Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

obwohl die seltnen trägen knotigen Darmexcretionen diesen
Kranken am gewöhnlichsten zu seyn pflegen.

§. 307.

3) Symptome gestörter Athmung so wie ab-
normer secernirender Thätigkeit
. Zu den erstern
rechnen wir namentlich die gewöhnlich durch abnorme Reitz-
barkeit der Bronchien begründeten asthmatischen Anfälle, den
krampfigen Husten u. s. w. -- Zu den letztern theils die
abnormen Zustände der Hautausdünstung, durch häufigen
Schweiß oder auch im Gegentheil durch sehr trockne Haut
bezeichnet, theils abnorme Verhältnisse in der Thätigkeit der
übrigen größern Ausscheidungswerkzeuge, unter welchen wir
noch der Harnwege insbesondre gedenken müssen, indem die
Nieren vorzüglich in und nach den Anfällen eine abnorme
Menge hellen wäßrigen Urins auszuscheiden pflegen, und
selbst in der Blase eine Menge krampfhafter und schmerzhaf-
ter Zustände bey Hysterischen nicht selten bemerkt werden.

§. 308.

Ob endlich 4) das Geschlechtssystem an dieser
Krankheit bedeutenden Antheil nehme, darüber sind wieder die
Meynungen getheilt, indem die ältern Aerzte fast alle übri-
gen Zufälle von diesem System ableiteten, mehrere Neuere
hingegen behaupten, daß der Antheil desselben äußerst unbe-
trächtlich sey. Erwägt man nun aber genauer, wie bey den
meisten Hysterischen beobachtet wird, daß wenn auch die Bil-
dung der Geschlechtsorgane, ja selbst die Menstruation keine
hervorstechenden Regelwidrigkeiten zeigt, doch gewöhnlich der
eigentliche Zweck des Geschlechtsorganismus, die Erzeugung,
unvollkommen erreicht wird, indem es unverheirathete, vor-
züglich aber verheirathet gewesene, oder unglücklich verheira-
thete, auch die den klimakterischen Jahren sich nähernden In-
dividuen sind, bey welchen die Krankheit am öftersten vor-
kommt, erwägt man ferner, wie tief das Geschlechtssystem
überhaupt in das Wesen des weiblichen Körpers eingreift,
welches eben durch die vorwaltende Produktivität desselben
ausgesprochen ist, und wie nothwendig es allgemeine Zerrüt-

obwohl die ſeltnen traͤgen knotigen Darmexcretionen dieſen
Kranken am gewoͤhnlichſten zu ſeyn pflegen.

§. 307.

3) Symptome geſtoͤrter Athmung ſo wie ab-
normer ſecernirender Thaͤtigkeit
. Zu den erſtern
rechnen wir namentlich die gewoͤhnlich durch abnorme Reitz-
barkeit der Bronchien begruͤndeten aſthmatiſchen Anfaͤlle, den
krampfigen Huſten u. ſ. w. — Zu den letztern theils die
abnormen Zuſtaͤnde der Hautausduͤnſtung, durch haͤufigen
Schweiß oder auch im Gegentheil durch ſehr trockne Haut
bezeichnet, theils abnorme Verhaͤltniſſe in der Thaͤtigkeit der
uͤbrigen groͤßern Ausſcheidungswerkzeuge, unter welchen wir
noch der Harnwege insbeſondre gedenken muͤſſen, indem die
Nieren vorzuͤglich in und nach den Anfaͤllen eine abnorme
Menge hellen waͤßrigen Urins auszuſcheiden pflegen, und
ſelbſt in der Blaſe eine Menge krampfhafter und ſchmerzhaf-
ter Zuſtaͤnde bey Hyſteriſchen nicht ſelten bemerkt werden.

§. 308.

