Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 504.

Eine solche Aenderung im Verhältniß der einzelnen Ge-
bärmuttergegenden nun ist nicht gedenkbar, außer wo die Ge-
bärmutterhöhle und der Muttermund eine bedeutende Vergrö-
ßerung erfahren hatten, welches eines Theils durch die Schwan-
gerschaft geschieht, daher denn auch im Wochenbett, oder
vorzüglich unmittelbar nach der Geburt des Kindes die Um-
stülpung am häufigsten vorkommt (wovon das Nähere im
zweyten Theile), andern Theils aber auch, obwohl seltner,
durch abnorme Auswüchse, namentlich durch Gebärmutterpo-
lypen, bewirkt wird. -- Eben deßhalb aber, weil die Um-
stülpung am gewöhnlichsten im Wochenbette entsteht, hat
man sie auch unter den Krankheiten der Wöchnerinnen der
Regel nach mit abgehandelt; allein da es an Beyspielen
nicht fehlt, wo dergleichen fehlerhafte Lagen erst mehrere
Jahre nach dem Wochenbette bemerkt wurden, so ist es doch
nöthig, auch unter den Krankheiten der Nichtschwangern die-
sem Falle eine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.

§. 505.

Diaguose. Die Kranke fühlt entweder bloß innerlich
in den Geburtstheilen einen stumpfen Druck, mit Gefühl von
Drängen und Pressen verbunden, leidet an öftern Blutungen,
an Schleimfluß, Störungen der Stuhl- und Harnausleerun-
gen, Hämorrhoidalzufällen u. s. w., oder sie wird durch eine
zwischen und vor den äußern Geburtstheilen fühlbare Ge-
schwulst incommodirt, empfindet die genannten Beschwerden
dann gewöhnlich in noch höherem Grade, und hat noch au-
ßerdem Schmerz von Excoriationen, entzündlichen Zufällen
des Uterus u. s. w. -- Bey der angestellten Untersuchung
giebt sich die vollkommne Umstülpung zu erkennen dadurch,
daß die Geschwulst empfindlich ist, und daß man zwischen
den ringförmig den Stiel der Geschwulst umgebenden Mut-
termund und den Stiel keine Sonde einführen kann (wo-
durch sie sich von einem Polypen unterscheidet), ferner daß
abwärts kein Muttermund bemerkt wird (wodurch sie von

§. 504.

Eine ſolche Aenderung im Verhaͤltniß der einzelnen Ge-
baͤrmuttergegenden nun iſt nicht gedenkbar, außer wo die Ge-
baͤrmutterhoͤhle und der Muttermund eine bedeutende Vergroͤ-
ßerung erfahren hatten, welches eines Theils durch die Schwan-
gerſchaft geſchieht, daher denn auch im Wochenbett, oder
vorzuͤglich unmittelbar nach der Geburt des Kindes die Um-
ſtuͤlpung am haͤufigſten vorkommt (wovon das Naͤhere im
zweyten Theile), andern Theils aber auch, obwohl ſeltner,
durch abnorme Auswuͤchſe, namentlich durch Gebaͤrmutterpo-
lypen, bewirkt wird. — Eben deßhalb aber, weil die Um-
ſtuͤlpung am gewoͤhnlichſten im Wochenbette entſteht, hat
man ſie auch unter den Krankheiten der Woͤchnerinnen der
Regel nach mit abgehandelt; allein da es an Beyſpielen
nicht fehlt, wo dergleichen fehlerhafte Lagen erſt mehrere
Jahre nach dem Wochenbette bemerkt wurden, ſo iſt es doch
noͤthig, auch unter den Krankheiten der Nichtſchwangern die-
ſem Falle eine beſondere Aufmerkſamkeit zuzuwenden.

§. 505.

