Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

überhaupt, und besonders in den Nerven des Geschlechts-
systems, welcher namentlich die Folge fehlerhafter physischer
Erziehung, zeitiger und übermäßiger Geistesanstrengung, frü-
her Ausschweifungen und des Mißbrauchs erhitzender Nah-
rungsmittel und Getränke zu seyn pflegt; b) Krankheiten
benachbarter Unterleibsorgane, welche den Kreislauf des Pfort-
adersystems beeinträchtigen, und Andrang nach den Geschlechts-
organen veranlassen, eben so auch allgemeine Krankheiten,
welche sich zuweilen sogar durch Metrorrhagien entscheiden,
wo dann die Blutung allerdings sehr wohlthätig seyn kann;
c) örtliche Reize von drückenden Pessarien, reizenden Injekrio-
nen u. s. w. 3) Für den passiven Blutfluß sind beson-
dere Veranlassungen vorzüglich Krankheiten, welche entweder
allgemeinen fehlerhaften Zustand der Sanguifikation bedingen
(Skorbut, Faulfieber, Entmischung durch zu häufiges Ader-
lassen), oder in Verbildung der Uterinsubstanz sich darstellen,
als Syphilis, schwammige Auftreibung des Uterus, Polypen,
Skirrhus, Krebs, Steatomata, Leucorrhöe, sehr häufige vor-
ausgegangene Wochenbetten, zurückgebliebene Nachgeburtsresie,
Umstülpung, Vorfall des Uterus, so wie Einflüsse, welche
entweder mechanisch den Uterus erschüttern, oder dynamisch
die Auflockerung seiner Substanz vermehren, als Dampfbä-
der, Kohlentöpfe u. s. w. -- Je mehr sich nun mit diesen
örtlichen Veranlassungen die allgemeinen Abnormitäten der Ge-
fäßthätigkeit (§. 353. 1.) verknüpfen, um so stärker tritt
der Blutfluß ein.

§. 355.

Der Gang, welchen diese Krankheit zu nehmen pflegt,
die Folgen, welche sie herbeyführt, und die hieraus sich
ergebende Prognose muß wieder theils nach den veranlas-
senden Ursachen, theils nach dem Grade der Krankheit sehr
verschieden seyn. Was die aktiven Blutflüsse betrifft, welche
aus der kräftigern Constitution der Kranken, der gewöhnlich
mehr hellrothen Beschaffenheit des ausfließenden Blutes, der
Abwesenheit bedeutender Verbildungen, dagegen oft durch die
äußerst gesteigerte Reizbarkeit des Geschlechtssystems erkannt

uͤberhaupt, und beſonders in den Nerven des Geſchlechts-
ſyſtems, welcher namentlich die Folge fehlerhafter phyſiſcher
Erziehung, zeitiger und uͤbermaͤßiger Geiſtesanſtrengung, fruͤ-
her Ausſchweifungen und des Mißbrauchs erhitzender Nah-
rungsmittel und Getraͤnke zu ſeyn pflegt; b) Krankheiten
benachbarter Unterleibsorgane, welche den Kreislauf des Pfort-
aderſyſtems beeintraͤchtigen, und Andrang nach den Geſchlechts-
organen veranlaſſen, eben ſo auch allgemeine Krankheiten,
welche ſich zuweilen ſogar durch Metrorrhagien entſcheiden,
wo dann die Blutung allerdings ſehr wohlthaͤtig ſeyn kann;
c) oͤrtliche Reize von druͤckenden Peſſarien, reizenden Injekrio-
nen u. ſ. w. 3) Fuͤr den paſſiven Blutfluß ſind beſon-
dere Veranlaſſungen vorzuͤglich Krankheiten, welche entweder
allgemeinen fehlerhaften Zuſtand der Sanguifikation bedingen
(Skorbut, Faulfieber, Entmiſchung durch zu haͤufiges Ader-
laſſen), oder in Verbildung der Uterinſubſtanz ſich darſtellen,
als Syphilis, ſchwammige Auftreibung des Uterus, Polypen,
Skirrhus, Krebs, Steatomata, Leucorrhoͤe, ſehr haͤufige vor-
ausgegangene Wochenbetten, zuruͤckgebliebene Nachgeburtsreſie,
Umſtuͤlpung, Vorfall des Uterus, ſo wie Einfluͤſſe, welche
entweder mechaniſch den Uterus erſchuͤttern, oder dynamiſch
die Auflockerung ſeiner Subſtanz vermehren, als Dampfbaͤ-
der, Kohlentoͤpfe u. ſ. w. — Je mehr ſich nun mit dieſen
oͤrtlichen Veranlaſſungen die allgemeinen Abnormitaͤten der Ge-
faͤßthaͤtigkeit (§. 353. 1.) verknuͤpfen, um ſo ſtaͤrker tritt
der Blutfluß ein.