Ob endlich 4) das Geſchlechtsſyſtem an dieſer
Krankheit bedeutenden Antheil nehme, daruͤber ſind wieder die
Meynungen getheilt, indem die aͤltern Aerzte faſt alle uͤbri-
gen Zufaͤlle von dieſem Syſtem ableiteten, mehrere Neuere
hingegen behaupten, daß der Antheil deſſelben aͤußerſt unbe-
traͤchtlich ſey. Erwaͤgt man nun aber genauer, wie bey den
meiſten Hyſteriſchen beobachtet wird, daß wenn auch die Bil-
dung der Geſchlechtsorgane, ja ſelbſt die Menſtruation keine
hervorſtechenden Regelwidrigkeiten zeigt, doch gewoͤhnlich der
eigentliche Zweck des Geſchlechtsorganismus, die Erzeugung,
unvollkommen erreicht wird, indem es unverheirathete, vor-
zuͤglich aber verheirathet geweſene, oder ungluͤcklich verheira-
thete, auch die den klimakteriſchen Jahren ſich naͤhernden In-
dividuen ſind, bey welchen die Krankheit am oͤfterſten vor-
kommt, erwaͤgt man ferner, wie tief das Geſchlechtsſyſtem
uͤberhaupt in das Weſen des weiblichen Koͤrpers eingreift,
welches eben durch die vorwaltende Produktivitaͤt deſſelben
ausgeſprochen iſt, und wie nothwendig es allgemeine Zerruͤt-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <p><pb facs="#f0259" n="239"/>
obwohl die &#x017F;eltnen tra&#x0364;gen knotigen Darmexcretionen die&#x017F;en<lb/>
Kranken am gewo&#x0364;hnlich&#x017F;ten zu &#x017F;eyn pflegen.</p>
                    </div><lb/>
                    <div n="8">
                      <head>§. 307.</head><lb/>
                      <p>3) <hi rendition="#g">Symptome ge&#x017F;to&#x0364;rter Athmung &#x017F;o wie ab-<lb/>
normer &#x017F;ecernirender Tha&#x0364;tigkeit</hi>. Zu den er&#x017F;tern<lb/>
rechnen wir namentlich die gewo&#x0364;hnlich durch abnorme Reitz-<lb/>
barkeit der Bronchien begru&#x0364;ndeten a&#x017F;thmati&#x017F;chen Anfa&#x0364;lle, den<lb/>
krampfigen Hu&#x017F;ten u. &#x017F;. w. &#x2014; Zu den letztern theils die<lb/>
abnormen Zu&#x017F;ta&#x0364;nde der Hautausdu&#x0364;n&#x017F;tung, durch ha&#x0364;ufigen<lb/>
Schweiß oder auch im Gegentheil durch &#x017F;ehr trockne Haut<lb/>
bezeichnet, theils abnorme Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e in der Tha&#x0364;tigkeit der<lb/>
u&#x0364;brigen gro&#x0364;ßern Aus&#x017F;cheidungswerkzeuge, unter welchen wir<lb/>
noch der Harnwege insbe&#x017F;ondre gedenken mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, indem die<lb/>
Nieren vorzu&#x0364;glich in und nach den Anfa&#x0364;llen eine abnorme<lb/>
Menge hellen wa&#x0364;ßrigen Urins auszu&#x017F;cheiden pflegen, und<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t in der Bla&#x017F;e eine Menge krampfhafter und &#x017F;chmerzhaf-<lb/>
ter Zu&#x017F;ta&#x0364;nde bey Hy&#x017F;teri&#x017F;chen nicht &#x017F;elten bemerkt werden.</p>
                    </div><lb/>
                    <div n="8">
                      <head>§. 308.</head><lb/>
                      <p>Ob endlich 4) <hi rendition="#g">das Ge&#x017F;chlechts&#x017F;y&#x017F;tem</hi> an die&#x017F;er<lb/>
Krankheit bedeutenden Antheil nehme, daru&#x0364;ber &#x017F;ind wieder die<lb/>
Meynungen getheilt, indem die a&#x0364;ltern Aerzte fa&#x017F;t alle u&#x0364;bri-<lb/>
gen Zufa&#x0364;lle von die&#x017F;em Sy&#x017F;tem ableiteten, mehrere Neuere<lb/>
hingegen behaupten, daß der Antheil de&#x017F;&#x017F;elben a&#x0364;ußer&#x017F;t unbe-<lb/>
