werden, so sind sie gewöhnlich in ihrem Verlaufe mehr acut, und zwar um so mehr, je vollkommner sie der allgemeinen Gefäßthätigkeit angehören, je mehr sie aus einer wahren Plethora hervorgehen. Auch ergiebt es sich leicht, daß ein solcher Blutfluß gerade wie die unter ähnlichen Umständen gewöhnliche übermäßige Menstruation, für den Augenblick eher heilsam als gefährlich erscheinen werde, nur daß bey einer öftern Wiederkehr, oder bey langer Dauer, der Uebergang in einen passiven Blutfluß gefürchtet werden muß. Ist da- gegen jene allgemeine Bedingung nicht vorhanden und die aktive Metrorrhagie bloß durch unverhältnißmäßig gesteigerte Thätigkeit der Uteringefäße, namentlich bey einer im Allge- meinen schwächlichen Constitution, in Folge örtlicher Reize der Geschlechtsorgane, in Folge von Störungen des Kreis- laufs im Pfortadersystem, etwa bey skrophulösen Individuen entstanden, so ist nicht nur der Blutverlust oft weit bedeu- tender und anhaltender, sondern seine Rückwirkungen auf das allgemeine Befinden sind zugleich weit eingreifender, die Zei- chen der Verblutung (§. 351.) treten weit leichter ein, Wasser- suchten, Gelbsuchten, Auszehrungen, Unfruchtbarkeit, unheilbarer weißer Fluß, folgen weit leichter nach, und die Prognose wird folglich weit ungünstiger.
§. 356.
Vorzüglich Gefahr drohend pflegen indeß die passiven Blutflüsse zu seyn, eines Theils, weil überhaupt Individuen, bey welchen Blutungen dieser Art vorkommen können, gemei- niglich schon sehr geschwächt sind, besonders die reproduktive Thätigkeit ihres Körpers gewöhnlich höchst zerrüttet ist, an- dern Theils, weil der Blutverlust selbst in der Regel bedeu- tender und anhaltender ist, als bey den übrigen Arten. -- Der Gang und die Prognose der Krankheit im Einzelnen richtet sich übrigens nach den besondern abnormen Zuständen des Uterus, welche am häufigsten diese Blutungen zur Folge haben, und welche eben, in wiefern sie gewöhnlich langwie- rige, schwer oder gar nicht heilbare Zustände sind, vorzüglich habituell werdende, bey jeder stärkern Körper- oder Gemüths-
werden, ſo ſind ſie gewoͤhnlich in ihrem Verlaufe mehr acut, und zwar um ſo mehr, je vollkommner ſie der allgemeinen Gefaͤßthaͤtigkeit angehoͤren, je mehr ſie aus einer wahren Plethora hervorgehen. Auch ergiebt es ſich leicht, daß ein ſolcher Blutfluß gerade wie die unter aͤhnlichen Umſtaͤnden gewoͤhnliche uͤbermaͤßige Menſtruation, fuͤr den Augenblick eher heilſam als gefaͤhrlich erſcheinen werde, nur daß bey einer oͤftern Wiederkehr, oder bey langer Dauer, der Uebergang in einen paſſiven Blutfluß gefuͤrchtet werden muß. Iſt da- gegen jene allgemeine Bedingung nicht vorhanden und die aktive Metrorrhagie bloß durch unverhaͤltnißmaͤßig geſteigerte Thaͤtigkeit der Uteringefaͤße, namentlich bey einer im Allge- meinen ſchwaͤchlichen Conſtitution, in Folge oͤrtlicher Reize der Geſchlechtsorgane, in Folge von Stoͤrungen des Kreis- laufs im Pfortaderſyſtem, etwa bey ſkrophuloͤſen Individuen entſtanden, ſo iſt nicht nur der Blutverluſt oft weit bedeu- tender und anhaltender, ſondern ſeine Ruͤckwirkungen auf das allgemeine Befinden ſind zugleich weit eingreifender, die Zei- chen der Verblutung (§. 351.) treten weit leichter ein, Waſſer- ſuchten, Gelbſuchten, Auszehrungen, Unfruchtbarkeit, unheilbarer weißer Fluß, folgen weit leichter nach, und die Prognoſe wird folglich weit unguͤnſtiger.
