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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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verunstalteten Becken, welches den Durchgang des Kindes zwar
nicht ganz unmöglich machen, aber doch nur nach unternom-
mener Verkleinerung gestatten würde, Anzeige zum Gebär-
mutterschnitte geben; allein leider tritt hier die Alternative
ein, welche schon bei der Perforation berührt worden ist, da
eben der Gebärmutterschnitt so häufig den Tod der Mutter
zur Folge hat, und also die Frage entsteht: ob man das Le-
ben der Mutter dem Leben des Kindes aufopfern solle? --
Nothwendig muß daher hier der Mutter selbst ein Antheil an
der Entscheidung überlassen bleiben, und überhaupt nur dann
zum Kaiserschnitt wirklich geschritten werden, wenn man über
Leben und Lebensfähigkeit des Kindes wirklich zuverläßige
Kennzeichen aufzufinden vermag, und die Beckenweite nicht
viel über 23/4 Zoll beträgt.

§. 1263.

3. Endlich ist der Gebärmutterschnitt zu unternehmen
bei plötzlich erfolgtem Tode einer Schwangern, sobald dieselbe
im achten, neunten oder zehnten Monate ihrer Schwanger-
schaft sich befand, und eben so bei plötzlich erfolgtem Tode
einer angebenden Gebärenden. Auch diese Indication ist im
Allgemeinen so unbedingt, wie die zuerst aufgestellte, nur muß
über den wirklich eingetretenen Tod der Mutter kein Zweifel
mehr übrig seyn, damit man nicht in einem Zustande bloßen
Scheintodes, durch eine so gefährliche Operation den Ueber-
gang in wirklichen Tod veranlaße. Diese Gewißheit kann
aber eines Theils durch Berücksichtigung der Todesursache er-
halten werden, wo z. B. heftige Blutungen, erlittene gefähr-
liche Verletzungen u. s. w. als Ursachen dieser Art zu betrach-
ten sind, andern Theils bliebe wohl in zweifelhaften Fällen
noch die schon oben erwähnte Anwendung des Metallreitzes
auf die entblößte Muskelfiber zur Ausmittelung des Todes
übrig, da das sicherste Zeichen des Todes, die eingetretene
Fäulniß, hier natürlich nicht abgewartet werden kann. -- Wo
aber immer die Gewißheit des Todes eingesehen werden kann,
verdient durchaus diese Operation vor dem künstlichen Been-

verunſtalteten Becken, welches den Durchgang des Kindes zwar
nicht ganz unmoͤglich machen, aber doch nur nach unternom-
mener Verkleinerung geſtatten wuͤrde, Anzeige zum Gebaͤr-
mutterſchnitte geben; allein leider tritt hier die Alternative
ein, welche ſchon bei der Perforation beruͤhrt worden iſt, da
eben der Gebaͤrmutterſchnitt ſo haͤufig den Tod der Mutter
zur Folge hat, und alſo die Frage entſteht: ob man das Le-
ben der Mutter dem Leben des Kindes aufopfern ſolle? —
Nothwendig muß daher hier der Mutter ſelbſt ein Antheil an
der Entſcheidung uͤberlaſſen bleiben, und uͤberhaupt nur dann
zum Kaiſerſchnitt wirklich geſchritten werden, wenn man uͤber
Leben und Lebensfaͤhigkeit des Kindes wirklich zuverlaͤßige
Kennzeichen aufzufinden vermag, und die Beckenweite nicht
viel uͤber 2¾ Zoll betraͤgt.

§. 1263.