Diaguoſe. Die Kranke fuͤhlt entweder bloß innerlich
in den Geburtstheilen einen ſtumpfen Druck, mit Gefuͤhl von
Draͤngen und Preſſen verbunden, leidet an oͤftern Blutungen,
an Schleimfluß, Stoͤrungen der Stuhl- und Harnausleerun-
gen, Haͤmorrhoidalzufaͤllen u. ſ. w., oder ſie wird durch eine
zwiſchen und vor den aͤußern Geburtstheilen fuͤhlbare Ge-
ſchwulſt incommodirt, empfindet die genannten Beſchwerden
dann gewoͤhnlich in noch hoͤherem Grade, und hat noch au-
ßerdem Schmerz von Excoriationen, entzuͤndlichen Zufaͤllen
des Uterus u. ſ. w. — Bey der angeſtellten Unterſuchung
giebt ſich die vollkommne Umſtuͤlpung zu erkennen dadurch,
daß die Geſchwulſt empfindlich iſt, und daß man zwiſchen
den ringfoͤrmig den Stiel der Geſchwulſt umgebenden Mut-
termund und den Stiel keine Sonde einfuͤhren kann (wo-
durch ſie ſich von einem Polypen unterſcheidet), ferner daß
abwaͤrts kein Muttermund bemerkt wird (wodurch ſie von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <pb facs="#f0404" n="384"/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 504.</head><lb/>
                          <p>Eine &#x017F;olche Aenderung im Verha&#x0364;ltniß der einzelnen Ge-<lb/>
ba&#x0364;rmuttergegenden nun i&#x017F;t nicht gedenkbar, außer wo die Ge-<lb/>
ba&#x0364;rmutterho&#x0364;hle und der Muttermund eine bedeutende Vergro&#x0364;-<lb/>
ßerung erfahren hatten, welches eines Theils durch die Schwan-<lb/>
ger&#x017F;chaft ge&#x017F;chieht, daher denn auch im Wochenbett, oder<lb/>
vorzu&#x0364;glich unmittelbar nach der Geburt des Kindes die Um-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;lpung am ha&#x0364;ufig&#x017F;ten vorkommt (wovon das Na&#x0364;here im<lb/>
zweyten Theile), andern Theils aber auch, obwohl &#x017F;eltner,<lb/>
durch abnorme Auswu&#x0364;ch&#x017F;e, namentlich durch Geba&#x0364;rmutterpo-<lb/>
lypen, bewirkt wird. &#x2014; Eben deßhalb aber, weil die Um-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;lpung am gewo&#x0364;hnlich&#x017F;ten im Wochenbette ent&#x017F;teht, hat<lb/>
man &#x017F;ie auch unter den Krankheiten der Wo&#x0364;chnerinnen der<lb/>
Regel nach mit abgehandelt; allein da es an Bey&#x017F;pielen<lb/>
nicht fehlt, wo dergleichen fehlerhafte Lagen er&#x017F;t mehrere<lb/>
Jahre nach dem Wochenbette bemerkt wurden, &#x017F;o i&#x017F;t es doch<lb/>
no&#x0364;thig, auch unter den Krankheiten der Nicht&#x017F;chwangern die-<lb/>
&#x017F;em Falle eine be&#x017F;ondere Aufmerk&#x017F;amkeit zuzuwenden.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 505.</head><lb/>
                          <p><hi rendition="#g">Diaguo&#x017F;e</hi>. Die Kranke fu&#x0364;hlt entweder bloß innerlich<lb/>
in den Geburtstheilen einen &#x017F;tumpfen Druck, mit Gefu&#x0364;hl von<lb/>
Dra&#x0364;ngen und Pre&#x017F;&#x017F;en verbunden, leidet an o&#x0364;ftern Blutungen,<lb/>
an Schleimfluß, Sto&#x0364;rungen der Stuhl- und Harnausleerun-<lb/>
gen, Ha&#x0364;morrhoidalzufa&#x0364;llen u. &#x017F;. w., oder &#x017F;ie wird durch eine<lb/>
