bei wieder unterscheiden zwischen solchen welche in dem Leben des mütterlichen Körpers an und für sich begründet sind, und zwischen äußern, gleichsam nur durch den mütterlichen Körper hindurch wirkenden Schädlichkeiten. Zu den erstern gehören die Einflüße einer mangelnden oder übermäßigen und wuchern- den reproduktiven Thätigkeit im mütterlichen Körper auf die Frucht, wodurch bald atrophische Zustände, bald krankhaft übermäßiges Wachsthum, Wasseranhäufungen u. s. w. hervor- gerufen werden. -- Ferner verschiedene Krankheiten an wel- chen der mütterliche Körper selbst leidet und welche er auf das Kind überträgt, z. B. Pocken, Syphilis, Gicht, Epi- lepsie. *) -- Endlich die auf keine Weise völlig zu leugnende Einwirkung einer gewaltsam aufgeregten Phantasie der Mut- ter auf den Kindeskörper.
§. 1122.
Dieses letztere wird bekanntlich unter dem Namen des Versehens begriffen, und hat zu vielfachen Streitigkeiten Veranlaßung gegeben, indem Einige die Wirklichkeit, ja die Möglichkeit solcher Fälle ganz zu leugnen und wegzudemonstri- ren bemüht waren, dahingegen Andere auch die abentheuer- lichsten Fälle dieser Art ohne Kritik stets für wahr anerkann- ten. -- Was die Gründe a priori betrifft, welche man ge- gen die Meinung von der Möglichkeit des Versehens aufge- stellt hat, so fußen sie ganz vorzüglich auf den Mangel einer Nervenverbindung zwischen Mutter und Kind, allein es scheint daß man hierauf zu viel Gewicht legt, indem wohl die Sache sich, wenn auch Nervenverbindung vorhanden wäre, darum
*) Mir ist ein Beispiel bekannt, wo eine Frau welche längere Zeit, und so auch in ihrer Schwangerschaft an Gicht litt, diese endlich während der Schwangerschaft völlig verlor, dagegen ein Kind gebar welches von einem Aussatz-ähnlichen Ausschlage stets bedeckt blieb. Eben so habe ich einigemal gesehen daß die Evilepsie an welcher Schwangere litten, auch ihre Kinder bald nach der Ge- hurt befiel; dasselbe gilt auch von Gicht.
bei wieder unterſcheiden zwiſchen ſolchen welche in dem Leben des muͤtterlichen Koͤrpers an und fuͤr ſich begruͤndet ſind, und zwiſchen aͤußern, gleichſam nur durch den muͤtterlichen Koͤrper hindurch wirkenden Schaͤdlichkeiten. Zu den erſtern gehoͤren die Einfluͤße einer mangelnden oder uͤbermaͤßigen und wuchern- den reproduktiven Thaͤtigkeit im muͤtterlichen Koͤrper auf die Frucht, wodurch bald atrophiſche Zuſtaͤnde, bald krankhaft uͤbermaͤßiges Wachsthum, Waſſeranhaͤufungen u. ſ. w. hervor- gerufen werden. — Ferner verſchiedene Krankheiten an wel- chen der muͤtterliche Koͤrper ſelbſt leidet und welche er auf das Kind uͤbertraͤgt, z. B. Pocken, Syphilis, Gicht, Epi- lepſie. *) — Endlich die auf keine Weiſe voͤllig zu leugnende Einwirkung einer gewaltſam aufgeregten Phantaſie der Mut- ter auf den Kindeskoͤrper.
§. 1122.
