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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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durch Saugfasern aufgenommen, und theils durch den Na-
belstrang, theils durch das Fruchtwasser in den Fetuskörper
gebracht, nach der Geburt hört diese Einsaugung auf, denn
das Kind ist aus seiner Eihaut hervorgetreten, und der
Kreislauf durch die Placenta ist erloschen. Der Darmkanal
wird nun das wahre Organ der Ernährung, seine peristalti-
sche Thätigkeit erwacht, und äußert sich am Mundende durch
das Saugen, d. i. die Nahrungsaufnahme, welche den
niedrigern Thieren eigen ist, und der Stoffaufnahme der
Pflanzen nach am nächsten kommt. Die Stoffe, welche der
Darmkanal aufnimmt, sollen zwar, wie die Säfte, welche
dem Kinde im Uterus zur Nahrung dienten, ebenfalls noch
vom mütterlichen Körper bereitet seyn (als Milch), jedoch ist
das Kind fähig, fremde Stoffe zu assimiliren, und die ei-
gentliche Verdauung tritt ein
, unterstützt von den
durch die peristaltische Bewegung aufgeregten sich in den
Darmkanal ergießenden Sekretionen. -- Hiermit steht es
in genauer Verbindung, daß nun auch die Ausleerungen des
Darmkanals beginnen, das Meconium fortgeschafft wird,
und späterhin die Contenta des Darmkanals (obwohl sie bei
der blos flüssigen Nahrung, welche die Natur für das Kind
bestimmte, weicher seyn müssen) wehr denen des Erwachsenen
zu gleichen anfangen. -- Der Magen selbst entwickelt sich
mehr, und nach und nach wird auch der Unterschied zwischen
dünnen und dicken Därmen immer bestimmter ausgebildet.

§. 877.

2) Säftevertheilung, Gefäßthätigkeit. Hierin
äußert sich nun, durch die Trennung der Placenta bedingt,
eine vorzüglich wichtige Umänderung. Das Kind nämlich,
eingetreten in die freie Atmosphäre, wird auch sogleich von
ihr nothwendig durchdrungen, nimmt die Luft selbst (weil es
nun als ein Glied des Erdorganismus und von demselben
durchdrungen existiren kann) in sich auf; das venöse Blut
des Kindes, durch chemische Verwandtschaft schon gegen das
eindringende Oxygen hingezogen, strömt nun in die Lungen
ein, und der Andrang gegen die Nabelgefäße läßt nach, ja
hört endlich ganz auf. Hiermit wird nun, da Sanguification

durch Saugfaſern aufgenommen, und theils durch den Na-
belſtrang, theils durch das Fruchtwaſſer in den Fetuskoͤrper
gebracht, nach der Geburt hoͤrt dieſe Einſaugung auf, denn
das Kind iſt aus ſeiner Eihaut hervorgetreten, und der
Kreislauf durch die Placenta iſt erloſchen. Der Darmkanal
wird nun das wahre Organ der Ernaͤhrung, ſeine periſtalti-
ſche Thaͤtigkeit erwacht, und aͤußert ſich am Mundende durch
das Saugen, d. i. die Nahrungsaufnahme, welche den
niedrigern Thieren eigen iſt, und der Stoffaufnahme der
Pflanzen nach am naͤchſten kommt. Die Stoffe, welche der
Darmkanal aufnimmt, ſollen zwar, wie die Saͤfte, welche
dem Kinde im Uterus zur Nahrung dienten, ebenfalls noch
vom muͤtterlichen Koͤrper bereitet ſeyn (als Milch), jedoch iſt
das Kind faͤhig, fremde Stoffe zu aſſimiliren, und die ei-
gentliche Verdauung tritt ein
, unterſtuͤtzt von den
durch die periſtaltiſche Bewegung aufgeregten ſich in den
Darmkanal ergießenden Sekretionen. — Hiermit ſteht es
in genauer Verbindung, daß nun auch die Ausleerungen des
Darmkanals beginnen, das Meconium fortgeſchafft wird,
und ſpaͤterhin die Contenta des Darmkanals (obwohl ſie bei
der blos fluͤſſigen Nahrung, welche die Natur fuͤr das Kind
beſtimmte, weicher ſeyn muͤſſen) wehr denen des Erwachſenen
zu gleichen anfangen. — Der Magen ſelbſt entwickelt ſich
mehr, und nach und nach wird auch der Unterſchied zwiſchen
duͤnnen und dicken Daͤrmen immer beſtimmter ausgebildet.

