ßerungen weiblichen Gemüths durch die Geschlechtsverhält- nisse des Weibes selbst bestimmt. Die Bestimmung, sich an einen Gatten anzuschließen, die Bestimmung, Mutter zu werden, ist schon in den Puppenspielen des Mädchens sicht- bar, und äußert sich später, wenn der Kampf des Selbst- gefühls und der Neigung gegen das andere Geschlecht sich im Busen regt, als das Gefühl holder jungfräulicher Scham, ja oft als ein gewisser edler jungfräulicher Trotz, bis endlich, wenn der Mann des Verlangens gefunden ist, alles dieses in anmuthige und seelenvollste Hingebung sich auflöst. Noch gewaltiger indeß als die Gattenliebe herrscht im Busen des Weibes die Mutterliebe, und hunderte von Beyspielen lassen uns die ungemeinen Aufopferungen bewundern, deren Mütter für ihre Kinder fähig waren.
§. 64.
An diese Grund-Regung und Richtung des weiblichen Gemüths schließen sich dann viele andere weibliche Neigungen und Leidenschaften an. Wir zählen dahin die aus dem Be- dürfniße an einen Stärkern sich anzuschließen, und aus dem Gefühle der eigenen Schwäche hervorgehende Weichheit und Sanftmuth, die aus reger Phantasie und geringerer Energie des Geistes hervorgehende Neugier, die aus Haug zu gefallen und lebhafter Phantasie sich erzeugende Eitelkeit und Putzsucht, so wie die aus Neigung und Sorgfalt für Gatten und Kinder entstehende schöne Tugend der Häuslich- keit; dagegen aber liegt auch in ihnen Fähigkeit zu den hef- tigsten Ausbrüchen des Hasses und der Rache, wenn jener feurigen Liebe gegen Gatten oder Kind sich Hindernisse in den Weg drängen, oder diese Liebe selbst sich unerwiedert, ja betrogen sieht.
§. 65.
Die Kraft des Willens endlich zeigt in der weib- lichen Seele ohngefähr dieselben Eigenthümlichkeiten, welche die Kraft der Bewegung im weiblichen Körper wahrnehmen ließ. Im Ganzen wird namentlich die Festigkeit und Be- harrlichkeit des Entschlußes, so wie das Vermögen, schnell
ßerungen weiblichen Gemuͤths durch die Geſchlechtsverhaͤlt- niſſe des Weibes ſelbſt beſtimmt. Die Beſtimmung, ſich an einen Gatten anzuſchließen, die Beſtimmung, Mutter zu werden, iſt ſchon in den Puppenſpielen des Maͤdchens ſicht- bar, und aͤußert ſich ſpaͤter, wenn der Kampf des Selbſt- gefuͤhls und der Neigung gegen das andere Geſchlecht ſich im Buſen regt, als das Gefuͤhl holder jungfraͤulicher Scham, ja oft als ein gewiſſer edler jungfraͤulicher Trotz, bis endlich, wenn der Mann des Verlangens gefunden iſt, alles dieſes in anmuthige und ſeelenvollſte Hingebung ſich aufloͤſt. Noch gewaltiger indeß als die Gattenliebe herrſcht im Buſen des Weibes die Mutterliebe, und hunderte von Beyſpielen laſſen uns die ungemeinen Aufopferungen bewundern, deren Muͤtter fuͤr ihre Kinder faͤhig waren.
§. 64.
An dieſe Grund-Regung und Richtung des weiblichen Gemuͤths ſchließen ſich dann viele andere weibliche Neigungen und Leidenſchaften an. Wir zaͤhlen dahin die aus dem Be- duͤrfniße an einen Staͤrkern ſich anzuſchließen, und aus dem Gefuͤhle der eigenen Schwaͤche hervorgehende Weichheit und Sanftmuth, die aus reger Phantaſie und geringerer Energie des Geiſtes hervorgehende Neugier, die aus Haug zu gefallen und lebhafter Phantaſie ſich erzeugende Eitelkeit und Putzſucht, ſo wie die aus Neigung und Sorgfalt fuͤr Gatten und Kinder entſtehende ſchoͤne Tugend der Haͤuslich- keit; dagegen aber liegt auch in ihnen Faͤhigkeit zu den hef- tigſten Ausbruͤchen des Haſſes und der Rache, wenn jener feurigen Liebe gegen Gatten oder Kind ſich Hinderniſſe in den Weg draͤngen, oder dieſe Liebe ſelbſt ſich unerwiedert, ja betrogen ſieht.
§. 65.
Die Kraft des Willens endlich zeigt in der weib- lichen Seele ohngefaͤhr dieſelben Eigenthuͤmlichkeiten, welche die Kraft der Bewegung im weiblichen Koͤrper wahrnehmen ließ. Im Ganzen wird namentlich die Feſtigkeit und Be- harrlichkeit des Entſchlußes, ſo wie das Vermoͤgen, ſchnell
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ßerungen weiblichen Gemuͤths durch die Geſchlechtsverhaͤlt-
niſſe des Weibes ſelbſt beſtimmt. Die Beſtimmung, ſich an
einen Gatten anzuſchließen, die Beſtimmung, Mutter zu
werden, iſt ſchon in den Puppenſpielen des Maͤdchens ſicht-
bar, und aͤußert ſich ſpaͤter, wenn der Kampf des Selbſt-
gefuͤhls und der Neigung gegen das andere Geſchlecht ſich
im Buſen regt, als das Gefuͤhl holder jungfraͤulicher Scham,
ja oft als ein gewiſſer edler jungfraͤulicher Trotz, bis endlich,
wenn der Mann des Verlangens gefunden iſt, alles dieſes
in anmuthige und ſeelenvollſte Hingebung ſich aufloͤſt. Noch
gewaltiger indeß als die Gattenliebe herrſcht im Buſen des
Weibes die Mutterliebe, und hunderte von Beyſpielen laſſen
uns die ungemeinen Aufopferungen bewundern, deren Muͤtter
fuͤr ihre Kinder faͤhig waren.
§. 64.
An dieſe Grund-Regung und Richtung des weiblichen
Gemuͤths ſchließen ſich dann viele andere weibliche Neigungen
und Leidenſchaften an. Wir zaͤhlen dahin die aus dem Be-
duͤrfniße an einen Staͤrkern ſich anzuſchließen, und aus
dem Gefuͤhle der eigenen Schwaͤche hervorgehende Weichheit
und Sanftmuth, die aus reger Phantaſie und geringerer
Energie des Geiſtes hervorgehende Neugier, die aus Haug
zu gefallen und lebhafter Phantaſie ſich erzeugende Eitelkeit
und Putzſucht, ſo wie die aus Neigung und Sorgfalt fuͤr
Gatten und Kinder entſtehende ſchoͤne Tugend der Haͤuslich-
keit; dagegen aber liegt auch in ihnen Faͤhigkeit zu den hef-
tigſten Ausbruͤchen des Haſſes und der Rache, wenn jener
feurigen Liebe gegen Gatten oder Kind ſich Hinderniſſe in
den Weg draͤngen, oder dieſe Liebe ſelbſt ſich unerwiedert,
ja betrogen ſieht.
§. 65.
Die Kraft des Willens endlich zeigt in der weib-
lichen Seele ohngefaͤhr dieſelben Eigenthuͤmlichkeiten, welche
die Kraft der Bewegung im weiblichen Koͤrper wahrnehmen
ließ. Im Ganzen wird namentlich die Feſtigkeit und Be-
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/67>, abgerufen am 30.12.2024.
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