Ganz zuverläßig indeß kann man sich vom Vorhanden- seyn des Steins erst durch das Sondiren der Harnblase mittelst des Catheters überzeugen, wobey übrigens, wenn vielleicht der Blasenstein in einer Falte oder Vertiefung der Blase sich verbergen sollte, die Kranke den Urin so lange an- halten muß, bis zu erwarten ist, daß durch diese Ausdeh- nung der Stein selbst frey geworden sey. Auch von der Be- schaffenheit der Oberfläche, von der Größe des Steins kann der Arzt durch diese Untersuchung Kenntniß erhalten, ja man ist zuweilen recht wohl im Stande, den Stein durch den in die Vagina eingebrachten Finger selbst zu erreichen und zu untersuchen.
§. 622.
Was nun die Ursachen zur Entstehung des Steins, die ärztliche Behandlung der Anlage zur Steinerzeugung und die Anwendung der Mittel, um die Auflösung des Steins zu bewirken, betrifft, so kann dieses weiter nicht Gegenstand unserer Erörterungen seyn, da es nicht wesentlich von dem abweicht, was über die Steinkrankheit überhaupt die specielle Therapie lehrt. Es ist daher nur zu erwähnen, theils daß die Methode, den Stein durch Einspritzung chemischer, der Natur des Steins angemessener Flüssigkeiten aufzulösen, *) hier wegen der Weite und Kürze der weiblichen Urethra leich- ter Anwendung findet, theils daß die Methode, den Stein durch die Operation wegzunehmen, gleichfalls leichter als beym männlichen Geschlecht, überhaupt aber in mehrerer Hin- sicht von dem im männlichen Geschlecht zu unternehmenden Steinschnitt verschieden sey, worüber daher noch Einiges bey- zufügen ist.
*) Hierher gehört der Vorschlag Ritter's (s. Hufeland's Jour- nal für die prakt. Heilk. Bd. XXV. Heft 2.), die alkalische Rinde der Harnsteine durch verdünnte Salzsäure, den gelben gesäuerten Kern derselben durch Kalilauge aufzulösen.
§. 621.
Ganz zuverlaͤßig indeß kann man ſich vom Vorhanden- ſeyn des Steins erſt durch das Sondiren der Harnblaſe mittelſt des Catheters uͤberzeugen, wobey uͤbrigens, wenn vielleicht der Blaſenſtein in einer Falte oder Vertiefung der Blaſe ſich verbergen ſollte, die Kranke den Urin ſo lange an- halten muß, bis zu erwarten iſt, daß durch dieſe Ausdeh- nung der Stein ſelbſt frey geworden ſey. Auch von der Be- ſchaffenheit der Oberflaͤche, von der Groͤße des Steins kann der Arzt durch dieſe Unterſuchung Kenntniß erhalten, ja man iſt zuweilen recht wohl im Stande, den Stein durch den in die Vagina eingebrachten Finger ſelbſt zu erreichen und zu unterſuchen.
§. 622.
Was nun die Urſachen zur Entſtehung des Steins, die aͤrztliche Behandlung der Anlage zur Steinerzeugung und die Anwendung der Mittel, um die Aufloͤſung des Steins zu bewirken, betrifft, ſo kann dieſes weiter nicht Gegenſtand unſerer Eroͤrterungen ſeyn, da es nicht weſentlich von dem abweicht, was uͤber die Steinkrankheit uͤberhaupt die ſpecielle Therapie lehrt. Es iſt daher nur zu erwaͤhnen, theils daß die Methode, den Stein durch Einſpritzung chemiſcher, der Natur des Steins angemeſſener Fluͤſſigkeiten aufzuloͤſen, *) hier wegen der Weite und Kuͤrze der weiblichen Urethra leich- ter Anwendung findet, theils daß die Methode, den Stein durch die Operation wegzunehmen, gleichfalls leichter als beym maͤnnlichen Geſchlecht, uͤberhaupt aber in mehrerer Hin- ſicht von dem im maͤnnlichen Geſchlecht zu unternehmenden Steinſchnitt verſchieden ſey, woruͤber daher noch Einiges bey- zufuͤgen iſt.