tra&#x0364;chtlich &#x017F;ey. Erwa&#x0364;gt man nun aber genauer, wie bey den<lb/>
mei&#x017F;ten Hy&#x017F;teri&#x017F;chen beobachtet wird, daß wenn auch die Bil-<lb/>
dung der Ge&#x017F;chlechtsorgane, ja &#x017F;elb&#x017F;t die Men&#x017F;truation keine<lb/>
hervor&#x017F;techenden Regelwidrigkeiten zeigt, doch gewo&#x0364;hnlich der<lb/>
eigentliche Zweck des Ge&#x017F;chlechtsorganismus, die Erzeugung,<lb/>
unvollkommen erreicht wird, indem es unverheirathete, vor-<lb/>
zu&#x0364;glich aber verheirathet gewe&#x017F;ene, oder unglu&#x0364;cklich verheira-<lb/>
thete, auch die den klimakteri&#x017F;chen Jahren &#x017F;ich na&#x0364;hernden In-<lb/>
dividuen &#x017F;ind, bey welchen die Krankheit am o&#x0364;fter&#x017F;ten vor-<lb/>
kommt, erwa&#x0364;gt man ferner, wie tief das Ge&#x017F;chlechts&#x017F;y&#x017F;tem<lb/>
u&#x0364;berhaupt in das We&#x017F;en des weiblichen Ko&#x0364;rpers eingreift,<lb/>
welches eben durch die vorwaltende Produktivita&#x0364;t de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
ausge&#x017F;prochen i&#x017F;t, und wie nothwendig es allgemeine Zerru&#x0364;t-<lb/></p>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[239/0259] obwohl die ſeltnen traͤgen knotigen Darmexcretionen dieſen Kranken am gewoͤhnlichſten zu ſeyn pflegen. §. 307. 3) Symptome geſtoͤrter Athmung ſo wie ab- normer ſecernirender Thaͤtigkeit. Zu den erſtern rechnen wir namentlich die gewoͤhnlich durch abnorme Reitz- barkeit der Bronchien begruͤndeten aſthmatiſchen Anfaͤlle, den krampfigen Huſten u. ſ. w. — Zu den letztern theils die abnormen Zuſtaͤnde der Hautausduͤnſtung, durch haͤufigen Schweiß oder auch im Gegentheil durch ſehr trockne Haut bezeichnet, theils abnorme Verhaͤltniſſe in der Thaͤtigkeit der uͤbrigen groͤßern Ausſcheidungswerkzeuge, unter welchen wir noch der Harnwege insbeſondre gedenken muͤſſen, indem die Nieren vorzuͤglich in und nach den Anfaͤllen eine abnorme Menge hellen waͤßrigen Urins auszuſcheiden pflegen, und ſelbſt in der Blaſe eine Menge krampfhafter und ſchmerzhaf- ter Zuſtaͤnde bey Hyſteriſchen nicht ſelten bemerkt werden. §. 308. Ob endlich 4) das Geſchlechtsſyſtem an dieſer Krankheit bedeutenden Antheil nehme, daruͤber ſind wieder die Meynungen getheilt, indem die aͤltern Aerzte faſt alle uͤbri- gen Zufaͤlle von dieſem Syſtem ableiteten, mehrere Neuere hingegen behaupten, daß der Antheil deſſelben aͤußerſt unbe- traͤchtlich ſey. Erwaͤgt man nun aber genauer, wie bey den meiſten Hyſteriſchen beobachtet wird, daß wenn auch die Bil- dung der Geſchlechtsorgane, ja ſelbſt die Menſtruation keine hervorſtechenden Regelwidrigkeiten zeigt, doch gewoͤhnlich der eigentliche Zweck des Geſchlechtsorganismus, die Erzeugung, unvollkommen erreicht wird, indem es unverheirathete, vor- zuͤglich aber verheirathet geweſene, oder ungluͤcklich verheira- thete, auch die den klimakteriſchen Jahren ſich naͤhernden In- dividuen ſind, bey welchen die Krankheit am oͤfterſten vor- kommt, erwaͤgt man ferner, wie tief das Geſchlechtsſyſtem uͤberhaupt in das Weſen des weiblichen Koͤrpers eingreift, welches eben durch die vorwaltende Produktivitaͤt deſſelben ausgeſprochen iſt, und wie nothwendig es allgemeine Zerruͤt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/259
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/259>, abgerufen am 21.11.2024.