Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite
2) Gefäßgeschwulst der Mündung der Harnröhre und
Verdickung der die Harnröhre umgebenden Zellhaut, nebst
variköser Beschaffenheit ihrer Gefäße
.
§. 614.

Beide Krankheitsformen werden von Clarke, *) wel-
cher ihnen zuerst eine nähere Aufmerksamkeit gewidmet hat,
als zwey verschiedene Zustände beschrieben, stimmen aber
offenbar im Wesentlichen völlig überein. Die Gefäßgeschwulst
der Harnröhrenmündung nämlich beschreibt derselbe als eine
auf dem Rande der Harnröhrenöffnung sitzende, scharlach-
rothe, blutreiche, etwas körnige Geschwulst, welche äußerst
beweglich, bey dem Urinlassen und Untersuchen sehr schmerz-
haft, und gewöhnlich von einem schleimigten Ausflusse be-
gleitet sey. Die Verdickung der Harnröhre aber soll sich
durch Beschwerde und Schmerz während des Coitus, durch
einen zum Theil wohl von der innern Haut der Harnröhre
erregten Schleimfluß, und durch die fühlbare Geschwulst hin-
ter den Schamknochen zu erkennen geben. Uebrigens seyen
die Gefäße der Urethra sehr angeschwollen, und zwar ganz
vorzüglich in aufrechter Stellung der Kranken; wenn dieselbe
etwas preßt, werde die Geschwulst selbst äußerlich sichtbar;
besonders aber werde die Kranke dadurch beschwert, daß im
hintern Theile der Harnröhre gewöhnlich eine Vertiefung sich
bilde, in welcher einige Tropfen Urin sich ansammeln und
ein stetes Drängen zum Wasserlassen verursachen.

§. 615.

Untersucht man nun näher, wodurch diese verschiedenen
Symptome eigentlich veranlaßt werden, so erkennt man bald,
daß bloß ein krankhafter Zustand des Venensystems, welches
in den weiblichen Geschlechtstheilen an sich so sehr überwie-
gend ist, dieselben bedingen. Es gerathen nämlich, vorzüg-

*) a. a. O. S. 188. 192.
2) Gefaͤßgeſchwulſt der Muͤndung der Harnroͤhre und
Verdickung der die Harnroͤhre umgebenden Zellhaut, nebſt
varikoͤſer Beſchaffenheit ihrer Gefaͤße
.
§. 614.

Beide Krankheitsformen werden von Clarke, *) wel-
cher ihnen zuerſt eine naͤhere Aufmerkſamkeit gewidmet hat,
als zwey verſchiedene Zuſtaͤnde beſchrieben, ſtimmen aber
offenbar im Weſentlichen voͤllig uͤberein. Die Gefaͤßgeſchwulſt
der Harnroͤhrenmuͤndung naͤmlich beſchreibt derſelbe als eine
auf dem Rande der Harnroͤhrenoͤffnung ſitzende, ſcharlach-
rothe, blutreiche, etwas koͤrnige Geſchwulſt, welche aͤußerſt
beweglich, bey dem Urinlaſſen und Unterſuchen ſehr ſchmerz-
haft, und gewoͤhnlich von einem ſchleimigten Ausfluſſe be-
gleitet ſey. Die Verdickung der Harnroͤhre aber ſoll ſich
durch Beſchwerde und Schmerz waͤhrend des Coitus, durch
einen zum Theil wohl von der innern Haut der Harnroͤhre
erregten Schleimfluß, und durch die fuͤhlbare Geſchwulſt hin-
ter den Schamknochen zu erkennen geben. Uebrigens ſeyen
die Gefaͤße der Urethra ſehr angeſchwollen, und zwar ganz
vorzuͤglich in aufrechter Stellung der Kranken; wenn dieſelbe
etwas preßt, werde die Geſchwulſt ſelbſt aͤußerlich ſichtbar;
beſonders aber werde die Kranke dadurch beſchwert, daß im
hintern Theile der Harnroͤhre gewoͤhnlich eine Vertiefung ſich
bilde, in welcher einige Tropfen Urin ſich anſammeln und
ein ſtetes Draͤngen zum Waſſerlaſſen verurſachen.

§. 615.

Unterſucht man nun naͤher, wodurch dieſe verſchiedenen
Symptome eigentlich veranlaßt werden, ſo erkennt man bald,
daß bloß ein krankhafter Zuſtand des Venenſyſtems, welches
in den weiblichen Geſchlechtstheilen an ſich ſo ſehr uͤberwie-
gend iſt, dieſelben bedingen. Es gerathen naͤmlich, vorzuͤg-

