und die Hand selbst ruhig wieder unter der Kleidung oder Bettdecke hervorgeführt, um sie alsbald zu reinigen.
§. 105.
Will man übrigens mit zwey oder mehreren Fingern untersuchen, so verfährt man zwar im erstern Falle wieder ohngefähr wie bey der Untersuchung mit einem Finger, im andern Falle hingegen muß man die ganze Hand mit Oehl bestreichen, dieselbe möglichst gestreckt und conisch zusammen- gelegt mit ihrer Breite im geraden Durchmesser des Becken- ausganges gestellt, behutsam, gelind drehend, und in der Führungslinie einbringen. Im Becken dienen dann die ein- gebrachten ausgesperrten oder aneinanderliegenden fünf Finger zu sehr genauer Schätzung des Beckenraumes, und zwar in- dem man sich zuvörderst durch Vergleichung an einem Zoll- stabe genau bekannt macht: theils wie viel der Raum zwi- schen ausgespanntem Zeige- und Mittelfinger, theils wie viel der Raum zwischen ausgesperrtem Zeigefinger und Daumen an der eigenen Hand betrage, dann aber auch mißt, wie breit drei, vier oder fünf Finger der Hand sind, und nun diese Größen mit dem Gefühle bey der Untersuchung selbst ver- gleicht. -- Noch ist denn auch der Untersuchung durch den Mastdarm als einer Abart der innern Untersuchung zu gedenken, in wiefern dieselbe namentlich bey manchen Krankheiten der innern Genitalien, Schwangerschaften außer- halb der Gebärmutter u. s. w. von Wichtigkeit ist. -- Man unternimmt dieselbe, nachdem vorher ein oder einige Lave- ments gegeben worden sind, ohngefähr wie die innere Unter- suchung der Mutterscheide mit einem eingeöhlten Zeigefinger, läßt der zu Untersuchenden eine Seitenlage oder, noch besser, die Lage, auf Knie und Ellbogen gestützt, annehmen, und bringt nun den Finger gelind drehend nach der Richtung des Mastdarmes aufwärts, um so das Verhalten des Uterus, des Beckens u. s. w. zu erforschen.
Bey allen diesen Untersuchungen ist übrigens die viel- fachste Uebung allein fähig, einen höhern Grad von Fertig- keit zu gewähren, und den Resultaten der Exploration eine größere Sicherheit zu verschaffen, weßhalb denn allen ange-
und die Hand ſelbſt ruhig wieder unter der Kleidung oder Bettdecke hervorgefuͤhrt, um ſie alsbald zu reinigen.
§. 105.
Will man uͤbrigens mit zwey oder mehreren Fingern unterſuchen, ſo verfaͤhrt man zwar im erſtern Falle wieder ohngefaͤhr wie bey der Unterſuchung mit einem Finger, im andern Falle hingegen muß man die ganze Hand mit Oehl beſtreichen, dieſelbe moͤglichſt geſtreckt und coniſch zuſammen- gelegt mit ihrer Breite im geraden Durchmeſſer des Becken- ausganges geſtellt, behutſam, gelind drehend, und in der Fuͤhrungslinie einbringen. Im Becken dienen dann die ein- gebrachten ausgeſperrten oder aneinanderliegenden fuͤnf Finger zu ſehr genauer Schaͤtzung des Beckenraumes, und zwar in- dem man ſich zuvoͤrderſt durch Vergleichung an einem Zoll- ſtabe genau bekannt macht: theils wie viel der Raum zwi- ſchen ausgeſpanntem Zeige- und Mittelfinger, theils wie viel der Raum zwiſchen ausgeſperrtem Zeigefinger und Daumen an der eigenen Hand betrage, dann aber auch mißt, wie breit drei, vier oder fuͤnf Finger der Hand ſind, und nun dieſe Groͤßen mit dem Gefuͤhle bey der Unterſuchung ſelbſt ver- gleicht. — Noch iſt denn auch der Unterſuchung durch den Maſtdarm als einer Abart der innern Unterſuchung zu gedenken, in wiefern dieſelbe namentlich bey manchen Krankheiten der innern Genitalien, Schwangerſchaften außer- halb der Gebaͤrmutter u. ſ. w. von Wichtigkeit iſt. — Man unternimmt dieſelbe, nachdem vorher ein oder einige Lave- ments gegeben worden ſind, ohngefaͤhr wie die innere Unter- ſuchung der Mutterſcheide mit einem eingeoͤhlten Zeigefinger, laͤßt der zu Unterſuchenden eine Seitenlage oder, noch beſſer, die Lage, auf Knie und Ellbogen geſtuͤtzt, annehmen, und bringt nun den Finger gelind drehend nach der Richtung des Maſtdarmes aufwaͤrts, um ſo das Verhalten des Uterus, des Beckens u. ſ. w. zu erforſchen.
