könnte. Der erstere nämlich wird auf Minderung äußerer Erregungen abzwecken, es wird dahin gehören Aufenthalt der Kranken an einem ruhigen, weder zu hellen noch zu dunkeln, mäßig erwärmten, mit reiner Luft erfüllten Ort, Entfernung von Personen, welche widrig oder überhaupt erregend auf die Kranke wirken. Der andere wird auf die Anwendung von Mitteln gerichtet seyn, welche die allgemeine oder lokale abnorme Erregung herabstimmen, und hierher gehört nun wieder der ganze Heilapparat, welchen wir bey den der Hysterie nahe verwandten Nervenzufällen der Entwicklungs- periode durchgegangen haben (s. §. 265. u. f.), also laue all- gemeine Bäder, örtliche Dampfbäder, Fomentationen, Cata- plasmata, Friktionen, die narcotica, antispasmodica und die imponderabeln Arzneymittel, von denen allen am ange- führten Orte bereits das Nähere angegeben worden ist.
§. 322.
2) Da die Störungen der Muskularthätigkeit vorzüglich Produkte abnormer Einwirkungen des Nerven- und Gefäß- systems auf die Muskelfaser sind, so werden sie auch nur von diesen Seiten her behandelt werden können. Krämpfe also, von abnormer Nerventhätigkeit erregt, machen wieder das im vorigen Paragraph erwähnte Verfahren nothwendig, dahingegen die durch Congestionen, entzündliche Reitzungen u. s. w. bedingten, die Behandlung krankhafter Gefäßthätig- keit fordern. 3) Die Störungen der Blutbewegung selbst betreffend, so kann, wie oben bemerkt wurde, in der Be- handlung dieser Abnormität allerdings oft die Hauptindikation liegen, oft aber wird sie auch nur symptomatisch gefordert, da schon früher bemerkt ist, wie häufig selbst bey anscheinend reinem Nervenleiden das Gefäßsystem im Spiel zu seyn pflegt. Blutentziehungen, namentlich örtliche, machen dann während der Anfälle, nebst ableitenden Mitteln, sich noth- wendig, zu welchen letztern die kühlenden Fomentationen des leidenden Theils (z. B. des Kopfes), verbunden mit Fußbä- dern, Beförderung der Hautausdünstung durch trockne warme Friktionen, Cataplasmata; ferner innerlich blande Abführun-
koͤnnte. Der erſtere naͤmlich wird auf Minderung aͤußerer Erregungen abzwecken, es wird dahin gehoͤren Aufenthalt der Kranken an einem ruhigen, weder zu hellen noch zu dunkeln, maͤßig erwaͤrmten, mit reiner Luft erfuͤllten Ort, Entfernung von Perſonen, welche widrig oder uͤberhaupt erregend auf die Kranke wirken. Der andere wird auf die Anwendung von Mitteln gerichtet ſeyn, welche die allgemeine oder lokale abnorme Erregung herabſtimmen, und hierher gehoͤrt nun wieder der ganze Heilapparat, welchen wir bey den der Hyſterie nahe verwandten Nervenzufaͤllen der Entwicklungs- periode durchgegangen haben (ſ. §. 265. u. f.), alſo laue all- gemeine Baͤder, oͤrtliche Dampfbaͤder, Fomentationen, Cata- plasmata, Friktionen, die narcotica, antispasmodica und die imponderabeln Arzneymittel, von denen allen am ange- fuͤhrten Orte bereits das Naͤhere angegeben worden iſt.
§. 322.
2) Da die Stoͤrungen der Muskularthaͤtigkeit vorzuͤglich Produkte abnormer Einwirkungen des Nerven- und Gefaͤß- ſyſtems auf die Muskelfaſer ſind, ſo werden ſie auch nur von dieſen Seiten her behandelt werden koͤnnen. Kraͤmpfe alſo, von abnormer Nerventhaͤtigkeit erregt, machen wieder das im vorigen Paragraph erwaͤhnte Verfahren nothwendig, dahingegen die durch Congeſtionen, entzuͤndliche Reitzungen u. ſ. w. bedingten, die Behandlung krankhafter Gefaͤßthaͤtig- keit fordern. 3) Die Stoͤrungen der Blutbewegung ſelbſt betreffend, ſo kann, wie oben bemerkt wurde, in der Be- handlung dieſer Abnormitaͤt allerdings oft die Hauptindikation liegen, oft aber wird ſie auch nur ſymptomatiſch gefordert, da ſchon fruͤher bemerkt iſt, wie haͤufig ſelbſt bey anſcheinend reinem Nervenleiden das Gefaͤßſyſtem im Spiel zu ſeyn pflegt. Blutentziehungen, namentlich oͤrtliche, machen dann waͤhrend der Anfaͤlle, nebſt ableitenden Mitteln, ſich noth- wendig, zu welchen letztern die kuͤhlenden Fomentationen des leidenden Theils (z. B. des Kopfes), verbunden mit Fußbaͤ- dern, Befoͤrderung der Hautausduͤnſtung durch trockne warme Friktionen, Cataplasmata; ferner innerlich blande Abfuͤhrun-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><p><pbfacs="#f0269"n="249"/>
koͤnnte. Der erſtere naͤmlich wird auf Minderung aͤußerer<lb/>
Erregungen abzwecken, es wird dahin gehoͤren Aufenthalt der<lb/>
Kranken an einem ruhigen, weder zu hellen noch zu dunkeln,<lb/>
