während der längern Zeit, welche die Gebärmutterkraft zum Eröffnen des Muttermundes braucht, diese Wechselwirkung immer mehr erlösche, ferner aber während des Druckes, den das Kind im Becken erfährt, eine Art asphyktischen Zustan- des eintrete, aus welchem dann nach der Geburt es zu neuer und höherer Thätigkeit erwache. -- Doch auch so vorberei- tet, ist der Uebergang noch plötzlich genug, um zu vielfachen krankhaften Zuständen zu disponiren, und die große Sterb- lichkeit im Säuglingsalter zu erklären.
§. 887.
Obwohl nun übrigens nach der Geburt die unmittelbare Verbindung des Kindes mit der Mutter aufgehoben ist, so muß man demohnerachtet einen mittelbaren Zusammenhang beider noch anerkennen, welcher theils gänzlich immateriell scheint, theils durch den Stillungsprozeß vermittelt wird. Bei einigen Sängethieren (den Beutelthieren), ist dieses so bestimmt ausgedrückt, daß das geborne Junge in den Zitzen- sack gleichsam als in einen zweiten Uterus eintritt, und an der Zitze, wie ein Fetus am Nabelstrange festhängt. -- Auch für den Säugling ist die Brust der Mutter nicht nur Er- nährungsorgan, sondern sicher auch der Weg, einen Rapport der Nervensysteme beider Organismen zu erhalten, wodurch ein gewisser Einfluß, und vielleicht die theilweise Uebertragung, des Charakters der Stillenden auf den Säugling, wohl erklärlich wird. Allein auch eine Wirkung des Säuglings auf die Mutter, namentlich um die Sekretion der Milch zu unter- halten, ist unläugbar, und die Fortdauer der Milchabson- derung keinesweges blos dem mechanischen Reize des Sau- gens zuzuschreiben.
§. 888.
Man ist hierauf zuerst bei Thieren aufmerksam gewor- den. Home*) bemerkte, daß eine Eselin nur so lange
*)Th. Thomson Annals of Philosophy. 1817. Jan. p. 88.
waͤhrend der laͤngern Zeit, welche die Gebaͤrmutterkraft zum Eroͤffnen des Muttermundes braucht, dieſe Wechſelwirkung immer mehr erloͤſche, ferner aber waͤhrend des Druckes, den das Kind im Becken erfaͤhrt, eine Art aſphyktiſchen Zuſtan- des eintrete, aus welchem dann nach der Geburt es zu neuer und hoͤherer Thaͤtigkeit erwache. — Doch auch ſo vorberei- tet, iſt der Uebergang noch ploͤtzlich genug, um zu vielfachen krankhaften Zuſtaͤnden zu disponiren, und die große Sterb- lichkeit im Saͤuglingsalter zu erklaͤren.
§. 887.
Obwohl nun uͤbrigens nach der Geburt die unmittelbare Verbindung des Kindes mit der Mutter aufgehoben iſt, ſo muß man demohnerachtet einen mittelbaren Zuſammenhang beider noch anerkennen, welcher theils gaͤnzlich immateriell ſcheint, theils durch den Stillungsprozeß vermittelt wird. Bei einigen Saͤngethieren (den Beutelthieren), iſt dieſes ſo beſtimmt ausgedruͤckt, daß das geborne Junge in den Zitzen- ſack gleichſam als in einen zweiten Uterus eintritt, und an der Zitze, wie ein Fetus am Nabelſtrange feſthaͤngt. — Auch fuͤr den Saͤugling iſt die Bruſt der Mutter nicht nur Er- naͤhrungsorgan, ſondern ſicher auch der Weg, einen Rapport der Nervenſyſteme beider Organismen zu erhalten, wodurch ein gewiſſer Einfluß, und vielleicht die theilweiſe Uebertragung, des Charakters der Stillenden auf den Saͤugling, wohl erklaͤrlich wird. Allein auch eine Wirkung des Saͤuglings auf die Mutter, namentlich um die Sekretion der Milch zu unter- halten, iſt unlaͤugbar, und die Fortdauer der Milchabſon- derung keinesweges blos dem mechaniſchen Reize des Sau- gens zuzuſchreiben.
§. 888.
Man iſt hierauf zuerſt bei Thieren aufmerkſam gewor- den. Home*) bemerkte, daß eine Eſelin nur ſo lange
*)Th. Thomson Annals of Philosophy. 1817. Jan. p. 88.
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waͤhrend der laͤngern Zeit, welche die Gebaͤrmutterkraft zum
Eroͤffnen des Muttermundes braucht, dieſe Wechſelwirkung
immer mehr erloͤſche, ferner aber waͤhrend des Druckes, den
das Kind im Becken erfaͤhrt, eine Art aſphyktiſchen Zuſtan-
des eintrete, aus welchem dann nach der Geburt es zu neuer
und hoͤherer Thaͤtigkeit erwache. — Doch auch ſo vorberei-
tet, iſt der Uebergang noch ploͤtzlich genug, um zu vielfachen
krankhaften Zuſtaͤnden zu disponiren, und die große Sterb-
lichkeit im Saͤuglingsalter zu erklaͤren.
§. 887.
Obwohl nun uͤbrigens nach der Geburt die unmittelbare
Verbindung des Kindes mit der Mutter aufgehoben iſt, ſo
muß man demohnerachtet einen mittelbaren Zuſammenhang
beider noch anerkennen, welcher theils gaͤnzlich immateriell
ſcheint, theils durch den Stillungsprozeß vermittelt wird.
Bei einigen Saͤngethieren (den Beutelthieren), iſt dieſes ſo
beſtimmt ausgedruͤckt, daß das geborne Junge in den Zitzen-
ſack gleichſam als in einen zweiten Uterus eintritt, und an
der Zitze, wie ein Fetus am Nabelſtrange feſthaͤngt. — Auch
fuͤr den Saͤugling iſt die Bruſt der Mutter nicht nur Er-
naͤhrungsorgan, ſondern ſicher auch der Weg, einen Rapport
der Nervenſyſteme beider Organismen zu erhalten, wodurch ein
gewiſſer Einfluß, und vielleicht die theilweiſe Uebertragung,
des Charakters der Stillenden auf den Saͤugling, wohl erklaͤrlich
wird. Allein auch eine Wirkung des Saͤuglings auf die
Mutter, namentlich um die Sekretion der Milch zu unter-
halten, iſt unlaͤugbar, und die Fortdauer der Milchabſon-
derung keinesweges blos dem mechaniſchen Reize des Sau-
gens zuzuſchreiben.
§. 888.
Man iſt hierauf zuerſt bei Thieren aufmerkſam gewor-
den. Home *) bemerkte, daß eine Eſelin nur ſo lange
*) Th. Thomson Annals of Philosophy. 1817. Jan. p. 88.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/173>, abgerufen am 21.12.2024.
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