§. 355.

Der Gang, welchen dieſe Krankheit zu nehmen pflegt,
die Folgen, welche ſie herbeyfuͤhrt, und die hieraus ſich
ergebende Prognoſe muß wieder theils nach den veranlaſ-
ſenden Urſachen, theils nach dem Grade der Krankheit ſehr
verſchieden ſeyn. Was die aktiven Blutfluͤſſe betrifft, welche
aus der kraͤftigern Conſtitution der Kranken, der gewoͤhnlich
mehr hellrothen Beſchaffenheit des ausfließenden Blutes, der
Abweſenheit bedeutender Verbildungen, dagegen oft durch die
aͤußerſt geſteigerte Reizbarkeit des Geſchlechtsſyſtems erkannt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <div n="10">
                          <p><pb facs="#f0296" n="276"/>
u&#x0364;berhaupt, und be&#x017F;onders in den Nerven des Ge&#x017F;chlechts-<lb/>
&#x017F;y&#x017F;tems, welcher namentlich die Folge fehlerhafter phy&#x017F;i&#x017F;cher<lb/>
Erziehung, zeitiger und u&#x0364;berma&#x0364;ßiger Gei&#x017F;tesan&#x017F;trengung, fru&#x0364;-<lb/>
her Aus&#x017F;chweifungen und des Mißbrauchs erhitzender Nah-<lb/>
rungsmittel und Getra&#x0364;nke zu &#x017F;eyn pflegt; <hi rendition="#aq">b)</hi> Krankheiten<lb/>
benachbarter Unterleibsorgane, welche den Kreislauf des Pfort-<lb/>
ader&#x017F;y&#x017F;tems beeintra&#x0364;chtigen, und Andrang nach den Ge&#x017F;chlechts-<lb/>
organen veranla&#x017F;&#x017F;en, eben &#x017F;o auch allgemeine Krankheiten,<lb/>
welche &#x017F;ich zuweilen &#x017F;ogar durch Metrorrhagien ent&#x017F;cheiden,<lb/>
wo dann die Blutung allerdings &#x017F;ehr wohltha&#x0364;tig &#x017F;eyn kann;<lb/><hi rendition="#aq">c)</hi> o&#x0364;rtliche Reize von dru&#x0364;ckenden Pe&#x017F;&#x017F;arien, reizenden Injekrio-<lb/>
nen u. &#x017F;. w. 3) Fu&#x0364;r den <hi rendition="#g">pa&#x017F;&#x017F;iven Blutfluß</hi> &#x017F;ind be&#x017F;on-<lb/>
dere Veranla&#x017F;&#x017F;ungen vorzu&#x0364;glich Krankheiten, welche entweder<lb/>
allgemeinen fehlerhaften Zu&#x017F;tand der Sanguifikation bedingen<lb/>
(Skorbut, Faulfieber, Entmi&#x017F;chung durch zu ha&#x0364;ufiges Ader-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en), oder in Verbildung der Uterin&#x017F;ub&#x017F;tanz &#x017F;ich dar&#x017F;tellen,<lb/>
als Syphilis, &#x017F;chwammige Auftreibung des Uterus, Polypen,<lb/>
Skirrhus, Krebs, Steatomata, Leucorrho&#x0364;e, &#x017F;ehr ha&#x0364;ufige vor-<lb/>
ausgegangene Wochenbetten, zuru&#x0364;ckgebliebene Nachgeburtsre&#x017F;ie,<lb/>
Um&#x017F;tu&#x0364;lpung, Vorfall des Uterus, &#x017F;o wie Einflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, welche<lb/>
entweder mechani&#x017F;ch den Uterus er&#x017F;chu&#x0364;ttern, oder dynami&#x017F;ch<lb/>
die Auflockerung &#x017F;einer Sub&#x017F;tanz vermehren, als Dampfba&#x0364;-<lb/>
der, Kohlento&#x0364;pfe u. &#x017F;. w. &#x2014; Je mehr &#x017F;ich nun mit die&#x017F;en<lb/>
o&#x0364;rtlichen Veranla&#x017F;&#x017F;ungen die allgemeinen Abnormita&#x0364;ten der Ge-<lb/>
fa&#x0364;ßtha&#x0364;tigkeit (§. 353. 1.) verknu&#x0364;pfen, um &#x017F;o &#x017F;ta&#x0364;rker tritt<lb/>
der Blutfluß ein.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 355.</head><lb/>