maͤßig erwaͤrmten, mit reiner Luft erfuͤllten Ort, Entfernung<lb/>
von Perſonen, welche widrig oder uͤberhaupt erregend auf<lb/>
die Kranke wirken. Der andere wird auf die Anwendung<lb/>
von Mitteln gerichtet ſeyn, welche die allgemeine oder lokale<lb/>
abnorme Erregung herabſtimmen, und hierher gehoͤrt nun<lb/>
wieder der ganze Heilapparat, welchen wir bey den der<lb/>
Hyſterie nahe verwandten Nervenzufaͤllen der Entwicklungs-<lb/>
periode durchgegangen haben (ſ. §. 265. u. f.), alſo laue all-<lb/>
gemeine Baͤder, oͤrtliche Dampfbaͤder, Fomentationen, <hirendition="#aq">Cata-<lb/>
plasmata,</hi> Friktionen, die <hirendition="#aq">narcotica, antispasmodica</hi> und<lb/>
die imponderabeln Arzneymittel, von denen allen am ange-<lb/>
fuͤhrten Orte bereits das Naͤhere angegeben worden iſt.</p></div><lb/><divn="8"><head>§. 322.</head><lb/><p>2) Da die Stoͤrungen der Muskularthaͤtigkeit vorzuͤglich<lb/>
Produkte abnormer Einwirkungen des Nerven- und Gefaͤß-<lb/>ſyſtems auf die Muskelfaſer ſind, ſo werden ſie auch nur<lb/>
von dieſen Seiten her behandelt werden koͤnnen. Kraͤmpfe<lb/>
alſo, von abnormer Nerventhaͤtigkeit erregt, machen wieder<lb/>
das im vorigen Paragraph erwaͤhnte Verfahren nothwendig,<lb/>
dahingegen die durch Congeſtionen, entzuͤndliche Reitzungen<lb/>
u. ſ. w. bedingten, die Behandlung krankhafter Gefaͤßthaͤtig-<lb/>
keit fordern. 3) Die Stoͤrungen der Blutbewegung ſelbſt<lb/>
betreffend, ſo kann, wie oben bemerkt wurde, in der Be-<lb/>
handlung dieſer Abnormitaͤt allerdings oft die Hauptindikation<lb/>
liegen, oft aber wird ſie auch nur ſymptomatiſch gefordert,<lb/>
da ſchon fruͤher bemerkt iſt, wie haͤufig ſelbſt bey anſcheinend<lb/>
reinem Nervenleiden das Gefaͤßſyſtem im Spiel zu ſeyn<lb/>
pflegt. Blutentziehungen, namentlich oͤrtliche, machen dann<lb/>
waͤhrend der Anfaͤlle, nebſt ableitenden Mitteln, ſich noth-<lb/>
wendig, zu welchen letztern die kuͤhlenden Fomentationen des<lb/>
leidenden Theils (z. B. des Kopfes), verbunden mit Fußbaͤ-<lb/>
dern, Befoͤrderung der Hautausduͤnſtung durch trockne warme<lb/>
Friktionen, <hirendition="#aq">Cataplasmata;</hi> ferner innerlich blande Abfuͤhrun-<lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[249/0269]
koͤnnte. Der erſtere naͤmlich wird auf Minderung aͤußerer
Erregungen abzwecken, es wird dahin gehoͤren Aufenthalt der
Kranken an einem ruhigen, weder zu hellen noch zu dunkeln,
maͤßig erwaͤrmten, mit reiner Luft erfuͤllten Ort, Entfernung
von Perſonen, welche widrig oder uͤberhaupt erregend auf
die Kranke wirken. Der andere wird auf die Anwendung
von Mitteln gerichtet ſeyn, welche die allgemeine oder lokale
abnorme Erregung herabſtimmen, und hierher gehoͤrt nun
wieder der ganze Heilapparat, welchen wir bey den der
Hyſterie nahe verwandten Nervenzufaͤllen der Entwicklungs-
periode durchgegangen haben (ſ. §. 265. u. f.), alſo laue all-
gemeine Baͤder, oͤrtliche Dampfbaͤder, Fomentationen, Cata-
plasmata, Friktionen, die narcotica, antispasmodica und
die imponderabeln Arzneymittel, von denen allen am ange-
fuͤhrten Orte bereits das Naͤhere angegeben worden iſt.
§. 322.
2) Da die Stoͤrungen der Muskularthaͤtigkeit vorzuͤglich
Produkte abnormer Einwirkungen des Nerven- und Gefaͤß-
ſyſtems auf die Muskelfaſer ſind, ſo werden ſie auch nur
von dieſen Seiten her behandelt werden koͤnnen. Kraͤmpfe
alſo, von abnormer Nerventhaͤtigkeit erregt, machen wieder
das im vorigen Paragraph erwaͤhnte Verfahren nothwendig,
dahingegen die durch Congeſtionen, entzuͤndliche Reitzungen
u. ſ. w. bedingten, die Behandlung krankhafter Gefaͤßthaͤtig-
keit fordern. 3) Die Stoͤrungen der Blutbewegung ſelbſt
betreffend, ſo kann, wie oben bemerkt wurde, in der Be-
handlung dieſer Abnormitaͤt allerdings oft die Hauptindikation
liegen, oft aber wird ſie auch nur ſymptomatiſch gefordert,
da ſchon fruͤher bemerkt iſt, wie haͤufig ſelbſt bey anſcheinend
reinem Nervenleiden das Gefaͤßſyſtem im Spiel zu ſeyn
pflegt. Blutentziehungen, namentlich oͤrtliche, machen dann
waͤhrend der Anfaͤlle, nebſt ableitenden Mitteln, ſich noth-
wendig, zu welchen letztern die kuͤhlenden Fomentationen des
leidenden Theils (z. B. des Kopfes), verbunden mit Fußbaͤ-
dern, Befoͤrderung der Hautausduͤnſtung durch trockne warme
Friktionen, Cataplasmata; ferner innerlich blande Abfuͤhrun-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/269>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.