Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

Röhren vorhanden sind, die bey Säugethieren bestimmt nach-
zuweisende peristaltische Fortbewegung des Eyes, Zeugniß ab-
giebt, so wie von der muskulösen Struktur der Scheide an-
dern Theils, die am Eingange derselben verdichteten Faser-
lagen (Constrictor cunni), ferner die Querfaltung der in-
nern Haut (gerade dieselbe Erscheinung zeigt sich auch am
entleerten Darme), und endlich mehrere, z. B. bey der Ge-
burt, der Nachgeburt, wahrnehmbare Thätigkeitsäußerungen
derselben Beweise liefern.

§. 33.

Der Brüste endlich gedenken wir hier unter den Ge-
schlechtstheilen noch insbesondere, um theils auf die Gründe
ihres für die praktische Anwendung der Gynäkologie so wich-
tigen Consensus mit dem Uterus hin zu weisen, theils ge-
wisse Eigenthümlichkeiten ihrer Struktur bemerklich zu ma-
chen. -- Wenn nämlich überhaupt das Geschlechtssystem
gleichsam nur als ein dem lebendigen Körper eingepflanzter
Theil anzusehen ist, so daß auch ohne dasselbe die indi-
viduelle
organische Existenz allerdings möglich bliebe (ob-
wohl nicht die Existenz der Gattung), so gilt dieß vorzüg-
lich auch von den Ernährungsorganen des Fötus im mensch-
lichen Weibe, und namentlich von den Brüsten. Auf sehr
merkwürdige Weise nämlich ist die Brustdrüse gleichsam
wie der Mutterkuchen an den Uterus, so auf die äußere
Fläche des Thorax geheftet (die Placenta wurde daher schon
von alten Physiologen als Mamma uterina bezeichnet);
dort empfängt sie die Säfte, welche noch nach der Geburt
zur Ernährung des Kindes erfordert werden, und welche in
niedern Klassen dem Jungen sogleich vom Eyerstocke aus als
Dottersack, als gemeinsamer Chylusbehälter mitgetheilt zu
werden pflegen, hier aber, nachdem sie zuvor im Fruchthäl-
ter selbst dem Fötus zugeführt worden, zu den Brüsten sich
wenden. -- Fruchthälter und Brüste sind also in dieser Hin-
sicht von gleicher Bedeutung, und daher der im Leben
derselben deutlich bemerkbare Zusammenhang; denn nicht so-
wohl in Verbindung von einzelnen Nervenfädchen und Ge-
fäßen (z. B. wollten Einige den Consensus zwischen Uterus

Roͤhren vorhanden ſind, die bey Saͤugethieren beſtimmt nach-
zuweiſende periſtaltiſche Fortbewegung des Eyes, Zeugniß ab-
giebt, ſo wie von der muskuloͤſen Struktur der Scheide an-
dern Theils, die am Eingange derſelben verdichteten Faſer-
lagen (Constrictor cunni), ferner die Querfaltung der in-
nern Haut (gerade dieſelbe Erſcheinung zeigt ſich auch am
entleerten Darme), und endlich mehrere, z. B. bey der Ge-
burt, der Nachgeburt, wahrnehmbare Thaͤtigkeitsaͤußerungen
derſelben Beweiſe liefern.

§. 33.

Der Bruͤſte endlich gedenken wir hier unter den Ge-
ſchlechtstheilen noch insbeſondere, um theils auf die Gruͤnde
ihres fuͤr die praktiſche Anwendung der Gynaͤkologie ſo wich-
tigen Consensus mit dem Uterus hin zu weiſen, theils ge-
wiſſe Eigenthuͤmlichkeiten ihrer Struktur bemerklich zu ma-
chen. — Wenn naͤmlich uͤberhaupt das Geſchlechtsſyſtem
gleichſam nur als ein dem lebendigen Koͤrper eingepflanzter
Theil anzuſehen iſt, ſo daß auch ohne daſſelbe die indi-
viduelle
organiſche Exiſtenz allerdings moͤglich bliebe (ob-
wohl nicht die Exiſtenz der Gattung), ſo gilt dieß vorzuͤg-
lich auch von den Ernaͤhrungsorganen des Foͤtus im menſch-
lichen Weibe, und namentlich von den Bruͤſten. Auf ſehr
merkwuͤrdige Weiſe naͤmlich iſt die Bruſtdruͤſe gleichſam
wie der Mutterkuchen an den Uterus, ſo auf die aͤußere
Flaͤche des Thorax geheftet (die Placenta wurde daher ſchon
von alten Phyſiologen als Mamma uterina bezeichnet);
dort empfaͤngt ſie die Saͤfte, welche noch nach der Geburt
zur Ernaͤhrung des Kindes erfordert werden, und welche in
niedern Klaſſen dem Jungen ſogleich vom Eyerſtocke aus als
Dotterſack, als gemeinſamer Chylusbehaͤlter mitgetheilt zu
werden pflegen, hier aber, nachdem ſie zuvor im Fruchthaͤl-
ter ſelbſt dem Foͤtus zugefuͤhrt worden, zu den Bruͤſten ſich
wenden. — Fruchthaͤlter und Bruͤſte ſind alſo in dieſer Hin-
ſicht von gleicher Bedeutung, und daher der im Leben
derſelben deutlich bemerkbare Zuſammenhang; denn nicht ſo-
wohl in Verbindung von einzelnen Nervenfaͤdchen und Ge-
faͤßen (z. B. wollten Einige den Consensus zwiſchen Uterus