*) a. a. O. S. 188. 192.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <pb facs="#f0467" n="447"/>
                    <div n="8">
                      <head>2) <hi rendition="#g">Gefa&#x0364;ßge&#x017F;chwul&#x017F;t der Mu&#x0364;ndung der Harnro&#x0364;hre und<lb/>
Verdickung der die Harnro&#x0364;hre umgebenden Zellhaut, neb&#x017F;t<lb/>
variko&#x0364;&#x017F;er Be&#x017F;chaffenheit ihrer Gefa&#x0364;ße</hi>.</head><lb/>
                      <div n="9">
                        <head>§. 614.</head><lb/>
                        <p>Beide Krankheitsformen werden von <hi rendition="#g">Clarke</hi>, <note place="foot" n="*)">a. a. O. S. 188. 192.</note> wel-<lb/>
cher ihnen zuer&#x017F;t eine na&#x0364;here Aufmerk&#x017F;amkeit gewidmet hat,<lb/>
als zwey ver&#x017F;chiedene Zu&#x017F;ta&#x0364;nde be&#x017F;chrieben, &#x017F;timmen aber<lb/>
offenbar im We&#x017F;entlichen vo&#x0364;llig u&#x0364;berein. Die Gefa&#x0364;ßge&#x017F;chwul&#x017F;t<lb/>
der Harnro&#x0364;hrenmu&#x0364;ndung na&#x0364;mlich be&#x017F;chreibt der&#x017F;elbe als eine<lb/>
auf dem Rande der Harnro&#x0364;hreno&#x0364;ffnung &#x017F;itzende, &#x017F;charlach-<lb/>
rothe, blutreiche, etwas ko&#x0364;rnige Ge&#x017F;chwul&#x017F;t, welche a&#x0364;ußer&#x017F;t<lb/>
beweglich, bey dem Urinla&#x017F;&#x017F;en und Unter&#x017F;uchen &#x017F;ehr &#x017F;chmerz-<lb/>
haft, und gewo&#x0364;hnlich von einem &#x017F;chleimigten Ausflu&#x017F;&#x017F;e be-<lb/>
gleitet &#x017F;ey. Die Verdickung der Harnro&#x0364;hre aber &#x017F;oll &#x017F;ich<lb/>
durch Be&#x017F;chwerde und Schmerz wa&#x0364;hrend des Coitus, durch<lb/>
einen zum Theil wohl von der innern Haut der Harnro&#x0364;hre<lb/>
erregten Schleimfluß, und durch die fu&#x0364;hlbare Ge&#x017F;chwul&#x017F;t hin-<lb/>
ter den Schamknochen zu erkennen geben. Uebrigens &#x017F;eyen<lb/>
die Gefa&#x0364;ße der Urethra &#x017F;ehr ange&#x017F;chwollen, und zwar ganz<lb/>
vorzu&#x0364;glich in aufrechter Stellung der Kranken; wenn die&#x017F;elbe<lb/>
etwas preßt, werde die Ge&#x017F;chwul&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t a&#x0364;ußerlich &#x017F;ichtbar;<lb/>
be&#x017F;onders aber werde die Kranke dadurch be&#x017F;chwert, daß im<lb/>
hintern Theile der Harnro&#x0364;hre gewo&#x0364;hnlich eine Vertiefung &#x017F;ich<lb/>
bilde, in welcher einige Tropfen Urin &#x017F;ich an&#x017F;ammeln und<lb/>
ein &#x017F;tetes Dra&#x0364;ngen zum Wa&#x017F;&#x017F;erla&#x017F;&#x017F;en verur&#x017F;achen.</p>
                      </div><lb/>
                      <div n="9">
                        <head>§. 615.</head><lb/>
                        <p>Unter&#x017F;ucht man nun na&#x0364;her, wodurch die&#x017F;e ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Symptome eigentlich veranlaßt werden, &#x017F;o erkennt man bald,<lb/>
daß bloß ein krankhafter Zu&#x017F;tand des Venen&#x017F;y&#x017F;tems, welches<lb/>
in den weiblichen Ge&#x017F;chlechtstheilen an &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;ehr u&#x0364;berwie-<lb/>
gend i&#x017F;t, die&#x017F;elben bedingen. Es gerathen na&#x0364;mlich, vorzu&#x0364;g-<lb/></p>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[447/0467] 2) Gefaͤßgeſchwulſt der Muͤndung der Harnroͤhre und Verdickung der die Harnroͤhre umgebenden Zellhaut, nebſt varikoͤſer Beſchaffenheit ihrer Gefaͤße. §. 614. Beide Krankheitsformen werden von Clarke, *) wel- cher ihnen zuerſt eine naͤhere Aufmerkſamkeit gewidmet hat, als zwey verſchiedene Zuſtaͤnde beſchrieben, ſtimmen aber offenbar im Weſentlichen voͤllig uͤberein. Die Gefaͤßgeſchwulſt der Harnroͤhrenmuͤndung naͤmlich beſchreibt derſelbe als eine auf dem Rande der Harnroͤhrenoͤffnung ſitzende, ſcharlach- rothe, blutreiche, etwas koͤrnige Geſchwulſt, welche aͤußerſt beweglich, bey dem Urinlaſſen und Unterſuchen ſehr ſchmerz- haft, und gewoͤhnlich von einem ſchleimigten Ausfluſſe be- gleitet ſey. Die Verdickung der Harnroͤhre aber ſoll ſich durch Beſchwerde und Schmerz waͤhrend des Coitus, durch einen zum Theil wohl von der innern Haut der Harnroͤhre erregten Schleimfluß, und durch die fuͤhlbare Geſchwulſt hin- ter den Schamknochen zu erkennen geben. Uebrigens ſeyen die Gefaͤße der Urethra ſehr angeſchwollen, und zwar ganz vorzuͤglich in aufrechter Stellung der Kranken; wenn dieſelbe etwas preßt, werde die Geſchwulſt ſelbſt aͤußerlich ſichtbar; beſonders aber werde die Kranke dadurch beſchwert, daß im hintern Theile der Harnroͤhre gewoͤhnlich eine Vertiefung ſich bilde, in welcher einige Tropfen Urin ſich anſammeln und ein ſtetes Draͤngen zum Waſſerlaſſen verurſachen. §. 615. Unterſucht man nun naͤher, wodurch dieſe verſchiedenen Symptome eigentlich veranlaßt werden, ſo erkennt man bald, daß bloß ein krankhafter Zuſtand des Venenſyſtems, welches in den weiblichen Geſchlechtstheilen an ſich ſo ſehr uͤberwie- gend iſt, dieſelben bedingen. Es gerathen naͤmlich, vorzuͤg- *) a. a. O. S. 188. 192.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/467
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/467>, abgerufen am 21.11.2024.