                          <p>Der <hi rendition="#g">Gang</hi>, welchen die&#x017F;e Krankheit zu nehmen pflegt,<lb/>
die <hi rendition="#g">Folgen</hi>, welche &#x017F;ie herbeyfu&#x0364;hrt, und die hieraus &#x017F;ich<lb/>
ergebende <hi rendition="#g">Progno&#x017F;e</hi> muß wieder theils nach den veranla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enden Ur&#x017F;achen, theils nach dem Grade der Krankheit &#x017F;ehr<lb/>
ver&#x017F;chieden &#x017F;eyn. Was die aktiven Blutflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e betrifft, welche<lb/>
aus der kra&#x0364;ftigern Con&#x017F;titution der Kranken, der gewo&#x0364;hnlich<lb/>
mehr hellrothen Be&#x017F;chaffenheit des ausfließenden Blutes, der<lb/>
Abwe&#x017F;enheit bedeutender Verbildungen, dagegen oft durch die<lb/>
a&#x0364;ußer&#x017F;t ge&#x017F;teigerte Reizbarkeit des Ge&#x017F;chlechts&#x017F;y&#x017F;tems erkannt<lb/></p>
                        </div>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0296] uͤberhaupt, und beſonders in den Nerven des Geſchlechts- ſyſtems, welcher namentlich die Folge fehlerhafter phyſiſcher Erziehung, zeitiger und uͤbermaͤßiger Geiſtesanſtrengung, fruͤ- her Ausſchweifungen und des Mißbrauchs erhitzender Nah- rungsmittel und Getraͤnke zu ſeyn pflegt; b) Krankheiten benachbarter Unterleibsorgane, welche den Kreislauf des Pfort- aderſyſtems beeintraͤchtigen, und Andrang nach den Geſchlechts- organen veranlaſſen, eben ſo auch allgemeine Krankheiten, welche ſich zuweilen ſogar durch Metrorrhagien entſcheiden, wo dann die Blutung allerdings ſehr wohlthaͤtig ſeyn kann; c) oͤrtliche Reize von druͤckenden Peſſarien, reizenden Injekrio- nen u. ſ. w. 3) Fuͤr den paſſiven Blutfluß ſind beſon- dere Veranlaſſungen vorzuͤglich Krankheiten, welche entweder allgemeinen fehlerhaften Zuſtand der Sanguifikation bedingen (Skorbut, Faulfieber, Entmiſchung durch zu haͤufiges Ader- laſſen), oder in Verbildung der Uterinſubſtanz ſich darſtellen, als Syphilis, ſchwammige Auftreibung des Uterus, Polypen, Skirrhus, Krebs, Steatomata, Leucorrhoͤe, ſehr haͤufige vor- ausgegangene Wochenbetten, zuruͤckgebliebene Nachgeburtsreſie, Umſtuͤlpung, Vorfall des Uterus, ſo wie Einfluͤſſe, welche entweder mechaniſch den Uterus erſchuͤttern, oder dynamiſch die Auflockerung ſeiner Subſtanz vermehren, als Dampfbaͤ- der, Kohlentoͤpfe u. ſ. w. — Je mehr ſich nun mit dieſen oͤrtlichen Veranlaſſungen die allgemeinen Abnormitaͤten der Ge- faͤßthaͤtigkeit (§. 353. 1.) verknuͤpfen, um ſo ſtaͤrker tritt der Blutfluß ein. §. 355. Der Gang, welchen dieſe Krankheit zu nehmen pflegt, die Folgen, welche ſie herbeyfuͤhrt, und die hieraus ſich ergebende Prognoſe muß wieder theils nach den veranlaſ- ſenden Urſachen, theils nach dem Grade der Krankheit ſehr verſchieden ſeyn. Was die aktiven Blutfluͤſſe betrifft, welche aus der kraͤftigern Conſtitution der Kranken, der gewoͤhnlich mehr hellrothen Beſchaffenheit des ausfließenden Blutes, der Abweſenheit bedeutender Verbildungen, dagegen oft durch die aͤußerſt geſteigerte Reizbarkeit des Geſchlechtsſyſtems erkannt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/296
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/296>, abgerufen am 21.12.2024.