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0046" n="26"/>
Ro&#x0364;hren vorhanden &#x017F;ind, die bey Sa&#x0364;ugethieren be&#x017F;timmt nach-<lb/>
zuwei&#x017F;ende peri&#x017F;talti&#x017F;che Fortbewegung des Eyes, Zeugniß ab-<lb/>
giebt, &#x017F;o wie von der muskulo&#x0364;&#x017F;en Struktur der Scheide an-<lb/>
dern Theils, die am Eingange der&#x017F;elben verdichteten Fa&#x017F;er-<lb/>
lagen (<hi rendition="#aq">Constrictor cunni</hi>), ferner die Querfaltung der in-<lb/>
nern Haut (gerade die&#x017F;elbe Er&#x017F;cheinung zeigt &#x017F;ich auch am<lb/>
entleerten Darme), und endlich mehrere, z. B. bey der Ge-<lb/>
burt, der Nachgeburt, wahrnehmbare Tha&#x0364;tigkeitsa&#x0364;ußerungen<lb/>
der&#x017F;elben Bewei&#x017F;e liefern.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 33.</head><lb/>
                <p>Der <hi rendition="#g">Bru&#x0364;&#x017F;te</hi> endlich gedenken wir hier unter den Ge-<lb/>
&#x017F;chlechtstheilen noch insbe&#x017F;ondere, um theils auf die Gru&#x0364;nde<lb/>
ihres fu&#x0364;r die prakti&#x017F;che Anwendung der Gyna&#x0364;kologie &#x017F;o wich-<lb/>
tigen <hi rendition="#aq">Consensus</hi> mit dem Uterus hin zu wei&#x017F;en, theils ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e Eigenthu&#x0364;mlichkeiten ihrer Struktur bemerklich zu ma-<lb/>
chen. &#x2014; Wenn na&#x0364;mlich u&#x0364;berhaupt das Ge&#x017F;chlechts&#x017F;y&#x017F;tem<lb/>
gleich&#x017F;am nur als ein dem lebendigen Ko&#x0364;rper eingepflanzter<lb/>
Theil anzu&#x017F;ehen i&#x017F;t, &#x017F;o daß auch <hi rendition="#g">ohne</hi> da&#x017F;&#x017F;elbe die <hi rendition="#g">indi-<lb/>
viduelle</hi> organi&#x017F;che Exi&#x017F;tenz allerdings mo&#x0364;glich bliebe (ob-<lb/>
wohl nicht die Exi&#x017F;tenz der Gattung), &#x017F;o gilt dieß vorzu&#x0364;g-<lb/>
lich auch von den Erna&#x0364;hrungsorganen des Fo&#x0364;tus im men&#x017F;ch-<lb/>
lichen Weibe, und namentlich von den Bru&#x0364;&#x017F;ten. Auf &#x017F;ehr<lb/>
merkwu&#x0364;rdige Wei&#x017F;e na&#x0364;mlich i&#x017F;t die Bru&#x017F;tdru&#x0364;&#x017F;e gleich&#x017F;am<lb/>
wie der Mutterkuchen an den Uterus, &#x017F;o auf die a&#x0364;ußere<lb/>
Fla&#x0364;che des Thorax geheftet (die Placenta wurde daher &#x017F;chon<lb/>
von alten Phy&#x017F;iologen als <hi rendition="#aq">Mamma uterina</hi> bezeichnet);<lb/>
dort empfa&#x0364;ngt &#x017F;ie die Sa&#x0364;fte, welche noch nach der Geburt<lb/>
zur Erna&#x0364;hrung des Kindes erfordert werden, und welche in<lb/>
niedern Kla&#x017F;&#x017F;en dem Jungen &#x017F;ogleich vom Eyer&#x017F;tocke aus als<lb/>
Dotter&#x017F;ack, als gemein&#x017F;amer Chylusbeha&#x0364;lter mitgetheilt zu<lb/>
werden pflegen, hier aber, nachdem &#x017F;ie zuvor im Fruchtha&#x0364;l-<lb/>
