Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

beiden Durchmesser gleich sind, so würde eigentlich die Dre-
hung aus dem schiefen in den geraden Durchmesser hier-
bei überflüssig; allein man muß erwägen, daß in Folge der
Verbindung des Kopfes mit dem Halse nie das Kinn so
stark auf die Brust geneigt seyn kann, daß nicht, vorzüglich
im Eintritt in das Becken, noch mehr die Gegend der
Pfeilnath als die Spitze des Hinterhaupts sich in der Füh-
rungslinie befinden sollte, weshalb denn außer jenen bei-
den Durchmessern immer auch noch der gerade oder lange
Durchmesser berücksichtigt werden muß, und die Ursache wird,
daß wir auch hier die Stellung des Kopfs nach den zwei
schrägen Durchmessern sich richten sehen, und dadurch vier
verschiedene Hinterhauptslagen erhalten. Charakteristisch ist
für die Hinterhauptslage die Pfeilnath und die kleine Fon-
tanelle, an welcher man, um sie zu erkennen, vorzüglich auf
das Eingedrücktseyn des Hinterhauptknochens, und die daher
gewöhnlich etwas vorstehenden Ränder der Scheitelknochen in
der Hinterhauptsnath (Sutura lambdoidea) achten muß.

§. 823.

Erste Lage. Hier ruht die Stirn des Kindes an der
Ausschweifung der ungenannten Linie auf der rechten Kreuz-
und Darmbeinverbindung und das Hinterhaupt ist hinter der
linken Scham- und Darmbeinverbindung in den Beckenein-
gang herabgesunken; die Bauchfläche des Kindes ist nach hin-
ten gekehrt, und Steis und Füße liegen gewöhnlich mehr
nach rechts. Die Pfeilnath verläuft folglich in dem ersten
schiefen Durchmesser, und theils hieran, theils an der nach
links und vorn gerichteten kleinen Fontanelle, so wie zuwei-
len an der nach rechts und hinten erreichbaren großen Fon-
tanelle wird diese Lage erkannt. -- Der Kopf steht in dieser
Richtung während der ersten und zweiten Geburtsperiode fest,
dreht sich aber, während er in der dritten Periode in die
Beckenhöhle herab gepreßt wird, in den geraden Durchmesser,
so daß nun die Stirn in der Aushöhlung des Kreuzknochens
unter dem Promontorio und das Hinterhaupt hinter der
Schambeinverbindung zu liegen kommt, die Pfeilnath folglich
nun im geraden Durchmesser und die kleine Fontanelle hinter

beiden Durchmeſſer gleich ſind, ſo wuͤrde eigentlich die Dre-
hung aus dem ſchiefen in den geraden Durchmeſſer hier-
bei uͤberfluͤſſig; allein man muß erwaͤgen, daß in Folge der
Verbindung des Kopfes mit dem Halſe nie das Kinn ſo
ſtark auf die Bruſt geneigt ſeyn kann, daß nicht, vorzuͤglich
im Eintritt in das Becken, noch mehr die Gegend der
Pfeilnath als die Spitze des Hinterhaupts ſich in der Fuͤh-
rungslinie befinden ſollte, weshalb denn außer jenen bei-
den Durchmeſſern immer auch noch der gerade oder lange
Durchmeſſer beruͤckſichtigt werden muß, und die Urſache wird,
daß wir auch hier die Stellung des Kopfs nach den zwei
ſchraͤgen Durchmeſſern ſich richten ſehen, und dadurch vier
verſchiedene Hinterhauptslagen erhalten. Charakteriſtiſch iſt
fuͤr die Hinterhauptslage die Pfeilnath und die kleine Fon-
tanelle, an welcher man, um ſie zu erkennen, vorzuͤglich auf
das Eingedruͤcktſeyn des Hinterhauptknochens, und die daher
gewoͤhnlich etwas vorſtehenden Raͤnder der Scheitelknochen in
der Hinterhauptsnath (Sutura lambdoidea) achten muß.

§. 823.