§. 877.

2) Saͤftevertheilung, Gefaͤßthaͤtigkeit. Hierin
aͤußert ſich nun, durch die Trennung der Placenta bedingt,
eine vorzuͤglich wichtige Umaͤnderung. Das Kind naͤmlich,
eingetreten in die freie Atmosphaͤre, wird auch ſogleich von
ihr nothwendig durchdrungen, nimmt die Luft ſelbſt (weil es
nun als ein Glied des Erdorganismus und von demſelben
durchdrungen exiſtiren kann) in ſich auf; das venoͤſe Blut
des Kindes, durch chemiſche Verwandtſchaft ſchon gegen das
eindringende Oxygen hingezogen, ſtroͤmt nun in die Lungen
ein, und der Andrang gegen die Nabelgefaͤße laͤßt nach, ja
hoͤrt endlich ganz auf. Hiermit wird nun, da Sanguification

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[144/0168] durch Saugfaſern aufgenommen, und theils durch den Na- belſtrang, theils durch das Fruchtwaſſer in den Fetuskoͤrper gebracht, nach der Geburt hoͤrt dieſe Einſaugung auf, denn das Kind iſt aus ſeiner Eihaut hervorgetreten, und der Kreislauf durch die Placenta iſt erloſchen. Der Darmkanal wird nun das wahre Organ der Ernaͤhrung, ſeine periſtalti- ſche Thaͤtigkeit erwacht, und aͤußert ſich am Mundende durch das Saugen, d. i. die Nahrungsaufnahme, welche den niedrigern Thieren eigen iſt, und der Stoffaufnahme der Pflanzen nach am naͤchſten kommt. Die Stoffe, welche der Darmkanal aufnimmt, ſollen zwar, wie die Saͤfte, welche dem Kinde im Uterus zur Nahrung dienten, ebenfalls noch vom muͤtterlichen Koͤrper bereitet ſeyn (als Milch), jedoch iſt das Kind faͤhig, fremde Stoffe zu aſſimiliren, und die ei- gentliche Verdauung tritt ein, unterſtuͤtzt von den durch die periſtaltiſche Bewegung aufgeregten ſich in den Darmkanal ergießenden Sekretionen. — Hiermit ſteht es in genauer Verbindung, daß nun auch die Ausleerungen des Darmkanals beginnen, das Meconium fortgeſchafft wird, und ſpaͤterhin die Contenta des Darmkanals (obwohl ſie bei der blos fluͤſſigen Nahrung, welche die Natur fuͤr das Kind beſtimmte, weicher ſeyn muͤſſen) wehr denen des Erwachſenen zu gleichen anfangen. — Der Magen ſelbſt entwickelt ſich mehr, und nach und nach wird auch der Unterſchied zwiſchen duͤnnen und dicken Daͤrmen immer beſtimmter ausgebildet. §. 877. 2) Saͤftevertheilung, Gefaͤßthaͤtigkeit. Hierin aͤußert ſich nun, durch die Trennung der Placenta bedingt, eine vorzuͤglich wichtige Umaͤnderung. Das Kind naͤmlich, eingetreten in die freie Atmosphaͤre, wird auch ſogleich von ihr nothwendig durchdrungen, nimmt die Luft ſelbſt (weil es nun als ein Glied des Erdorganismus und von demſelben durchdrungen exiſtiren kann) in ſich auf; das venoͤſe Blut des Kindes, durch chemiſche Verwandtſchaft ſchon gegen das eindringende Oxygen hingezogen, ſtroͤmt nun in die Lungen ein, und der Andrang gegen die Nabelgefaͤße laͤßt nach, ja hoͤrt endlich ganz auf. Hiermit wird nun, da Sanguification

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/168>, abgerufen am 21.12.2024.