licher dieselbe ist, je mehr erregt die Receptivität des Ner- vensystems erscheint, je mehr vielleicht das Uebel selbst durch erbliche Anlage als begründet angenommen werden kann, oder auf unvollkommen erfolgter Entwicklung des ganzen Körpers beruht, um so geringer ist die Aussicht auf baldige Gene- sung. 2) Nach dem Stande der Digestions- und Assimila- tionsorgane; je weniger diese etwa durch eine sehr lange Dauer des Uebels zerrüttet sind, um so größer wird die Hoffnung zur Heilung seyn. 3) Nach dem Zustande der ge- schlechtlichen Funktionen, welche, je regelmäßiger sie von Statten gehen, auch um so mehr die Heilbarkeit des Uebels erwarten lassen (daher zuweilen Wiedereintritt der Menstrua- tion, oder beginnende Schwangerschaft die Hysterie beseiti- gen). 4) Nach dem Verhältnisse zu andern Krankheiten, indem der Eintritt sckundärer Krankheiten (§. 313.) natür- lich die Prognose verschlimmern muß, dahingegen die Wie- derkehr vorher unterdrückt gewesener Krankheiten, z. B. von Hautausschlägen, Hämorrhoiden, Gicht, auch vortheilhaft wir- ken kann. 5) Nach den Ursachen der Krankheit und den son- stigen Verhältnissen der Kranken, ob es überhaupt möglich oder wenigstens in der Gewalt des Arztes ist, die letztern für seinen Zweck günstiger zu ordnen, und die erstern zu beseitigen.
§. 315.
Behandlung. Wie bey Behandlung der Nervenzu- fälle in den Entwicklungsperioden (§. 274.) ist auch bey Hysterischen, ja vielleicht hier, der größern Erfahrenheit der Kranken wegen, noch mehr, die Individualität des Arztes von wichtigem Einfluß. Ernste, ruhige, Vertrauen erregende Besonnenheit des Arztes, übrigens ohne abstoßende Kälte, wirkt auf solche Kranke äußerst wohlthätig, und oft mindert dann schon die Gegenwart desselben den Anfall um Vieles. Wie nun aber ein solches Benehmen eines Theils den Kran- ken äußerst nützlich wird, so ist diese Besonnenheit auch dem Arzte besonders nothwendig, um bey den gewaltsamen Stür- men der Krankheit nicht des Vermögens einer ruhigen Er- wägung des eigentlich Wesentlichen verlustig zu gehen, um aus den wortreichen Berichten der Kranken das Wichtige
licher dieſelbe iſt, je mehr erregt die Receptivitaͤt des Ner- venſyſtems erſcheint, je mehr vielleicht das Uebel ſelbſt durch erbliche Anlage als begruͤndet angenommen werden kann, oder auf unvollkommen erfolgter Entwicklung des ganzen Koͤrpers beruht, um ſo geringer iſt die Ausſicht auf baldige Gene- ſung. 2) Nach dem Stande der Digeſtions- und Aſſimila- tionsorgane; je weniger dieſe etwa durch eine ſehr lange Dauer des Uebels zerruͤttet ſind, um ſo groͤßer wird die Hoffnung zur Heilung ſeyn. 3) Nach dem Zuſtande der ge- ſchlechtlichen Funktionen, welche, je regelmaͤßiger ſie von Statten gehen, auch um ſo mehr die Heilbarkeit des Uebels erwarten laſſen (daher zuweilen Wiedereintritt der Menſtrua- tion, oder beginnende Schwangerſchaft die Hyſterie beſeiti- gen). 4) Nach dem Verhaͤltniſſe zu andern Krankheiten, indem der Eintritt ſckundaͤrer Krankheiten (§. 313.) natuͤr- lich die Prognoſe verſchlimmern muß, dahingegen die Wie- derkehr vorher unterdruͤckt geweſener Krankheiten, z. B. von Hautausſchlaͤgen, Haͤmorrhoiden, Gicht, auch vortheilhaft wir- ken kann. 5) Nach den Urſachen der Krankheit und den ſon- ſtigen Verhaͤltniſſen der Kranken, ob es uͤberhaupt moͤglich oder wenigſtens in der Gewalt des Arztes iſt, die letztern fuͤr ſeinen Zweck guͤnſtiger zu ordnen, und die erſtern zu beſeitigen.