§. 356.
Vorzuͤglich Gefahr drohend pflegen indeß die paſſiven Blutfluͤſſe zu ſeyn, eines Theils, weil uͤberhaupt Individuen, bey welchen Blutungen dieſer Art vorkommen koͤnnen, gemei- niglich ſchon ſehr geſchwaͤcht ſind, beſonders die reproduktive Thaͤtigkeit ihres Koͤrpers gewoͤhnlich hoͤchſt zerruͤttet iſt, an- dern Theils, weil der Blutverluſt ſelbſt in der Regel bedeu- tender und anhaltender iſt, als bey den uͤbrigen Arten. — Der Gang und die Prognoſe der Krankheit im Einzelnen richtet ſich uͤbrigens nach den beſondern abnormen Zuſtaͤnden des Uterus, welche am haͤufigſten dieſe Blutungen zur Folge haben, und welche eben, in wiefern ſie gewoͤhnlich langwie- rige, ſchwer oder gar nicht heilbare Zuſtaͤnde ſind, vorzuͤglich habituell werdende, bey jeder ſtaͤrkern Koͤrper- oder Gemuͤths-
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werden, ſo ſind ſie gewoͤhnlich in ihrem Verlaufe mehr acut,
und zwar um ſo mehr, je vollkommner ſie der allgemeinen
Gefaͤßthaͤtigkeit angehoͤren, je mehr ſie aus einer wahren
Plethora hervorgehen. Auch ergiebt es ſich leicht, daß ein
ſolcher Blutfluß gerade wie die unter aͤhnlichen Umſtaͤnden
gewoͤhnliche uͤbermaͤßige Menſtruation, fuͤr den Augenblick eher
heilſam als gefaͤhrlich erſcheinen werde, nur daß bey einer
oͤftern Wiederkehr, oder bey langer Dauer, der Uebergang
in einen paſſiven Blutfluß gefuͤrchtet werden muß. Iſt da-
gegen jene allgemeine Bedingung nicht vorhanden und die
aktive Metrorrhagie bloß durch unverhaͤltnißmaͤßig geſteigerte
Thaͤtigkeit der Uteringefaͤße, namentlich bey einer im Allge-
meinen ſchwaͤchlichen Conſtitution, in Folge oͤrtlicher Reize
der Geſchlechtsorgane, in Folge von Stoͤrungen des Kreis-
laufs im Pfortaderſyſtem, etwa bey ſkrophuloͤſen Individuen
entſtanden, ſo iſt nicht nur der Blutverluſt oft weit bedeu-
tender und anhaltender, ſondern ſeine Ruͤckwirkungen auf das
allgemeine Befinden ſind zugleich weit eingreifender, die Zei-
chen der Verblutung (§. 351.) treten weit leichter ein, Waſſer-
ſuchten, Gelbſuchten, Auszehrungen, Unfruchtbarkeit, unheilbarer
weißer Fluß, folgen weit leichter nach, und die Prognoſe wird
folglich weit unguͤnſtiger.
§. 356.
Vorzuͤglich Gefahr drohend pflegen indeß die paſſiven
Blutfluͤſſe zu ſeyn, eines Theils, weil uͤberhaupt Individuen,
bey welchen Blutungen dieſer Art vorkommen koͤnnen, gemei-
niglich ſchon ſehr geſchwaͤcht ſind, beſonders die reproduktive
Thaͤtigkeit ihres Koͤrpers gewoͤhnlich hoͤchſt zerruͤttet iſt, an-
dern Theils, weil der Blutverluſt ſelbſt in der Regel bedeu-
tender und anhaltender iſt, als bey den uͤbrigen Arten. —
Der Gang und die Prognoſe der Krankheit im Einzelnen
richtet ſich uͤbrigens nach den beſondern abnormen Zuſtaͤnden
des Uterus, welche am haͤufigſten dieſe Blutungen zur Folge
haben, und welche eben, in wiefern ſie gewoͤhnlich langwie-
rige, ſchwer oder gar nicht heilbare Zuſtaͤnde ſind, vorzuͤglich
habituell werdende, bey jeder ſtaͤrkern Koͤrper- oder Gemuͤths-
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/297>, abgerufen am 21.12.2024.
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