ter &#x017F;elb&#x017F;t dem Fo&#x0364;tus zugefu&#x0364;hrt worden, zu den Bru&#x0364;&#x017F;ten &#x017F;ich<lb/>
wenden. &#x2014; Fruchtha&#x0364;lter und Bru&#x0364;&#x017F;te &#x017F;ind al&#x017F;o in die&#x017F;er Hin-<lb/>
&#x017F;icht von <hi rendition="#g">gleicher Bedeutung</hi>, und daher der im Leben<lb/>
der&#x017F;elben deutlich bemerkbare Zu&#x017F;ammenhang; denn nicht &#x017F;o-<lb/>
wohl in Verbindung von einzelnen Nervenfa&#x0364;dchen und Ge-<lb/>
fa&#x0364;ßen (z. B. wollten Einige den <hi rendition="#aq">Consensus</hi> zwi&#x017F;chen Uterus<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0046] Roͤhren vorhanden ſind, die bey Saͤugethieren beſtimmt nach- zuweiſende periſtaltiſche Fortbewegung des Eyes, Zeugniß ab- giebt, ſo wie von der muskuloͤſen Struktur der Scheide an- dern Theils, die am Eingange derſelben verdichteten Faſer- lagen (Constrictor cunni), ferner die Querfaltung der in- nern Haut (gerade dieſelbe Erſcheinung zeigt ſich auch am entleerten Darme), und endlich mehrere, z. B. bey der Ge- burt, der Nachgeburt, wahrnehmbare Thaͤtigkeitsaͤußerungen derſelben Beweiſe liefern. §. 33. Der Bruͤſte endlich gedenken wir hier unter den Ge- ſchlechtstheilen noch insbeſondere, um theils auf die Gruͤnde ihres fuͤr die praktiſche Anwendung der Gynaͤkologie ſo wich- tigen Consensus mit dem Uterus hin zu weiſen, theils ge- wiſſe Eigenthuͤmlichkeiten ihrer Struktur bemerklich zu ma- chen. — Wenn naͤmlich uͤberhaupt das Geſchlechtsſyſtem gleichſam nur als ein dem lebendigen Koͤrper eingepflanzter Theil anzuſehen iſt, ſo daß auch ohne daſſelbe die indi- viduelle organiſche Exiſtenz allerdings moͤglich bliebe (ob- wohl nicht die Exiſtenz der Gattung), ſo gilt dieß vorzuͤg- lich auch von den Ernaͤhrungsorganen des Foͤtus im menſch- lichen Weibe, und namentlich von den Bruͤſten. Auf ſehr merkwuͤrdige Weiſe naͤmlich iſt die Bruſtdruͤſe gleichſam wie der Mutterkuchen an den Uterus, ſo auf die aͤußere Flaͤche des Thorax geheftet (die Placenta wurde daher ſchon von alten Phyſiologen als Mamma uterina bezeichnet); dort empfaͤngt ſie die Saͤfte, welche noch nach der Geburt zur Ernaͤhrung des Kindes erfordert werden, und welche in niedern Klaſſen dem Jungen ſogleich vom Eyerſtocke aus als Dotterſack, als gemeinſamer Chylusbehaͤlter mitgetheilt zu werden pflegen, hier aber, nachdem ſie zuvor im Fruchthaͤl- ter ſelbſt dem Foͤtus zugefuͤhrt worden, zu den Bruͤſten ſich wenden. — Fruchthaͤlter und Bruͤſte ſind alſo in dieſer Hin- ſicht von gleicher Bedeutung, und daher der im Leben derſelben deutlich bemerkbare Zuſammenhang; denn nicht ſo- wohl in Verbindung von einzelnen Nervenfaͤdchen und Ge- faͤßen (z. B. wollten Einige den Consensus zwiſchen Uterus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/46
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/46>, abgerufen am 21.12.2024.