Dieſes letztere wird bekanntlich unter dem Namen des Verſehens begriffen, und hat zu vielfachen Streitigkeiten Veranlaßung gegeben, indem Einige die Wirklichkeit, ja die Moͤglichkeit ſolcher Faͤlle ganz zu leugnen und wegzudemonſtri- ren bemuͤht waren, dahingegen Andere auch die abentheuer- lichſten Faͤlle dieſer Art ohne Kritik ſtets fuͤr wahr anerkann- ten. — Was die Gruͤnde a priori betrifft, welche man ge- gen die Meinung von der Moͤglichkeit des Verſehens aufge- ſtellt hat, ſo fußen ſie ganz vorzuͤglich auf den Mangel einer Nervenverbindung zwiſchen Mutter und Kind, allein es ſcheint daß man hierauf zu viel Gewicht legt, indem wohl die Sache ſich, wenn auch Nervenverbindung vorhanden waͤre, darum
*) Mir iſt ein Beiſpiel bekannt, wo eine Frau welche laͤngere Zeit, und ſo auch in ihrer Schwangerſchaft an Gicht litt, dieſe endlich waͤhrend der Schwangerſchaft voͤllig verlor, dagegen ein Kind gebar welches von einem Ausſatz-aͤhnlichen Ausſchlage ſtets bedeckt blieb. Eben ſo habe ich einigemal geſehen daß die Evilepſie an welcher Schwangere litten, auch ihre Kinder bald nach der Ge- hurt befiel; daſſelbe gilt auch von Gicht.
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bei wieder unterſcheiden zwiſchen ſolchen welche in dem Leben
des muͤtterlichen Koͤrpers an und fuͤr ſich begruͤndet ſind, und
zwiſchen aͤußern, gleichſam nur durch den muͤtterlichen Koͤrper
hindurch wirkenden Schaͤdlichkeiten. Zu den erſtern gehoͤren
die Einfluͤße einer mangelnden oder uͤbermaͤßigen und wuchern-
den reproduktiven Thaͤtigkeit im muͤtterlichen Koͤrper auf die
Frucht, wodurch bald atrophiſche Zuſtaͤnde, bald krankhaft
uͤbermaͤßiges Wachsthum, Waſſeranhaͤufungen u. ſ. w. hervor-
gerufen werden. — Ferner verſchiedene Krankheiten an wel-
chen der muͤtterliche Koͤrper ſelbſt leidet und welche er auf
das Kind uͤbertraͤgt, z. B. Pocken, Syphilis, Gicht, Epi-
lepſie. *) — Endlich die auf keine Weiſe voͤllig zu leugnende
Einwirkung einer gewaltſam aufgeregten Phantaſie der Mut-
ter auf den Kindeskoͤrper.
§. 1122.
Dieſes letztere wird bekanntlich unter dem Namen des
Verſehens begriffen, und hat zu vielfachen Streitigkeiten
Veranlaßung gegeben, indem Einige die Wirklichkeit, ja die
Moͤglichkeit ſolcher Faͤlle ganz zu leugnen und wegzudemonſtri-
ren bemuͤht waren, dahingegen Andere auch die abentheuer-
lichſten Faͤlle dieſer Art ohne Kritik ſtets fuͤr wahr anerkann-
ten. — Was die Gruͤnde a priori betrifft, welche man ge-
gen die Meinung von der Moͤglichkeit des Verſehens aufge-
ſtellt hat, ſo fußen ſie ganz vorzuͤglich auf den Mangel einer
Nervenverbindung zwiſchen Mutter und Kind, allein es ſcheint
daß man hierauf zu viel Gewicht legt, indem wohl die Sache
ſich, wenn auch Nervenverbindung vorhanden waͤre, darum
*) Mir iſt ein Beiſpiel bekannt, wo eine Frau welche laͤngere Zeit,
und ſo auch in ihrer Schwangerſchaft an Gicht litt, dieſe endlich
waͤhrend der Schwangerſchaft voͤllig verlor, dagegen ein Kind gebar
welches von einem Ausſatz-aͤhnlichen Ausſchlage ſtets bedeckt
blieb. Eben ſo habe ich einigemal geſehen daß die Evilepſie an
welcher Schwangere litten, auch ihre Kinder bald nach der Ge-
hurt befiel; daſſelbe gilt auch von Gicht.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/303>, abgerufen am 21.11.2024.
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