Bey allen dieſen Unterſuchungen iſt uͤbrigens die viel- fachſte Uebung allein faͤhig, einen hoͤhern Grad von Fertig- keit zu gewaͤhren, und den Reſultaten der Exploration eine groͤßere Sicherheit zu verſchaffen, weßhalb denn allen ange-
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und die Hand ſelbſt ruhig wieder unter der Kleidung oder
Bettdecke hervorgefuͤhrt, um ſie alsbald zu reinigen.
§. 105.
Will man uͤbrigens mit zwey oder mehreren Fingern
unterſuchen, ſo verfaͤhrt man zwar im erſtern Falle wieder
ohngefaͤhr wie bey der Unterſuchung mit einem Finger, im
andern Falle hingegen muß man die ganze Hand mit Oehl
beſtreichen, dieſelbe moͤglichſt geſtreckt und coniſch zuſammen-
gelegt mit ihrer Breite im geraden Durchmeſſer des Becken-
ausganges geſtellt, behutſam, gelind drehend, und in der
Fuͤhrungslinie einbringen. Im Becken dienen dann die ein-
gebrachten ausgeſperrten oder aneinanderliegenden fuͤnf Finger
zu ſehr genauer Schaͤtzung des Beckenraumes, und zwar in-
dem man ſich zuvoͤrderſt durch Vergleichung an einem Zoll-
ſtabe genau bekannt macht: theils wie viel der Raum zwi-
ſchen ausgeſpanntem Zeige- und Mittelfinger, theils wie viel
der Raum zwiſchen ausgeſperrtem Zeigefinger und Daumen an
der eigenen Hand betrage, dann aber auch mißt, wie breit
drei, vier oder fuͤnf Finger der Hand ſind, und nun dieſe
Groͤßen mit dem Gefuͤhle bey der Unterſuchung ſelbſt ver-
gleicht. — Noch iſt denn auch der Unterſuchung durch
den Maſtdarm als einer Abart der innern Unterſuchung
zu gedenken, in wiefern dieſelbe namentlich bey manchen
Krankheiten der innern Genitalien, Schwangerſchaften außer-
halb der Gebaͤrmutter u. ſ. w. von Wichtigkeit iſt. — Man
unternimmt dieſelbe, nachdem vorher ein oder einige Lave-
ments gegeben worden ſind, ohngefaͤhr wie die innere Unter-
ſuchung der Mutterſcheide mit einem eingeoͤhlten Zeigefinger,
laͤßt der zu Unterſuchenden eine Seitenlage oder, noch beſſer,
die Lage, auf Knie und Ellbogen geſtuͤtzt, annehmen, und
bringt nun den Finger gelind drehend nach der Richtung des
Maſtdarmes aufwaͤrts, um ſo das Verhalten des Uterus, des
Beckens u. ſ. w. zu erforſchen.
Bey allen dieſen Unterſuchungen iſt uͤbrigens die viel-
fachſte Uebung allein faͤhig, einen hoͤhern Grad von Fertig-
keit zu gewaͤhren, und den Reſultaten der Exploration eine
groͤßere Sicherheit zu verſchaffen, weßhalb denn allen ange-
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/95>, abgerufen am 21.11.2024.
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