*) Hierher gehoͤrt der Vorſchlag Ritter’s (ſ. Hufeland’s Jour- nal fuͤr die prakt. Heilk. Bd. XXV. Heft 2.), die alkaliſche Rinde der Harnſteine durch verduͤnnte Salzſaͤure, den gelben geſaͤuerten Kern derſelben durch Kalilauge aufzuloͤſen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><pbfacs="#f0471"n="451"/><divn="9"><head>§. 621.</head><lb/><p>Ganz zuverlaͤßig indeß kann man ſich vom Vorhanden-<lb/>ſeyn des Steins erſt durch das Sondiren der Harnblaſe<lb/>
mittelſt des Catheters uͤberzeugen, wobey uͤbrigens, wenn<lb/>
vielleicht der Blaſenſtein in einer Falte oder Vertiefung der<lb/>
Blaſe ſich verbergen ſollte, die Kranke den Urin ſo lange an-<lb/>
halten muß, bis zu erwarten iſt, daß durch dieſe Ausdeh-<lb/>
nung der Stein ſelbſt frey geworden ſey. Auch von der Be-<lb/>ſchaffenheit der Oberflaͤche, von der Groͤße des Steins kann<lb/>
der Arzt durch dieſe Unterſuchung Kenntniß erhalten, ja man<lb/>
iſt zuweilen recht wohl im Stande, den Stein durch den in<lb/>
die Vagina eingebrachten Finger ſelbſt zu erreichen und zu<lb/>
unterſuchen.</p></div><lb/><divn="9"><head>§. 622.</head><lb/><p>Was nun die Urſachen zur Entſtehung des Steins, die<lb/>
aͤrztliche Behandlung der Anlage zur Steinerzeugung und die<lb/>
Anwendung der Mittel, um die Aufloͤſung des Steins zu<lb/>
bewirken, betrifft, ſo kann dieſes weiter nicht Gegenſtand<lb/>
unſerer Eroͤrterungen ſeyn, da es nicht weſentlich von dem<lb/>
abweicht, was uͤber die Steinkrankheit uͤberhaupt die ſpecielle<lb/>
Therapie lehrt. Es iſt daher nur zu erwaͤhnen, theils daß<lb/>
die Methode, den Stein durch Einſpritzung chemiſcher, der<lb/>
Natur des Steins angemeſſener Fluͤſſigkeiten aufzuloͤſen, <noteplace="foot"n="*)">Hierher gehoͤrt der Vorſchlag <hirendition="#g">Ritter’s</hi> (ſ. <hirendition="#g">Hufeland’s</hi> Jour-<lb/>
nal fuͤr die prakt. Heilk. Bd. <hirendition="#aq">XXV.</hi> Heft 2.), die alkaliſche Rinde<lb/>
der Harnſteine durch verduͤnnte Salzſaͤure, den gelben geſaͤuerten<lb/>
Kern derſelben durch Kalilauge aufzuloͤſen.</note><lb/>
hier wegen der Weite und Kuͤrze der weiblichen Urethra leich-<lb/>
ter Anwendung findet, theils daß die Methode, den Stein<lb/>
durch die Operation wegzunehmen, gleichfalls leichter als<lb/>
beym maͤnnlichen Geſchlecht, uͤberhaupt aber in mehrerer Hin-<lb/>ſicht von dem im maͤnnlichen Geſchlecht zu unternehmenden<lb/>
Steinſchnitt verſchieden ſey, woruͤber daher noch Einiges bey-<lb/>
zufuͤgen iſt.</p></div><lb/></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[451/0471]
§. 621.
Ganz zuverlaͤßig indeß kann man ſich vom Vorhanden-
ſeyn des Steins erſt durch das Sondiren der Harnblaſe
mittelſt des Catheters uͤberzeugen, wobey uͤbrigens, wenn
vielleicht der Blaſenſtein in einer Falte oder Vertiefung der
Blaſe ſich verbergen ſollte, die Kranke den Urin ſo lange an-
halten muß, bis zu erwarten iſt, daß durch dieſe Ausdeh-
nung der Stein ſelbſt frey geworden ſey. Auch von der Be-
ſchaffenheit der Oberflaͤche, von der Groͤße des Steins kann
der Arzt durch dieſe Unterſuchung Kenntniß erhalten, ja man
iſt zuweilen recht wohl im Stande, den Stein durch den in
die Vagina eingebrachten Finger ſelbſt zu erreichen und zu
unterſuchen.
§. 622.
Was nun die Urſachen zur Entſtehung des Steins, die
aͤrztliche Behandlung der Anlage zur Steinerzeugung und die
Anwendung der Mittel, um die Aufloͤſung des Steins zu
bewirken, betrifft, ſo kann dieſes weiter nicht Gegenſtand
unſerer Eroͤrterungen ſeyn, da es nicht weſentlich von dem
abweicht, was uͤber die Steinkrankheit uͤberhaupt die ſpecielle
Therapie lehrt. Es iſt daher nur zu erwaͤhnen, theils daß
die Methode, den Stein durch Einſpritzung chemiſcher, der
Natur des Steins angemeſſener Fluͤſſigkeiten aufzuloͤſen, *)
hier wegen der Weite und Kuͤrze der weiblichen Urethra leich-
ter Anwendung findet, theils daß die Methode, den Stein
durch die Operation wegzunehmen, gleichfalls leichter als
beym maͤnnlichen Geſchlecht, uͤberhaupt aber in mehrerer Hin-
ſicht von dem im maͤnnlichen Geſchlecht zu unternehmenden
Steinſchnitt verſchieden ſey, woruͤber daher noch Einiges bey-
zufuͤgen iſt.
*) Hierher gehoͤrt der Vorſchlag Ritter’s (ſ. Hufeland’s Jour-
nal fuͤr die prakt. Heilk. Bd. XXV. Heft 2.), die alkaliſche Rinde
der Harnſteine durch verduͤnnte Salzſaͤure, den gelben geſaͤuerten
Kern derſelben durch Kalilauge aufzuloͤſen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/471>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.