zwi&#x017F;chen und vor den a&#x0364;ußern Geburtstheilen fu&#x0364;hlbare Ge-<lb/>
&#x017F;chwul&#x017F;t incommodirt, empfindet die genannten Be&#x017F;chwerden<lb/>
dann gewo&#x0364;hnlich in noch ho&#x0364;herem Grade, und hat noch au-<lb/>
ßerdem Schmerz von Excoriationen, entzu&#x0364;ndlichen Zufa&#x0364;llen<lb/>
des Uterus u. &#x017F;. w. &#x2014; Bey der ange&#x017F;tellten Unter&#x017F;uchung<lb/>
giebt &#x017F;ich die vollkommne Um&#x017F;tu&#x0364;lpung zu erkennen dadurch,<lb/>
daß die Ge&#x017F;chwul&#x017F;t empfindlich i&#x017F;t, und daß man zwi&#x017F;chen<lb/>
den ringfo&#x0364;rmig den Stiel der Ge&#x017F;chwul&#x017F;t umgebenden Mut-<lb/>
termund und den Stiel keine Sonde einfu&#x0364;hren kann (wo-<lb/>
durch &#x017F;ie &#x017F;ich von einem Polypen unter&#x017F;cheidet), ferner daß<lb/>
abwa&#x0364;rts kein Muttermund bemerkt wird (wodurch &#x017F;ie von<lb/></p>
                        </div>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[384/0404] §. 504. Eine ſolche Aenderung im Verhaͤltniß der einzelnen Ge- baͤrmuttergegenden nun iſt nicht gedenkbar, außer wo die Ge- baͤrmutterhoͤhle und der Muttermund eine bedeutende Vergroͤ- ßerung erfahren hatten, welches eines Theils durch die Schwan- gerſchaft geſchieht, daher denn auch im Wochenbett, oder vorzuͤglich unmittelbar nach der Geburt des Kindes die Um- ſtuͤlpung am haͤufigſten vorkommt (wovon das Naͤhere im zweyten Theile), andern Theils aber auch, obwohl ſeltner, durch abnorme Auswuͤchſe, namentlich durch Gebaͤrmutterpo- lypen, bewirkt wird. — Eben deßhalb aber, weil die Um- ſtuͤlpung am gewoͤhnlichſten im Wochenbette entſteht, hat man ſie auch unter den Krankheiten der Woͤchnerinnen der Regel nach mit abgehandelt; allein da es an Beyſpielen nicht fehlt, wo dergleichen fehlerhafte Lagen erſt mehrere Jahre nach dem Wochenbette bemerkt wurden, ſo iſt es doch noͤthig, auch unter den Krankheiten der Nichtſchwangern die- ſem Falle eine beſondere Aufmerkſamkeit zuzuwenden. §. 505. Diaguoſe. Die Kranke fuͤhlt entweder bloß innerlich in den Geburtstheilen einen ſtumpfen Druck, mit Gefuͤhl von Draͤngen und Preſſen verbunden, leidet an oͤftern Blutungen, an Schleimfluß, Stoͤrungen der Stuhl- und Harnausleerun- gen, Haͤmorrhoidalzufaͤllen u. ſ. w., oder ſie wird durch eine zwiſchen und vor den aͤußern Geburtstheilen fuͤhlbare Ge- ſchwulſt incommodirt, empfindet die genannten Beſchwerden dann gewoͤhnlich in noch hoͤherem Grade, und hat noch au- ßerdem Schmerz von Excoriationen, entzuͤndlichen Zufaͤllen des Uterus u. ſ. w. — Bey der angeſtellten Unterſuchung giebt ſich die vollkommne Umſtuͤlpung zu erkennen dadurch, daß die Geſchwulſt empfindlich iſt, und daß man zwiſchen den ringfoͤrmig den Stiel der Geſchwulſt umgebenden Mut- termund und den Stiel keine Sonde einfuͤhren kann (wo- durch ſie ſich von einem Polypen unterſcheidet), ferner daß abwaͤrts kein Muttermund bemerkt wird (wodurch ſie von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/404
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/404>, abgerufen am 21.12.2024.