, worauf denn die Operation als Mittel den Kaiſerſchnitt entbehrlich zu machen, oͤffentlich geruͤhmt und der Operateur mit einer Medaille belohnt wurde. Spaͤterhin wiederholte Ver- ſuche dieſer Art zeigten jedoch das Unzweckmaͤßige dieſer Ope- ration immer lebhafter, ja ſelbſt bei der Suchot fand ein deut- ſcher Geburtshelfer die traurigſten Folgen derſelben, als Harn- fiſteln und Wanken der Beckenknochen (bei einem uͤbrigens gar nicht allzuſehr verengerten Becken) in ſo hohem Grade, daß man bald die Operation zu unterlaſſen anfing, oder dieſelbe, wie dieß noch neuerlich in einer deutſchen Hauptſtadt geſche- hen iſt, mit dem uͤbelſten Erfolge ausuͤbte.
§. 1301.
Die Gruͤnde, durch welche es vorzuͤglich erwieſen wird, daß die Schambeintrennung eine fuͤr Erleichterung der Geburt des Kindes unzweckmaͤßige Operation ſey, ſind folgende: 1) der Beckenraum wird dadurch zwar allerdings vergroͤßert, al- lein in einer Richtung welche auch bei aͤußerſt engem Becken, gewoͤhnlich an ſich hinlaͤnglich geraͤumig iſt, naͤmlich im Quer- durchmeſſer; dahingegen die Conjugata, ſelbſt bei einem Aus- einanderweichen der Schamfuge von 1 bis 2 Zoll, kaum um einige Linien vergroͤßert wird. 2) Die Beckenverbindungen wer- den dadurch oft auf eine ganz unheilbare Weiſe verletzt, die Schamfuge heilt ſchwer, die Kreuz- und Darmbeinverbindun- gen zerreiſſen wohl gar, und es bleibt ein wankendes Becken und hinkender Gang zuruͤck. 3) Trotz dem durch das Aus- einanderweichen bewirkten groͤßern Raume im Becken, erfolgt
*) M. ſ. uͤb. d. Geſchichte dieſer Operation vorzuͤglich J. P. Mi- chells ausfuͤhrliche Abhandlung uͤber die Schambeintrennung, a. d. latein. v. Dr.Ch. F. Ludwig. Leipzig 1784.
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Perforation bei nicht allzuſehr verengertem Becken empfohlen,
und endlich 1777 von Sigault, an einer gewißen Frau Suchot,
mit anſcheinend gluͤcklichem Erfolg fuͤr Mutter und Kind ge-
macht, worauf denn die Operation als Mittel den Kaiſerſchnitt
entbehrlich zu machen, oͤffentlich geruͤhmt und der Operateur
mit einer Medaille belohnt wurde. Spaͤterhin wiederholte Ver-
ſuche dieſer Art zeigten jedoch das Unzweckmaͤßige dieſer Ope-
ration immer lebhafter, ja ſelbſt bei der Suchot fand ein deut-
ſcher Geburtshelfer die traurigſten Folgen derſelben, als Harn-
fiſteln und Wanken der Beckenknochen (bei einem uͤbrigens gar
nicht allzuſehr verengerten Becken) in ſo hohem Grade, daß
man bald die Operation zu unterlaſſen anfing, oder dieſelbe,
wie dieß noch neuerlich in einer deutſchen Hauptſtadt geſche-
hen iſt, mit dem uͤbelſten Erfolge ausuͤbte.
§. 1301.
Die Gruͤnde, durch welche es vorzuͤglich erwieſen wird,
daß die Schambeintrennung eine fuͤr Erleichterung der Geburt
des Kindes unzweckmaͤßige Operation ſey, ſind folgende: 1)
der Beckenraum wird dadurch zwar allerdings vergroͤßert, al-
lein in einer Richtung welche auch bei aͤußerſt engem Becken,
gewoͤhnlich an ſich hinlaͤnglich geraͤumig iſt, naͤmlich im Quer-
durchmeſſer; dahingegen die Conjugata, ſelbſt bei einem Aus-
einanderweichen der Schamfuge von 1 bis 2 Zoll, kaum um
einige Linien vergroͤßert wird. 2) Die Beckenverbindungen wer-
den dadurch oft auf eine ganz unheilbare Weiſe verletzt, die
Schamfuge heilt ſchwer, die Kreuz- und Darmbeinverbindun-
gen zerreiſſen wohl gar, und es bleibt ein wankendes Becken
und hinkender Gang zuruͤck. 3) Trotz dem durch das Aus-
einanderweichen bewirkten groͤßern Raume im Becken, erfolgt
*) M. ſ. uͤb. d. Geſchichte dieſer Operation vorzuͤglich J. P. Mi-
chells ausfuͤhrliche Abhandlung uͤber die Schambeintrennung, a.
d. latein. v. Dr. Ch. F. Ludwig. Leipzig 1784.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/414>, abgerufen am 21.11.2024.
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