§. 315.
Behandlung. Wie bey Behandlung der Nervenzu- faͤlle in den Entwicklungsperioden (§. 274.) iſt auch bey Hyſteriſchen, ja vielleicht hier, der groͤßern Erfahrenheit der Kranken wegen, noch mehr, die Individualitaͤt des Arztes von wichtigem Einfluß. Ernſte, ruhige, Vertrauen erregende Beſonnenheit des Arztes, uͤbrigens ohne abſtoßende Kaͤlte, wirkt auf ſolche Kranke aͤußerſt wohlthaͤtig, und oft mindert dann ſchon die Gegenwart deſſelben den Anfall um Vieles. Wie nun aber ein ſolches Benehmen eines Theils den Kran- ken aͤußerſt nuͤtzlich wird, ſo iſt dieſe Beſonnenheit auch dem Arzte beſonders nothwendig, um bey den gewaltſamen Stuͤr- men der Krankheit nicht des Vermoͤgens einer ruhigen Er- waͤgung des eigentlich Weſentlichen verluſtig zu gehen, um aus den wortreichen Berichten der Kranken das Wichtige
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licher dieſelbe iſt, je mehr erregt die Receptivitaͤt des Ner-
venſyſtems erſcheint, je mehr vielleicht das Uebel ſelbſt durch
erbliche Anlage als begruͤndet angenommen werden kann, oder
auf unvollkommen erfolgter Entwicklung des ganzen Koͤrpers
beruht, um ſo geringer iſt die Ausſicht auf baldige Gene-
ſung. 2) Nach dem Stande der Digeſtions- und Aſſimila-
tionsorgane; je weniger dieſe etwa durch eine ſehr lange
Dauer des Uebels zerruͤttet ſind, um ſo groͤßer wird die
Hoffnung zur Heilung ſeyn. 3) Nach dem Zuſtande der ge-
ſchlechtlichen Funktionen, welche, je regelmaͤßiger ſie von
Statten gehen, auch um ſo mehr die Heilbarkeit des Uebels
erwarten laſſen (daher zuweilen Wiedereintritt der Menſtrua-
tion, oder beginnende Schwangerſchaft die Hyſterie beſeiti-
gen). 4) Nach dem Verhaͤltniſſe zu andern Krankheiten,
indem der Eintritt ſckundaͤrer Krankheiten (§. 313.) natuͤr-
lich die Prognoſe verſchlimmern muß, dahingegen die Wie-
derkehr vorher unterdruͤckt geweſener Krankheiten, z. B. von
Hautausſchlaͤgen, Haͤmorrhoiden, Gicht, auch vortheilhaft wir-
ken kann. 5) Nach den Urſachen der Krankheit und den ſon-
ſtigen Verhaͤltniſſen der Kranken, ob es uͤberhaupt moͤglich
oder wenigſtens in der Gewalt des Arztes iſt, die letztern fuͤr
ſeinen Zweck guͤnſtiger zu ordnen, und die erſtern zu beſeitigen.
§. 315.
Behandlung. Wie bey Behandlung der Nervenzu-
faͤlle in den Entwicklungsperioden (§. 274.) iſt auch bey
Hyſteriſchen, ja vielleicht hier, der groͤßern Erfahrenheit der
Kranken wegen, noch mehr, die Individualitaͤt des Arztes
von wichtigem Einfluß. Ernſte, ruhige, Vertrauen erregende
Beſonnenheit des Arztes, uͤbrigens ohne abſtoßende Kaͤlte,
wirkt auf ſolche Kranke aͤußerſt wohlthaͤtig, und oft mindert
dann ſchon die Gegenwart deſſelben den Anfall um Vieles.
Wie nun aber ein ſolches Benehmen eines Theils den Kran-
ken aͤußerſt nuͤtzlich wird, ſo iſt dieſe Beſonnenheit auch dem
Arzte beſonders nothwendig, um bey den gewaltſamen Stuͤr-
men der Krankheit nicht des Vermoͤgens einer ruhigen Er-
waͤgung des eigentlich Weſentlichen verluſtig zu gehen, um
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/264>, abgerufen am 21.12.2024.
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