Erſte Lage. Hier ruht die Stirn des Kindes an der
Ausſchweifung der ungenannten Linie auf der rechten Kreuz-
und Darmbeinverbindung und das Hinterhaupt iſt hinter der
linken Scham- und Darmbeinverbindung in den Beckenein-
gang herabgeſunken; die Bauchflaͤche des Kindes iſt nach hin-
ten gekehrt, und Steis und Fuͤße liegen gewoͤhnlich mehr
nach rechts. Die Pfeilnath verlaͤuft folglich in dem erſten
ſchiefen Durchmeſſer, und theils hieran, theils an der nach
links und vorn gerichteten kleinen Fontanelle, ſo wie zuwei-
len an der nach rechts und hinten erreichbaren großen Fon-
tanelle wird dieſe Lage erkannt. — Der Kopf ſteht in dieſer
Richtung waͤhrend der erſten und zweiten Geburtsperiode feſt,
dreht ſich aber, waͤhrend er in der dritten Periode in die
Beckenhoͤhle herab gepreßt wird, in den geraden Durchmeſſer,
ſo daß nun die Stirn in der Aushoͤhlung des Kreuzknochens
unter dem Promontorio und das Hinterhaupt hinter der
Schambeinverbindung zu liegen kommt, die Pfeilnath folglich
nun im geraden Durchmeſſer und die kleine Fontanelle hinter

