Gange der Natur nach, der Kreislauf durch den Nabelstrang überflüssig werden soll. Man entfernt daher zuerst die Hin- dernisse der Einathmung, als welche oft angehäufter Schleim oder Blut in der Mund- und Rachenhöhle des Kindes vorge- funden werden, und vermeidet alles, wodurch der Kreislauf des Nabelstranges zu zeitig unterbrochen werden könnte. Als- bald fängt nun gewöhnlich das Einathmen und Ausathmen an, das Kind schreit lebhaft; allein die Pulsation des Na- belstranges dauert noch fort, und ist ein Zeichen, daß die Umänderung des Placenten- in den Lungen-Kreislauf nur allmählig von Statten geht. Man muß daher nothwendig, wenn man naturgemäß verfahren, und nicht Veranlassung zu apoplektischen und suffokatorischen Zufällen des Kindes geben will, mit der Trennung des Kindes von der Pla- centa warten, bis diese Pulsation gänzlich erlo- schen ist.
§. 938.
Tritt hingegen die Respiration des Kindes nicht regel- wäßig ein, und befindet es sich in einem asphyktischen Zu- stande, so verspart man gleichfalls die Trennung des Nabel- stranges bis zum völligen Erlöschen der Pulsation (da in die- sem Falle auch nach der Geburt die Funktion der Lun- gen durch die Placenta ersetzt wird) und schreitet, sobald man überhaupt noch Lebensspuren am Kinde wahrnimmt, und nicht wegen völliger Schlaffheit und Mürbigkeit des Nabel- stranges, Mangel des Herzschlags und Spuren von Fäulniß, das Abgestorbenseyn des Kindes annehmen darf, zur Anwendung der belebenden Mittel. Hierher gehört zuvörderst das eifrig fortgesetzte Frottiren, und gelinde Schütteln der Brust des Kindes, das Bürsten der Fußsohlen, das Auftrö- pfeln von Naphta auf die Brust, Bestreichen des Gaumens mit derselben, Bestreichen der Nasenlöcher mit Salmiakgeist, Aufsprengen von kaltem Wasser (wonach indeß das Kind wie- der in warme Tücher gehüllt werden muß) und Anwendung eines Lavements von Melissen oder Serpillen-Aufguß. Er- folgt unter Anwendung dieser Mittel noch kein Athemholen, so fühlt man nach, ob indeß vielleicht die Placenta bereits
Gange der Natur nach, der Kreislauf durch den Nabelſtrang uͤberfluͤſſig werden ſoll. Man entfernt daher zuerſt die Hin- derniſſe der Einathmung, als welche oft angehaͤufter Schleim oder Blut in der Mund- und Rachenhoͤhle des Kindes vorge- funden werden, und vermeidet alles, wodurch der Kreislauf des Nabelſtranges zu zeitig unterbrochen werden koͤnnte. Als- bald faͤngt nun gewoͤhnlich das Einathmen und Ausathmen an, das Kind ſchreit lebhaft; allein die Pulſation des Na- belſtranges dauert noch fort, und iſt ein Zeichen, daß die Umaͤnderung des Placenten- in den Lungen-Kreislauf nur allmaͤhlig von Statten geht. Man muß daher nothwendig, wenn man naturgemaͤß verfahren, und nicht Veranlaſſung zu apoplektiſchen und ſuffokatoriſchen Zufaͤllen des Kindes geben will, mit der Trennung des Kindes von der Pla- centa warten, bis dieſe Pulſation gaͤnzlich erlo- ſchen iſt.
§. 938.
