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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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§. 1164.

Endlich bleibt uns noch die Art des Wassersprengens
bei uneröffnetem Muttermunde zu betrachten übrig. Man hat
sich derselben aber vorzüglich in England, *) und zwar seit
mehrern Jahrzehnten bedient, um vor völligem Ablauf der
Schwangerschaftszeit die Geburt in solchen Fällen zu veran-
laßen, wo wegen beträchtlicher Engigkeit des Beckens voraus-
zusehen, oder auch wohl bereits durch Erfahrung bewiesen ist,
daß ein ausgetragenes Kind lebend auf keine Weise durch
das Becken geleitet werden könne. Eben so hat man von
jeher dieses frühe Sprengen der Eihäute ohne vorherige Er-
weiterung des Muttermundes auch unternommen, wenn hef-
tige Blutungen an der Erhaltung der Frucht verzweifeln lie-
ßen, und man durch die Entleerung des Fruchtwassers dem
Uterus Raum zu größerer Contraktion geben wollte, oder be-
sonders gefahrdrohende Zufälle, Convulsionen, Ohnmachten u.
s. w. das frühere Beendigen der Schwangerschaft nöthig mach-
ten. In wiefern in der erstern Absicht dieses Mittel anzu-
wenden sey oder nicht, hat bereits verschiedene Streitigkeiten **)
verursacht, und wir werden darauf bei Betrachtung der für
die Engigkeit des Beckens nöthig werdenden geburtshülflichen
Behandlung zurückkommen.

§. 1165.

Was die Art betrifft die Operation auszuführen, so ist
sie noch etwas ausführlicher zu beschreiben, da ein möglicher
Mißbrauch
eines Mittels noch nicht Anlaß geben kann,
das Mittel überhaupt, wenn es sonst in geeigneten Fällen

*) Diese Operation ist vorzüglich von Burns, Denmann, Barlow, Mar-
ahall
empfohlen und ausgeübt worden, s. Froriep theoret.
prakt. Handbuch d. Geburtshülfe. 6te Aufl. S. 473.
**) Dafür erklärt s. Hr. v. Wenzel in s. allgem. geburtsh. Be-
merkungen u. s. w. 1819. -- Dawider erklärt sich Hr. Jörg im
2. Thle seiner Schriften zur Kenntniß des Weibes.
§. 1164.

Endlich bleibt uns noch die Art des Waſſerſprengens
bei uneroͤffnetem Muttermunde zu betrachten uͤbrig. Man hat
ſich derſelben aber vorzuͤglich in England, *) und zwar ſeit
mehrern Jahrzehnten bedient, um vor voͤlligem Ablauf der
Schwangerſchaftszeit die Geburt in ſolchen Faͤllen zu veran-
laßen, wo wegen betraͤchtlicher Engigkeit des Beckens voraus-
zuſehen, oder auch wohl bereits durch Erfahrung bewieſen iſt,
daß ein ausgetragenes Kind lebend auf keine Weiſe durch
das Becken geleitet werden koͤnne. Eben ſo hat man von
jeher dieſes fruͤhe Sprengen der Eihaͤute ohne vorherige Er-
weiterung des Muttermundes auch unternommen, wenn hef-
tige Blutungen an der Erhaltung der Frucht verzweifeln lie-
ßen, und man durch die Entleerung des Fruchtwaſſers dem
Uterus Raum zu groͤßerer Contraktion geben wollte, oder be-
ſonders gefahrdrohende Zufaͤlle, Convulſionen, Ohnmachten u.
ſ. w. das fruͤhere Beendigen der Schwangerſchaft noͤthig mach-
ten. In wiefern in der erſtern Abſicht dieſes Mittel anzu-
wenden ſey oder nicht, hat bereits verſchiedene Streitigkeiten **)
verurſacht, und wir werden darauf bei Betrachtung der fuͤr
die Engigkeit des Beckens noͤthig werdenden geburtshuͤlflichen
Behandlung zuruͤckkommen.

§. 1165.

Was die Art betrifft die Operation auszufuͤhren, ſo iſt
ſie noch etwas ausfuͤhrlicher zu beſchreiben, da ein moͤglicher
Mißbrauch
eines Mittels noch nicht Anlaß geben kann,
das Mittel uͤberhaupt, wenn es ſonſt in geeigneten Faͤllen

*) Dieſe Operation iſt vorzuͤglich von Burns, Denmann, Barlow, Mar-
ahall
empfohlen und ausgeuͤbt worden, ſ. Froriep theoret.
prakt. Handbuch d. Geburtshuͤlfe. 6te Aufl. S. 473.
**) Dafuͤr erklaͤrt ſ. Hr. v. Wenzel in ſ. allgem. geburtsh. Be-
merkungen u. ſ. w. 1819. — Dawider erklaͤrt ſich Hr. Joͤrg im
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[307/0331] §. 1164. Endlich bleibt uns noch die Art des Waſſerſprengens bei uneroͤffnetem Muttermunde zu betrachten uͤbrig. Man hat ſich derſelben aber vorzuͤglich in England, *) und zwar ſeit mehrern Jahrzehnten bedient, um vor voͤlligem Ablauf der Schwangerſchaftszeit die Geburt in ſolchen Faͤllen zu veran- laßen, wo wegen betraͤchtlicher Engigkeit des Beckens voraus- zuſehen, oder auch wohl bereits durch Erfahrung bewieſen iſt, daß ein ausgetragenes Kind lebend auf keine Weiſe durch das Becken geleitet werden koͤnne. Eben ſo hat man von jeher dieſes fruͤhe Sprengen der Eihaͤute ohne vorherige Er- weiterung des Muttermundes auch unternommen, wenn hef- tige Blutungen an der Erhaltung der Frucht verzweifeln lie- ßen, und man durch die Entleerung des Fruchtwaſſers dem Uterus Raum zu groͤßerer Contraktion geben wollte, oder be- ſonders gefahrdrohende Zufaͤlle, Convulſionen, Ohnmachten u. ſ. w. das fruͤhere Beendigen der Schwangerſchaft noͤthig mach- ten. In wiefern in der erſtern Abſicht dieſes Mittel anzu- wenden ſey oder nicht, hat bereits verſchiedene Streitigkeiten **) verurſacht, und wir werden darauf bei Betrachtung der fuͤr die Engigkeit des Beckens noͤthig werdenden geburtshuͤlflichen Behandlung zuruͤckkommen. §. 1165. Was die Art betrifft die Operation auszufuͤhren, ſo iſt ſie noch etwas ausfuͤhrlicher zu beſchreiben, da ein moͤglicher Mißbrauch eines Mittels noch nicht Anlaß geben kann, das Mittel uͤberhaupt, wenn es ſonſt in geeigneten Faͤllen *) Dieſe Operation iſt vorzuͤglich von Burns, Denmann, Barlow, Mar- ahall empfohlen und ausgeuͤbt worden, ſ. Froriep theoret. prakt. Handbuch d. Geburtshuͤlfe. 6te Aufl. S. 473. **) Dafuͤr erklaͤrt ſ. Hr. v. Wenzel in ſ. allgem. geburtsh. Be- merkungen u. ſ. w. 1819. — Dawider erklaͤrt ſich Hr. Joͤrg im 2. Thle ſeiner Schriften zur Kenntniß des Weibes.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/331>, abgerufen am 23.11.2024.