3. Endlich iſt der Gebaͤrmutterſchnitt zu unternehmen
bei ploͤtzlich erfolgtem Tode einer Schwangern, ſobald dieſelbe
im achten, neunten oder zehnten Monate ihrer Schwanger-
ſchaft ſich befand, und eben ſo bei ploͤtzlich erfolgtem Tode
einer angebenden Gebaͤrenden. Auch dieſe Indication iſt im
Allgemeinen ſo unbedingt, wie die zuerſt aufgeſtellte, nur muß
uͤber den wirklich eingetretenen Tod der Mutter kein Zweifel
mehr uͤbrig ſeyn, damit man nicht in einem Zuſtande bloßen
Scheintodes, durch eine ſo gefaͤhrliche Operation den Ueber-
gang in wirklichen Tod veranlaße. Dieſe Gewißheit kann
aber eines Theils durch Beruͤckſichtigung der Todesurſache er-
halten werden, wo z. B. heftige Blutungen, erlittene gefaͤhr-
liche Verletzungen u. ſ. w. als Urſachen dieſer Art zu betrach-
ten ſind, andern Theils bliebe wohl in zweifelhaften Faͤllen
noch die ſchon oben erwaͤhnte Anwendung des Metallreitzes
auf die entbloͤßte Muſkelfiber zur Ausmittelung des Todes
uͤbrig, da das ſicherſte Zeichen des Todes, die eingetretene
Faͤulniß, hier natuͤrlich nicht abgewartet werden kann. — Wo
aber immer die Gewißheit des Todes eingeſehen werden kann,
verdient durchaus dieſe Operation vor dem kuͤnſtlichen Been-

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[370/0394] verunſtalteten Becken, welches den Durchgang des Kindes zwar nicht ganz unmoͤglich machen, aber doch nur nach unternom- mener Verkleinerung geſtatten wuͤrde, Anzeige zum Gebaͤr- mutterſchnitte geben; allein leider tritt hier die Alternative ein, welche ſchon bei der Perforation beruͤhrt worden iſt, da eben der Gebaͤrmutterſchnitt ſo haͤufig den Tod der Mutter zur Folge hat, und alſo die Frage entſteht: ob man das Le- ben der Mutter dem Leben des Kindes aufopfern ſolle? — Nothwendig muß daher hier der Mutter ſelbſt ein Antheil an der Entſcheidung uͤberlaſſen bleiben, und uͤberhaupt nur dann zum Kaiſerſchnitt wirklich geſchritten werden, wenn man uͤber Leben und Lebensfaͤhigkeit des Kindes wirklich zuverlaͤßige Kennzeichen aufzufinden vermag, und die Beckenweite nicht viel uͤber 2¾ Zoll betraͤgt. §. 1263. 3. Endlich iſt der Gebaͤrmutterſchnitt zu unternehmen bei ploͤtzlich erfolgtem Tode einer Schwangern, ſobald dieſelbe im achten, neunten oder zehnten Monate ihrer Schwanger- ſchaft ſich befand, und eben ſo bei ploͤtzlich erfolgtem Tode einer angebenden Gebaͤrenden. Auch dieſe Indication iſt im Allgemeinen ſo unbedingt, wie die zuerſt aufgeſtellte, nur muß uͤber den wirklich eingetretenen Tod der Mutter kein Zweifel mehr uͤbrig ſeyn, damit man nicht in einem Zuſtande bloßen Scheintodes, durch eine ſo gefaͤhrliche Operation den Ueber- gang in wirklichen Tod veranlaße. Dieſe Gewißheit kann aber eines Theils durch Beruͤckſichtigung der Todesurſache er- halten werden, wo z. B. heftige Blutungen, erlittene gefaͤhr- liche Verletzungen u. ſ. w. als Urſachen dieſer Art zu betrach- ten ſind, andern Theils bliebe wohl in zweifelhaften Faͤllen noch die ſchon oben erwaͤhnte Anwendung des Metallreitzes auf die entbloͤßte Muſkelfiber zur Ausmittelung des Todes uͤbrig, da das ſicherſte Zeichen des Todes, die eingetretene Faͤulniß, hier natuͤrlich nicht abgewartet werden kann. — Wo aber immer die Gewißheit des Todes eingeſehen werden kann, verdient durchaus dieſe Operation vor dem kuͤnſtlichen Been-

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/394>, abgerufen am 21.11.2024.