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <p><pb facs="#f0133" n="109"/>
beiden Durchme&#x017F;&#x017F;er gleich &#x017F;ind, &#x017F;o wu&#x0364;rde eigentlich die Dre-<lb/>
hung aus dem &#x017F;chiefen in den geraden Durchme&#x017F;&#x017F;er hier-<lb/>
bei u&#x0364;berflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig; allein man muß erwa&#x0364;gen, daß in Folge der<lb/>
Verbindung des Kopfes mit dem Hal&#x017F;e nie das Kinn &#x017F;o<lb/>
&#x017F;tark auf die Bru&#x017F;t geneigt &#x017F;eyn kann, daß nicht, vorzu&#x0364;glich<lb/>
im Eintritt in das Becken, noch mehr die Gegend der<lb/>
Pfeilnath als die Spitze des Hinterhaupts &#x017F;ich in der Fu&#x0364;h-<lb/>
rungslinie befinden &#x017F;ollte, weshalb denn außer jenen bei-<lb/>
den Durchme&#x017F;&#x017F;ern immer auch noch der gerade oder lange<lb/>
Durchme&#x017F;&#x017F;er beru&#x0364;ck&#x017F;ichtigt werden muß, und die Ur&#x017F;ache wird,<lb/>
daß wir auch hier die Stellung des Kopfs nach den zwei<lb/>
&#x017F;chra&#x0364;gen Durchme&#x017F;&#x017F;ern &#x017F;ich richten &#x017F;ehen, und dadurch vier<lb/>
ver&#x017F;chiedene Hinterhauptslagen erhalten. Charakteri&#x017F;ti&#x017F;ch i&#x017F;t<lb/>
fu&#x0364;r die Hinterhauptslage die Pfeilnath und die kleine Fon-<lb/>
tanelle, an welcher man, um &#x017F;ie zu erkennen, vorzu&#x0364;glich auf<lb/>
das Eingedru&#x0364;ckt&#x017F;eyn des Hinterhauptknochens, und die daher<lb/>
gewo&#x0364;hnlich etwas vor&#x017F;tehenden Ra&#x0364;nder der Scheitelknochen in<lb/>
der Hinterhauptsnath (<hi rendition="#aq">Sutura lambdoidea</hi>) achten muß.</p>
                    </div><lb/>
                    <div n="8">
                      <head>§. 823.</head><lb/>
                      <p><hi rendition="#g">Er&#x017F;te Lage</hi>. Hier ruht die Stirn des Kindes an der<lb/>
Aus&#x017F;chweifung der ungenannten Linie auf der rechten Kreuz-<lb/>
und Darmbeinverbindung und das Hinterhaupt i&#x017F;t hinter der<lb/>
linken Scham- und Darmbeinverbindung in den Beckenein-<lb/>
gang herabge&#x017F;unken; die Bauchfla&#x0364;che des Kindes i&#x017F;t nach hin-<lb/>
ten gekehrt, und Steis und Fu&#x0364;ße liegen gewo&#x0364;hnlich mehr<lb/>
nach rechts. Die Pfeilnath verla&#x0364;uft folglich in dem er&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;chiefen Durchme&#x017F;&#x017F;er, und theils hieran, theils an der nach<lb/>
links und vorn gerichteten kleinen Fontanelle, &#x017F;o wie zuwei-<lb/>
len an der nach rechts und hinten erreichbaren großen Fon-<lb/>
tanelle wird die&#x017F;e Lage erkannt. &#x2014; Der Kopf &#x017F;teht in die&#x017F;er<lb/>
Richtung wa&#x0364;hrend der er&#x017F;ten und zweiten Geburtsperiode fe&#x017F;t,<lb/>
dreht &#x017F;ich aber, wa&#x0364;hrend er in der dritten Periode in die<lb/>
Beckenho&#x0364;hle herab gepreßt wird, in den geraden Durchme&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
&#x017F;o daß nun die Stirn in der Ausho&#x0364;hlung des Kreuzknochens<lb/>
unter dem <hi rendition="#aq">Promontorio</hi> und das Hinterhaupt hinter der<lb/>
Schambeinverbindung zu liegen kommt, die Pfeilnath folglich<lb/>
nun im geraden Durchme&#x017F;&#x017F;er und die kleine Fontanelle hinter<lb/></p>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0133] beiden Durchmeſſer gleich ſind, ſo wuͤrde eigentlich die Dre- hung aus dem ſchiefen in den geraden Durchmeſſer hier- bei uͤberfluͤſſig; allein man muß erwaͤgen, daß in Folge der Verbindung des Kopfes mit dem Halſe nie das Kinn ſo ſtark auf die Bruſt geneigt ſeyn kann, daß nicht, vorzuͤglich im Eintritt in das Becken, noch mehr die Gegend der Pfeilnath als die Spitze des Hinterhaupts ſich in der Fuͤh- rungslinie befinden ſollte, weshalb denn außer jenen bei- den Durchmeſſern immer auch noch der gerade oder lange Durchmeſſer beruͤckſichtigt werden muß, und die Urſache wird, daß wir auch hier die Stellung des Kopfs nach den zwei ſchraͤgen Durchmeſſern ſich richten ſehen, und dadurch vier verſchiedene Hinterhauptslagen erhalten. Charakteriſtiſch iſt fuͤr die Hinterhauptslage die Pfeilnath und die kleine Fon- tanelle, an welcher man, um ſie zu erkennen, vorzuͤglich auf das Eingedruͤcktſeyn des Hinterhauptknochens, und die daher gewoͤhnlich etwas vorſtehenden Raͤnder der Scheitelknochen in der Hinterhauptsnath (Sutura lambdoidea) achten muß. §. 823. Erſte Lage. Hier ruht die Stirn des Kindes an der Ausſchweifung der ungenannten Linie auf der rechten Kreuz- und Darmbeinverbindung und das Hinterhaupt iſt hinter der linken Scham- und Darmbeinverbindung in den Beckenein- gang herabgeſunken; die Bauchflaͤche des Kindes iſt nach hin- ten gekehrt, und Steis und Fuͤße liegen gewoͤhnlich mehr nach rechts. Die Pfeilnath verlaͤuft folglich in dem erſten ſchiefen Durchmeſſer, und theils hieran, theils an der nach links und vorn gerichteten kleinen Fontanelle, ſo wie zuwei- len an der nach rechts und hinten erreichbaren großen Fon- tanelle wird dieſe Lage erkannt. — Der Kopf ſteht in dieſer Richtung waͤhrend der erſten und zweiten Geburtsperiode feſt, dreht ſich aber, waͤhrend er in der dritten Periode in die Beckenhoͤhle herab gepreßt wird, in den geraden Durchmeſſer, ſo daß nun die Stirn in der Aushoͤhlung des Kreuzknochens unter dem Promontorio und das Hinterhaupt hinter der Schambeinverbindung zu liegen kommt, die Pfeilnath folglich nun im geraden Durchmeſſer und die kleine Fontanelle hinter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/133
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/133>, abgerufen am 23.11.2024.