Tritt hingegen die Reſpiration des Kindes nicht regel- waͤßig ein, und befindet es ſich in einem aſphyktiſchen Zu- ſtande, ſo verſpart man gleichfalls die Trennung des Nabel- ſtranges bis zum voͤlligen Erloͤſchen der Pulſation (da in die- ſem Falle auch nach der Geburt die Funktion der Lun- gen durch die Placenta erſetzt wird) und ſchreitet, ſobald man uͤberhaupt noch Lebensſpuren am Kinde wahrnimmt, und nicht wegen voͤlliger Schlaffheit und Muͤrbigkeit des Nabel- ſtranges, Mangel des Herzſchlags und Spuren von Faͤulniß, das Abgeſtorbenſeyn des Kindes annehmen darf, zur Anwendung der belebenden Mittel. Hierher gehoͤrt zuvoͤrderſt das eifrig fortgeſetzte Frottiren, und gelinde Schuͤtteln der Bruſt des Kindes, das Buͤrſten der Fußſohlen, das Auftroͤ- pfeln von Naphta auf die Bruſt, Beſtreichen des Gaumens mit derſelben, Beſtreichen der Naſenloͤcher mit Salmiakgeiſt, Aufſprengen von kaltem Waſſer (wonach indeß das Kind wie- der in warme Tuͤcher gehuͤllt werden muß) und Anwendung eines Lavements von Meliſſen oder Serpillen-Aufguß. Er- folgt unter Anwendung dieſer Mittel noch kein Athemholen, ſo fuͤhlt man nach, ob indeß vielleicht die Placenta bereits
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Gange der Natur nach, der Kreislauf durch den Nabelſtrang
uͤberfluͤſſig werden ſoll. Man entfernt daher zuerſt die Hin-
derniſſe der Einathmung, als welche oft angehaͤufter Schleim
oder Blut in der Mund- und Rachenhoͤhle des Kindes vorge-
funden werden, und vermeidet alles, wodurch der Kreislauf
des Nabelſtranges zu zeitig unterbrochen werden koͤnnte. Als-
bald faͤngt nun gewoͤhnlich das Einathmen und Ausathmen
an, das Kind ſchreit lebhaft; allein die Pulſation des Na-
belſtranges dauert noch fort, und iſt ein Zeichen, daß die
Umaͤnderung des Placenten- in den Lungen-Kreislauf nur
allmaͤhlig von Statten geht. Man muß daher nothwendig,
wenn man naturgemaͤß verfahren, und nicht Veranlaſſung zu
apoplektiſchen und ſuffokatoriſchen Zufaͤllen des Kindes geben
will, mit der Trennung des Kindes von der Pla-
centa warten, bis dieſe Pulſation gaͤnzlich erlo-
ſchen iſt.
§. 938.
Tritt hingegen die Reſpiration des Kindes nicht regel-
waͤßig ein, und befindet es ſich in einem aſphyktiſchen Zu-
ſtande, ſo verſpart man gleichfalls die Trennung des Nabel-
ſtranges bis zum voͤlligen Erloͤſchen der Pulſation (da in die-
ſem Falle auch nach der Geburt die Funktion der Lun-
gen durch die Placenta erſetzt wird) und ſchreitet, ſobald
man uͤberhaupt noch Lebensſpuren am Kinde wahrnimmt, und
nicht wegen voͤlliger Schlaffheit und Muͤrbigkeit des Nabel-
ſtranges, Mangel des Herzſchlags und Spuren von Faͤulniß,
das Abgeſtorbenſeyn des Kindes annehmen darf, zur
Anwendung der belebenden Mittel. Hierher gehoͤrt zuvoͤrderſt
das eifrig fortgeſetzte Frottiren, und gelinde Schuͤtteln der
Bruſt des Kindes, das Buͤrſten der Fußſohlen, das Auftroͤ-
pfeln von Naphta auf die Bruſt, Beſtreichen des Gaumens
mit derſelben, Beſtreichen der Naſenloͤcher mit Salmiakgeiſt,
Aufſprengen von kaltem Waſſer (wonach indeß das Kind wie-
der in warme Tuͤcher gehuͤllt werden muß) und Anwendung
eines Lavements von Meliſſen oder Serpillen-Aufguß. Er-
folgt unter Anwendung dieſer Mittel noch kein Athemholen,
ſo fuͤhlt man nach, ob indeß vielleicht die Placenta bereits
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/202>, abgerufen am 21.11.2024.
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